Kriegsbeginn in der Region

"Die meisten waren schockiert und entsetzt"

Zeitzeugen aus der Region erinnern sich an Kriegsbeginn

30.08.2019 UPDATE: 01.09.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 31 Sekunden

Hans Stephan aus Eppelheim. Foto: sg

Region Heidelberg. (aham/cm) Es werden immer weniger, aber es gibt sie nach wie vor: Menschen, die den Zweiten Weltkrieg selbst erlebt haben. Die RNZ hat sich mit zwei Zeitzeugen aus der Region unterhalten und sie nach ihren ganz persönlichen Erinnerungen an die Anfänge dieser Schreckenszeit gefragt.

Hans Stephan kann sich noch ganz genau an den Beginn des Zweiten Weltkriegs erinnern. "Ich lag damals wegen Diphterie in Heidelberg im Krankenhaus", erzählt der heute 86-jährige Eppelheimer. Zu der Zeit habe es eine Epidemie dieser ansteckenden Krankheit gegeben, die den Hals zuschwellen lässt und insbesondere bei Kindern lebensbedrohlich werden kann. Stephan überlebte, weil er einen Luftröhrenschnitt bekam. Und während er als Sechsjähriger neun Wochen im Krankenhaus lag, marschierte Hitler in Polen ein. "Damals sind eine Menge Flieger am Heiligenberg entlanggeflogen", weiß der Eppelheimer Ehrenbürger. Von seinem Fenster in der ehemaligen Kinderklinik in Bergheim beobachtete er sie. "Unter Krieg konnte ich mir damals noch nichts vorstellen", sagt er. "Dass etwas Gefährliches in der Luft liegt, habe ich aber schon gespürt." Dabei hatte er als Junge zunächst noch die Soldaten bewundert, die "so schön im Gleichschritt" durch Eppelheim marschierten.

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Kurt Scheid war neun Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Damals war er mit seiner Familie gerade vom Hanfmarkt in die heutige Adam-Siefert-Straße umgezogen, wo Scheid nach wie vor lebt. "Die meisten Neckargemünder waren schockiert und entsetzt", erinnert sich der heute 89-Jährige an die Nachricht des Kriegsbeginns. Zwar habe es damals in der Stadt einige überzeugte Nazis gegeben, doch der Großteil habe die Entwicklungen nicht gutgeheißen. "Die Erwachsenen haben sich immer von uns Kindern weggedreht, wenn sie über ihre Ansichten gesprochen haben", erzählt Scheid. "Man wusste ja nicht, wem man trauen kann." Scheid weiß noch, wie er und seine Mitschüler mit Propagandafilmen in der Schule und der Wochenschau im damaligen Kino an der Ecke von Haupt- und Neckarstraße auf den Krieg "eingestimmt" wurden. "Die Fanfare der Wochenschau habe ich heute noch im Ohr", sagt Scheid. Und auch an Soldaten, die vom Frankreich-Feldzug zurück durch Neckargemünd kamen, erinnert er sich noch. Zu Hause hörte die Familie Scheid über den Volksempfänger Radiosender aus der Schweiz und England über Mittelwelle. Der Vater wurde im Ersten Weltkrieg verwundet und dazu verpflichtet im Rathaus zu arbeiten. Kurt Scheid war das älteste Kind von sechs Geschwistern und sagt heute: "Wer sich Hitler zurückwünscht, hat nicht erlebt, wie die Amerikaner uns befreit haben."

Kurt Scheid aus Neckargemünd. F: Alex

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