"Der Unterricht geht letztlich vor"
Noch ist Resonanz auf Schüler-Demos für Klimaschutz an hiesigen Schulen gering

Engagiert für die Umwelt: Die Schülerfirma am OHG Wiesloch verkauft nachhaltige Produkte an Mitschüler, hinten Lehrer Sebastian Grimmelykhuizen und Rektorin Kuhfuß. Foto: Pfeifer
Rund um Wiesloch. (teu) "Ich wäre ja schon gerne mit nach Berlin gefahren", sagt Pauline Becker und schluckt vernehmlich. Nach einer kurzen Pause fügt die Schülersprecherin des Ottheinrich-Gymnasiums in Wiesloch dann hinzu: "Wir haben schon darüber in der SMV und mit den Schülern der höheren Klassen diskutiert - am Ende war das aber für die meisten von uns zu kurzfristig, zu weit und zu aufwendig."
Die Rede ist von der für Freitagmittag geplanten großen Schülerdemonstration in Berlin im Rahmen der inzwischen globalen Bewegung "Fridays for Future". Unter diesem Motto setzen sich Jugendliche für ihre Zukunft ein und demonstrieren insbesondere für den Klimaschutz und den Kohleausstieg.
Mitte Januar erreichte die weltweite Protestwelle, die ursprünglich von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg angestoßen worden war, auch die hiesige Region: In Heidelberg gingen Jugendliche seither zweimal für mehr Umweltschutz und gegen die vermeintliche Untätigkeit der Regierung auf die Straße. Über 5000 Schüler waren vergangenen Freitag in ganz Baden-Württemberg auf den Beinen und streikten. Inwieweit darf jedoch der Schulunterricht unter dem politischen Engagement leiden?
"Hier konkurrieren zwei Grundrechte miteinander: das auf Meinungsfreiheit und eben die Schulpflicht", so Dr. Svenja Kuhfuß gegenüber der RNZ. Die Schulleiterin des Ottheinrich-Gymnasiums spricht offen von einer "Gratwanderung": "An sich sympathisiere ich durchaus mit dem Thema. Rechtlich ist das Ganze aber problematisch." Blieben die Schüler einfach dem Unterricht fern, so hätten die Schulen am Ende die Aufsichtspflicht. Kuhfuß: "Der Unterricht geht letztlich vor - obwohl ich sehr gut verstehen kann, dass die Schüler ein Zeichen setzen wollen."
Die Teilnahme an den Demonstrationen müsse mit der Schulpflicht vereinbar sein, "der Schulbetrieb muss aufrechterhalten werden". Wie genau dies geregelt werden könne, dazu sei man aktuell noch mit den Schülern und Eltern im Gespräch. Noch seien es nur "einige wenige Schüler", die Interesse an den "Friday for Future"-Demonstrationen geäußert hätten, erklärte die OHG-Schulleiterin auf RNZ-Nachfrage.
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Auch Gerald Kiefer, Rektor des Walldorfer Gymnasiums, spricht lediglich von "einigen Schülern", die nachgefragt hätte, ob sie für die Teilnahme an der Klima-Demo von der Schule freigestellt werden könnten. Die dezidierte Antwort lautete "Nein", denn: "Schulpflicht geht gegenüber dem Recht auf freie Meinungsäußerung vor."
Zumal die Veranstalter laut Kiefer die Kundgebung auch auf den Nachmittag hätten verlegen können. Im Gespräch mit der RNZ machte der Schulleiter jedoch klar: "Diese Entscheidung ist unabhängig davon, ob ich persönlich hinter dem Inhalt der Demonstration stehe oder nicht." Es müsse nun möglichst schnell eine "generelle Regelung" her, damit die Schulen wüssten, wie sie mit der Problematik umzugehen hätten.
Spontan durchweg positiv reagierte Ulrich Müller, Schulleiter am Löwenrot-Gymnasium in St. Leon-Rot, auf die "Fridays for Future"-Initiative: "Prinzipiell finde ich das sehr gut, dass sich Schüler für eine bessere Umweltpolitik mobilisieren. Gerade der Jugend wird doch sonst immer vorgeworfen, zu apolitisch zu sein."
Allerdings sollte natürlich auch "die Frage des ’Wie’ tragbar sein", wie Ulrich Müller einräumte. Bislang seien aber ohnehin noch keine Schüler im Zusammenhang mit der Aktion an ihn herangetreten. Der Leiter des Privatgymnasiums schmunzelt: "Vielleicht liegt das daran, dass wir gerade alle zusammen intern sehr damit beschäftigt sind, ein gescheites, nachhaltiges Müllkonzept für unsere Schule umzusetzen."
SMV und Schülerfirma am Wieslocher OHG geht es übrigens ganz ähnlich: "Wir haben verschiedene Projekte zum Thema Nachhaltigkeit initiiert. Der Umweltschutz ist ein großes Thema an unserer Schule", berichtet Schülersprecherin Pauline stolz. Die 16-Jährige verweist insbesondere auf die bevorstehende Einführung wiederverwendbarer Becher, um den Müll am Schulkiosk zu reduzieren.
Und hier hakt auch Schulleiterin Svenja Kuhfuß noch einmal ein: "Die Stadt Wiesloch hat sich bislang noch nicht um eine Mülltrennung an den Schulen bemüht - das ist den Schülern ein echter Dorn im Auge!"