Nahwärme bislang nur im Grundsatz sicher
Noch fehlen wasserdichte Verträge für das ambitionierte Großprojekt, dessen genaue Kosten noch längst nicht feststehen.

Von Armin Guzy
Eppingen. In spätestens drei Jahren soll die geplante Nahwärmezentrale am Eppinger Stadtrand die ersten Häuser mit Energie versorgen. Die Zeit drängt; die Erschließungsarbeiten für das benachbarte Baugebiet Zylinderhof III laufen bekanntlich bereits.
Nun ging es im Gemeinderat darum, wer die Nahwärmezentrale künftig betreiben wird und wer beim Bau welche Aufgaben hat. Der Grundsatzbeschluss fiel schließlich einstimmig. Dennoch war einigen Gemeinderäten angesichts der Dimension des Vorhabens erkennbar unwohl.
Mit Bau- und Planungskosten zwischen zehn und 14 Millionen Euro hat Bürgermeister Peter Thalmann das Vorhaben bereits Mitte des Jahres in einem Gespräch mit der RNZ beziffert – ausdrücklich sehr grob geschätzt. Ob dieser Betrag angesichts der Zinsen und der Inflation in einem oder zwei Jahren noch ausreichen wird, ist indessen fraglich.
Alleine der Eigenbetrieb Energie und Versorgung Eppingen (EVE) ist laut dem aktuellen Haushaltsentwurf mit 7,7 Millionen Euro mit im Boot. Das "neue Kapitel", das damit laut Oberbürgermeister Klaus Holaschke in Eppingen aufgeschlagen werden soll, ist ein großes – und es ist nicht ohne Risiko.
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Derzeit ist vorgesehen, dass die EVE den Bau und Betrieb der Wärmeerzeugungsanlage übernimmt und die erzeugte Wärme dann an die Stadtwerke Eppingen übergibt, die wiederum die Wärme an die Verbraucher verkauft. Die Stadtwerke sollen außerdem den Bau und den Betrieb des Nahwärmenetzes schultern, Kunden gewinnen und die Abrechnungen übernehmen.
Weniger im Bau als im späteren Betrieb liegt auch das eigentliche Risiko, denn schließlich kann die Nahwärmezentrale nur dann wirtschaftlich betrieben werden, wenn sich genügend Kunden anschließen lassen und es keine neuerlichen Verwerfungen auf dem Energiemarkt gibt.
Bekanntlich ist die Stadt Eppingen mit einer 51-prozentigen Beteiligung Mehrheitsgesellschafterin der Stadtwerke. Die restlichen Anteile halten mit 28 Prozent die Erdgas Südwest GmbH und mit 21 Prozent die Kommunale Beteiligungen GmbH der EnBW.
An den möglichen Veränderungen auf dem Energiemarkt und an den bisherigen Vereinbarungen entzündet sich dann auch die Kritik von SPD-Stadtrat Hartmut Kächele. In der bislang vorliegenden Vereinbarung seien ihm "zu viele Absichtserklärungen drin". "Das würde man im Privatbereich nie machen", merkte er an, nannte das Vorhaben mit Blick auf mögliche kommende Veränderungen ein "politisch gewagtes Unterfangen" und wollte wissen: "Was ist, wenn die Partner irgendwann nicht mehr mitmachen wollen?"
Vor allem ein noch kurz vor Sitzungsbeginn ergänzend hinzugefügter Passus stört Kächele: "Die Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat der Stadtwerke werden beauftragt, in den zuständigen Gremien der Stadtwerke auf die Umsetzung des Grundsatzbeschlusses hinzuwirken", heißt es darin. Das "darauf hinwirken" lese er so, sagte Kächele, dass eben noch nicht alles in trockenen Tüchern sei.
Auch sein Fraktionskollege Michael Mairhofer sagte, er sei sich noch nicht sicher, "ob wir da durch sind", und erinnerte daran, dass der Betriebsstart bislang mit Gas geplant ist, und die Holzhackschnitzel, die das Gas später ersetzen sollen, derzeit "bundesweit überzeichnet" seien.
Bürgermeister Thalmann bestätigte, dass es "noch einiges zu regeln" gebe, noch keine Verträge geschlossen seien, und dass die Bindewirkung von Absichtserklärungen "rechtlich natürlich nicht viel wert sind". Der Grundsatzbeschluss des Gemeinderats sei dennoch extrem wichtig – einerseits, um zu wissen, wohin die Reise geht, aber auch, damit die späteren Kunden verlässlich planen können.
Laut Gemeinderatsvorlage haben EnBW und Erdgas Südwest die vorgesehene Aufgabenverteilung inzwischen schriftlich bestätigt. Es gibt aber noch Unklarheiten beispielsweise darüber, wer wie viel neu erforderliches Personal einstellt. Vor allem aber ist noch unbekannt, wie viel der Bau der Anlage tatsächlich kosten wird und wie viele Fördermittel dafür fließen.
"Wir brauchen lokale Antworten (auf den Klimawandel; Anm. d. Red)", sagte Peter Wieser (Grüne) und betonte, dass das Risiko für die Stadt eher im späteren Betrieb und einem möglichen technologischen Wandel bestehe, der möglicherweise Anpassungsinvestitionen erforderlich machen könnte.
Einen "Meilenstein" sieht auch er angesichts des derzeitigen Sachstands noch nicht erreicht. Falls die von Kächele als Unsicherheitsfaktor bezeichnete EnBW doch nicht mitziehen sollte, gebe es aber schließlich noch die EVE als mögliche Netz-Betreiberin, sagte Wieser.
"Uns ist bewusst, dass wir uns binden für Jahrzehnte", stellte Thalmann fest, "aber eigentlich gibt es schon heute kein Zurück mehr."