Der Angeklagte nannte sie "Mutti"
Mutter von Julia B. sagte aus - Die letzten Monate kriselte es in der Beziehung des Tatverdächtigen

"Wir vermissen Dich": Die Mutter von Julia B. erinnerte gestern im Gerichtssaal mit einem Foto an ihre getötete Tochter. Foto: Gerold
Heidelberg. (hob) Es ist ein schwerer Gang für die Mutter von Julia B. und deren jüngere Schwestern, als sie am gestrigen Freitag den Saal 1 des Landgerichts betreten. Zu dritt verfolgen sie als Nebenklägerinnen den Prozess. Zum ersten Mal seit August sitzen sie dem Mann gegenüber, der so viel Leid über ihre Familie gebracht hat. Beim letzten Treffen hatten sie noch alle zusammen gegrillt und Julias Bruder kurz vor dessen Neuseeland-Aufenthalt verabschiedet. Nun fehlt Julia B. Die drei Nebenklägerinnen haben ein Bild von der Getöteten vor sich aufgestellt. "Wir vermissen Dich", steht darauf, umrahmt von roten Herzchen.
Julia B. sei ein schwieriges Kind gewesen, gibt ihre Mutter zu. "Sie war störrisch, bockig, hatte ihren eigenen Kopf." Das habe aber auch daran gelegen, dass sie als Kind sexuell missbraucht worden sei. Das alles sei erst ans Tageslicht gekommen, als Julia schon 21 Jahre alt war. Beim Prozess gegen den Täter habe ihre Tochter dann die Rechtsanwältin Anja Hämisch kennengelernt, bei der sie später ein Praktikum machen durfte, und für die sie fortan zwei Mal die Woche als Aushilfe arbeitete. Ab diesem Zeitpunkt sei Julia sehr zuverlässig und hilfsbereit gewesen.
Hintergrund
Chronologie der Ereignisse
Samstag, 12. August 2017, 4.30 Uhr: Julia B. muss aufstehen, sie muss um 6.20 Uhr einen Fahrgast am Frankfurter Flughafen abholen. Johann N. stellt sie wegen einer Affäre mit einem anderen Mann zur Rede, es
Chronologie der Ereignisse
Samstag, 12. August 2017, 4.30 Uhr: Julia B. muss aufstehen, sie muss um 6.20 Uhr einen Fahrgast am Frankfurter Flughafen abholen. Johann N. stellt sie wegen einer Affäre mit einem anderen Mann zur Rede, es kommt zum Streit. Er behauptet später vor Gericht, dass er sie geschlagen habe und sie regungslos liegen blieb. Die Staatsanwaltschaft glaubt, er habe sie erwürgt.
Sonntag, 13. August: Der Arbeitgeber von Julia B., ein Fahrdienst, gibt beim Polizeirevier Süd eine Vermisstenanzeige auf. Sowohl die 26-Jährige als auch ihr Dienstwagen, eine Mercedes E-Klasse, seien verschwunden.
Montag, 14. August: Der Mercedes wird in den Mannheimer Quadraten J5/K5 gefunden.
Dienstag, 15. August: Johann N. wird im Vermisstenfall als Zeuge vernommen. Drei Tage später sitzt er in Untersuchungshaft. Kurz darauf beginnen zwei Suchaktionen am Emmertsgrund.
Freitag, 1. September: Nach mehreren Suchaktionen in Heidelberg und Mannheim wird Julias Leiche an der A 5 bei Zwingenberg gefunden. (hob)
Vor zweieinhalb Jahren habe Julia B. dann Johann N. kennengelernt. Er trug damals noch einen Irokesenschnitt, bei seinem ersten Anblick sei sie erschrocken, gibt Julias Mutter zu. Doch kurz darauf hatten die beiden eine recht innige Beziehung. Er nannte sie "Mutti", sie ihn "Schwiegersohn". Er hatte sich bei ihr ausgeheult, wenn er mal wieder Streit mit Julia hatte. "Er hat Ruhe ausgestrahlt und tat ihr gut", hatte sie damals noch geglaubt.
Spätestens ab März letzten Jahres wollte sich Julia B. aber von Johann N. trennen. "Ich liebe ihn nicht mehr", habe ihre Tochter zu ihr gesagt. Er mache gar nichts mehr im Haushalt, kümmere sich nicht um seine Kinder. "Er liegt nur noch wie faules Gemüse auf der Couch und spielt Playstation." Er hatte immer mal wieder Aushilfsjobs, aber nichts Dauerhaftes.
Am Morgen des 12. August brachte dann Johann N. einen Teil von Julias Sachen bei der Mutter vorbei. Er behauptete, sie hätten sich getrennt, er wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Julia B. war zu diesem Zeitpunkt seit wenigen Stunden tot. Das letzte Lebenszeichen, das ihre Mutter von ihr bekam, kam am Tag zuvor per Whats-App. Ein Bild, das sie vor dem Europaparlament in Straßburg zeigte. Dort hatte sie einen Fahrgast abgeholt.