Wie sich das Ankunftszentrum für Geflüchtete im PHV etablierte
Von der Übergangs- zur Dauerlösung. Ein Bürgerentscheid verhinderte eine Verlagerung.

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Das Ankunftszentrum im Patrick-Henry-Village (PHV) war das erste seiner Art bundesweit, das seinen Betrieb aufnahm: im Herbst 2015. Wie es dazu kam und was seitdem passiert ist – eine Chronologie:
> September 2014: Die Stadt Heidelberg bietet dem Land ein Erstaufnahme-Notquartier an. Zur ersten Unterkunft für Geflüchtete werden jedoch die Kirchheimer Patton Barracks, wo bis Oktober mehrere Hundert Personen untergebracht sind.
> November 2014: Der Gemeinderat entscheidet, im PHV ein Winternotquartier einzurichten und dort bis Mai 2015 vorübergehend bis zu 2000 Flüchtlinge aufzunehmen.
> Dezember 2014: Die ersten Flüchtlinge kommen in der "Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle" im PHV unter.
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> Februar 2015: Stadt und Land streiten über die Dauer der Unterkunft. Das Land will hier länger als verabredet eine Außenstelle der Landeserstaufnahme betreiben, die Stadt drängt auf eine Befristung bis 2016. Die Grünen schlagen unterdessen vor, PHV auch darüber hinaus zu nutzen.
> Mai 2015: Stadt und Land einigen sich auf einen Kompromiss: Der Mietvertrag wird bis zum 30. April 2016 befristet, kann aber verlängert werden, wenn das Land Bedarf anmeldet und der Gemeinderat zustimmt. Das Land erklärt, keine Landeserstaufnahmeeinrichtung in Heidelberg etablieren zu wollen.
> September 2015: Inzwischen leben fast 4000 Menschen in der Notunterkunft. Ehrenamtliche bauen kurzerhand 600 Feldbetten auf. Das Land beschließt, die Kapazität um 850 Plätze zu erhöhen. Zudem plant es, aus der als Provisorium gedachten Notunterkunft die zentrale Anlaufstelle für die Erstregistrierung und Gesundheitsprüfung aller Geflüchteten in Baden-Württemberg zu machen: Hier sollen drei Viertel aller Flüchtlinge, die ins Land kommen, möglichst zügig erfasst werden.
Die Stadt fühlt sich davon zunächst vor den Kopf gestoßen, doch in einer Sondersitzung akzeptiert der Gemeinderat das Konzept schließlich: Aus dem Provisorium wird bald darauf das zentrale Ankunftszentrum des Landes.
> Winter 2015/2016: Über 5000 Geflüchtete sind jetzt zeitweise im PHV untergebracht. Gleichzeitig gibt es weniger Konflikte, die Registrierung verläuft geräuschloser, auch weil das Land entsprechende Strukturen geschaffen hat.
> November 2016: Damit die Stadt die Fläche PHV – sie ist bis heute im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – für sich entwickeln kann, will das Land das Ankunftszentrum verlegen – als Ziel hat es die Nachbarstadt Mannheim auserkoren.
> Juli 2017: Der Landesrechnungshof empfiehlt, das Ankunftszentrum im PHV zu belassen. Die Stadt hingegen erwartet, dass das Land die Fläche wie vereinbart im Frühjahr 2018 freimacht.
> Frühjahr/Sommer 2018: Trotz Drängens der Verwaltung vertagt der Gemeinderat die Entscheidung um die Zukunft des Ankunftszentrums, stellt dem Land aber ein Ultimatum: Bis Jahresende muss feststehen, wann das Ankunftszentrum umzieht.
> Herbst 2018: Das Innenministerium nimmt eine andere Fläche in Heidelberg als neuen Standort für ein Ankunftszentrum ins Visier: die Wolfsgärten am Autobahnkreuz bei Wieblingen.
> 11. April 2021: Per Bürgerentscheid lehnen die Heidelberger nach langer und intensiv geführter Debatte eine Verlagerung des Ankunftszentrums nach Wieblingen mehrheitlich ab.
> Herbst 2021: Nach dem eindeutigen Bürgerentscheid und nach mehreren Suchläufen sowie vielen Debatten im Gemeinderat kristallisiert sich heraus: Die Landeseinrichtung bleibt im PHV, soll aber verlagert und neu gebaut werden.
> Juli 2024: Der Architektenentwurf des Planungswettbewerbs steht fest: Das Ankunftszentrum wird eingebettet in den "Dynamischen Masterplan" der Stadt für die Entwicklung von PHV als Stadtteil. Das Zentrum soll der Ankunft, Registrierung, Vorprüfung und Beratung von täglich bis zu 400 Geflüchteten dienen und bis zu 2000 Menschen unterbringen. 2027 will das Land das Geld für das neue Zentrum bereitstellen, frühestens Ende des Jahrzehnts könnte der Bau fertig sein.
> 2025: Laut Regierungspräsidium hat sich die Belegungszahl im Ankunftszentrum auf stabilem Niveau eingependelt: Derzeit sind dort rund 1500 Menschen untergebracht, für die Dauer von durchschnittlich 93 Tagen.