"Ich wollte nicht, dass sie stirbt"
Angeklagter gibt zu, für den Tod der 26-Jährigen verantwortlich zu sein - Er versteckte die Leiche

Schweigsam verfolgte der Angeklagte Johann N., hier zwischen seinen Verteidigern Steffen Lindberg und Inga Berg, am 16. Februar den Prozess. Das Geständnis wurde von seinen Rechtsanwälten verlesen. Julia B. sei nach einem handfesten Streit reglos liegen geblieben. Foto: Gerold
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Mit einem Paukenschlag begann am gestrigen Freitag der Prozess gegen Johann N. vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts. Der 34-jährige gab zu, für den Tod von Julia B. verantwortlich zu sein. Bislang hatte der Angeklagte zu den Vorfällen geschwiegen. Er ließ sich nicht einmal vom psychiatrischen Sachverständigen Hartmut Pleines begutachten. Oberstaatsanwältin Kerstin Anderson wirft dem gelernten Einzelhandelskaufmann Totschlag vor. Er habe seine Lebensgefährtin am frühen Morgen des 12. August 2017 in Folge eines Streits so stark gewürgt, dass er ihren Tod zumindest billigend in Kauf genommen habe.
Von Johann N. selbst war gestern nicht viel zu hören. Der blasse Mann mit kurz geschorenen Haaren und schwarzem Hemd starrte meist vor sich auf den Tisch und wich den Blicken der Nebenklägerinnen aus: Die Mutter und die beiden Schwestern von Julia B. waren zum Prozess erschienen, vertreten von ihrem Anwalt Michael Harschneck. Julias Mutter weinte bei der Erklärung des Angeklagten. Darin hieß es: "Ich wollte nicht, dass sie stirbt. Ich weiß, dass es keine Entschuldigung gibt." Auch bei vielen Zuschauern im voll besetzten Saal 1 des Landgerichts flossen Tränen.
Hintergrund
Chronologie der Ereignisse
Samstag, 12. August 2017, 4.30 Uhr: Julia B. muss aufstehen, sie muss um 6.20 Uhr einen Fahrgast am Frankfurter Flughafen abholen. Johann N. stellt sie wegen einer Affäre mit einem anderen Mann zur Rede, es
Chronologie der Ereignisse
Samstag, 12. August 2017, 4.30 Uhr: Julia B. muss aufstehen, sie muss um 6.20 Uhr einen Fahrgast am Frankfurter Flughafen abholen. Johann N. stellt sie wegen einer Affäre mit einem anderen Mann zur Rede, es kommt zum Streit. Er behauptet später vor Gericht, dass er sie geschlagen habe und sie regungslos liegen blieb. Die Staatsanwaltschaft glaubt, er habe sie erwürgt.
Sonntag, 13. August: Der Arbeitgeber von Julia B., ein Fahrdienst, gibt beim Polizeirevier Süd eine Vermisstenanzeige auf. Sowohl die 26-Jährige als auch ihr Dienstwagen, eine Mercedes E-Klasse, seien verschwunden.
Montag, 14. August: Der Mercedes wird in den Mannheimer Quadraten J5/K5 gefunden.
Dienstag, 15. August: Johann N. wird im Vermisstenfall als Zeuge vernommen. Drei Tage später sitzt er in Untersuchungshaft. Kurz darauf beginnen zwei Suchaktionen am Emmertsgrund.
Freitag, 1. September: Nach mehreren Suchaktionen in Heidelberg und Mannheim wird Julias Leiche an der A 5 bei Zwingenberg gefunden. (hob)
Johann N. und Julia B. hatten sich bei einem gemeinsamen Arbeitgeber kennengelernt, einem Heidelberger Pizzalieferdienst. Er ist geschieden, seine beiden Kinder waren häufig bei dem Paar im Emmertsgrund. Schon Monate bevor Julia B. verschwand, kriselte die Beziehung. Auch das gibt Johann N. in seiner Erklärung zu. Im April 2017 sei sie sogar einmal für ein paar Tage aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Am 11. August habe er schließlich ein Telefonat von Julia B. belauscht, in der sie einer gemeinsamen Freundin von einem "Dirk" berichtet habe, und dass sie nun nach einem eigenen Appartement suche. "Dann habe ich gewartet, bis sie eingeschlafen war und in ihrem Handy einen Chatverlauf mit diesem Dirk entdeckt", gibt der Angeklagte zu. Er fühlte sich betrogen, fand heraus, dass die Beziehung zu dem anderen Mann schon gut zwei Wochen andauerte und stellte Julia B. am frühen Morgen des 12. August zur Rede. Nach den Schilderungen von Johann N. kam es zu einem handfesten Streit. Im Gerangel fielen Stühle um, sie schlugen sich gegenseitig. Nach einem Schlag in Richtung Kopf oder Hals sei seine Freundin nach hinten gekippt und reglos liegen geblieben.
"In meinem Kopf wurde alles ganz still", schildert Johann N., was dann geschah. Er habe an seine Kinder gedacht, dass er sie vielleicht nie wiedersehen könne. Deshalb habe er in eine Art "Notfallmodus" geschaltet. Er packte die Leiche in den Kofferraum von Julia B.s Dienstmercedes - sie arbeitete inzwischen nicht nur als Rechtsanwaltsgehilfin, sondern auch als Fahrerin für einen Limousinenservice und sollte an diesem Morgen einen Gast vom Frankfurter Flughafen abholen. An der A 5 bei Zwingenberg fand Johann N. schließlich dichtes Gebüsch. Dort legte er Julia ab, danach fuhr er den Wagen nach Mannheim und stellte ihn ab. Mit der Straßen- und S-Bahn sei er schließlich zurück nach Heidelberg gefahren.
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Fest steht, dass Johann N. sowohl bei Julias Arbeitgeber als auch bei ihrer Mutter behauptete, er habe die 26-Jährige aus der Wohnung geworfen und ihr den Schlüssel abgenommen. Er wisse nicht, wo die Vermisste sei. Doch die Indizien verdichteten sich, dass der 34-Jährige etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte. Ein Spürhund der Kripo nahm seine Fährte auf, die vom abgestellten Mercedes in Mannheim bis zur Straßenbahnhaltestelle führte. Johann N. war auch auf den Bildern einer Videokamera am Hauptbahnhof zu sehen. Seit 18. August sitzt er in Untersuchungshaft.
Info: Der Prozess wird am Freitag, 26. Februar, um 9 Uhr fortgesetzt. Das Urteil wird am 22. März erwartet.