"Die Stadtverwaltung hat ihr Herz für Heidelberg verloren"
RNZ-Leser nehmen klare Haltung für die Geschäfte ein - Viel Zuspruch für kleine Läden

Giuseppina Ehmann vor ihrem Geschäft: Der Wimpel an der linken Seite soll weg, auch das Herz über dem Eingang und der Schriftzug darüber werden moniert. Immerhin der Teppich darf bleiben - vorerst. Foto: Rothe
Heidelberg. (mare) Bürokratie! Was für Auswüchse die deutsche Korrektheit nehmen kann, zeigt sich an zwei Beispielen in der Heidelberger Altstadt. Wegen 7,5 Zentimetern muss "Maja Mieder, Dessous und Bademoden" ein Werbeschild abräumen. Und die Chocolaterie in der St.-Anna-Gasse in der Altstadt streitet mit der Stadtverwaltung um seit Jahren verwendete Accessoires vor dem Geschäft. Der Grund: die Werbeanlagensatzung der Altstadt.
Irrsinn oder sinnvolles Instrument? Die RNZ-Leser treiben die Fälle um. Und die Meinung derer geht in eine eindeutige Richtung. Die Reaktionen im Netz:
"Unpassende 'Fremdkörper' in der historischen Barockaltstadt sind Kaufhof, Bergbahn-Talstation oder der Neubau der Städtischen Bühne", schreibt ein User zum Streit um das Maja-Mieder-Schild. "Nicht aber so ein zurückgesetztes Schild oder romantisierende Herzen über Chocolaterieen. Da könnte man echt sagen: 'Die Stadtverwaltung hat ihr Herz für Heidelberg verloren'."
Ein weiterer Leser meint: "Da reitet mal wieder jemand bei der Stadtverwaltung kräftig auf Paragraphen, weil er sich wichtig machen will, oder ihm aus irgendwelchem Grund dieses Geschäft ein Dorn im Auge ist." Man könne auch wirklich Dinge überregulieren und im Paragraphenland Deutschland alles komplizierter machen. "Und damit den Geschäften das leben schwer machen, anstatt mal die Gestaltung einer Fasade zu verstehen und anzuerkennen."
Auch auf der RNZ-Facebook-Seite ist die Richtung klar: "Ganz schlimm, wie gerade kleine, inhabergeführte, individuelle Geschäfte gegängelt werden", schreibt eine Userin. Sie könne davon selbst ein Lied singen. "Dass aber gerade dieser Laden, der eh schon abseits in einer Seitengasse liegt, so schikaniert wird, ist unfassbar." Man sollte froh sein, dass es Läden gibt, die sich durch Individualität auszeichnen und Kunden in die Stadt locken. Ketten täten das nämlich nicht. "Die Herrschaften im Amt sollten sich lieber mal der Läden annehmen, die mit Ramschaufklebern und Sale auf ihren Schaufenstern werben. Das scheint niemanden zu stören und sieht wirklich schäbig aus (und ist ebenso laut Satzung verboten)", so ihre Meinung.
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"Wat is eigentlich in Heidelberg los?", fragt ein Nutzer. "Erst die Gastronomie dengeln und jetzt auch noch einen der besten Schokoladenläden der Stadt", so seine Meinung zur Chocolaterie. Und weiter: "Geht's noch? Wenn die so weitermachen, ist Heidelberg ein Freilichtmuseum für Touris - aber nur zwischen 9 und 19 Uhr wegen dem Lärmschutz."
Eine andere Leserin schreibt: "Und da wundert man sich bei der Stadt Heidelberg, dass immer mehr Läden schließen und die Kaufkraft ins Umland geht." Er fügt an: "Finde den Fehler ..."
Die Chocolaterie hat ohnehin einen guten Ruf - und bekommt viel Zuspruch. "Einer der besten Läden in Heidelberg!", meint ein Leser. "Und was diese Dame macht, ist einmalig. Schade, schade das die Stadt HD diese Magie und Romantik nicht sieht!!" Die Rosenblätter und diese nette alte Dame zu sehen, sei ein Highlight für ihn.
"Toller Laden und die 'Utensilien' stören nicht, sondern verschönern den Ausdruck", meint ein anderer User. "Das ist typische 'Deutsche Bürokratie' wie man sie sich nicht wünscht!"
"LOL", eine weitere Nutzerin kann nur den Kopf schütteln. "Vorwurf (den Teppich betreffend): 'könnte Kunden anlocken'. Kannste Dir nicht ausdenken", schreibt sie. Eine Leserin ergänzt: "Und am Ende will noch jemand 'Angelocktes' Eis kaufen."
Eine weitere Meinung: "Es hat Stil und Klasse. Das stört natürlich in der heutigen Zeit." Und schließlich erklärt sich eine Userin solidarisch: "Wenn das kein Anlass ist jetzt erst recht dahin zu gehen!"
Eine Stimme pro Stadtverwaltung gibt es dann aber doch: "Die Sache ist doch eigentlich ganz klar. Es gibt gewisse Regeln. An diese hat sich jeder zu halten", schreibt ein Leser. "Wenn man jetzt mal hier 'Augen zudrücken' würde, käme doch der Nächste, der das gleiche möchte. Und das dann auch mit Recht. Was diese Regeln aber völlig obsolet macht."
Wer hat noch Ärger mit der Werbeanlagensatzung? Schreiben Sie uns eine E-Mail an stadtredaktion@rnz.de