Könnte die Wilhelmsfelder Kirche einstürzen?
Nach einem Unglück in einer bauähnlichen Kirche in Kassel bleibt die katholische Bonifatius-Kirche im Winter zu. Eine Prüfung offenbarte Mängel im Tragwerk.

Von Christiane Barth
Wilhelmsfeld/Heiligkreuzsteinach/Schönau. Die katholische Kirchengemeinde St. Bonifatius steht vor einer schwierigen Entscheidung: Von Ende Oktober bis voraussichtlich Ostern 2026 muss die Kirche geschlossen bleiben.
Der Grund: gravierende Mängel im Tragwerk, die im Zuge einer groß angelegten Sicherheitsüberprüfung festgestellt wurden. Nach der Rückkehr von Pfarrer Ronny Baier aus dem Urlaub soll über das weitere Vorgehen beraten werden.
Auslöser dieser Überprüfungen war der aufsehenerregende Dacheinsturz der St. Elisabeth-Kirche in Kassel im Sommer 2022. Dort war das Dach während eines Gottesdienstes teilweise eingestürzt – glücklicherweise ohne Todesopfer, doch mehrere Besucher erlitten Verletzungen.
Spätere Gutachten zeigten, dass Fehler im Tragwerk der Grund waren. Dieser Vorfall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und letztlich viele Diözesen veranlasst, die Statik ihrer Kirchen mit ähnlich weit gespannten Dächern genauestens überprüfen zu lassen.
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Auch die St. Bonifatius-Kirche in Wilhelmsfeld, die zur Kirchengemeinde St. Hildegund im Steinachtal gehört, fiel in diese Kategorie. Einer Mitteilung des Pfarramtes zufolge zeige ein jetzt vorliegendes Gutachten deutlich: Die Tragfähigkeit des Daches ist eingeschränkt und muss dringend saniert werden.
"Besonders kritisch wird es bei Schneelast", erklärt der Stiftungsrat der Kirche in der Mitteilung. "Schon eine Schneeauflage von fünf Zentimetern reicht aus, dass die Tragfähigkeit nicht mehr vollumfänglich gegeben ist."
Gerade im Odenwald, wo die Winter durchaus Schnee bringen können, sei dieses Risiko nicht hinnehmbar. "Wir hatten gehofft, die notwendigen Arbeiten noch vor Beginn des Winters durchführen zu können, damit die Kirche auch in der kalten Jahreszeit genutzt werden kann", sagt ein Sprecher der Kirchengemeinde. Doch mittlerweile stehe fest, dass dies nicht mehr realisierbar ist.
Am 13. August fiel daher der Beschluss des Stiftungsrates: Von Ende Oktober bis voraussichtlich Ostern bleibt die Kirche geschlossen. In dieser Zeit sollen die Sanierungsmaßnahmen stattfinden, damit das Gotteshaus im Frühjahr 2026 wieder uneingeschränkt genutzt werden kann. Für die Gläubigen bedeutet dies: Gottesdienste, Andachten und Veranstaltungen müssen verlegt werden.
Die St. Bonifatius-Kirche ist kein Einzelfall. Viele Nachkriegskirchen weisen statische Besonderheiten auf: weite Spannungen, moderne Materialien und Konstruktionen, die damals als innovativ galten, heute aber Schwächen offenbaren.
In mehreren Diözesen laufen derzeit ähnliche Prüfungen, um Tragwerksfehler aufzuspüren. Bis Ostern im kommenden Jahr sollen die Arbeiten in Wilhelmsfeld abgeschlossen sein – rechtzeitig zu den Feiertagen, wenn die Kirche traditionell besonders viele Besucher anzieht.