"Die Welt ist stummer geworden"
Am Montag wurde Joy Fleming in Hilsbach zu Grabe getragen - Auch Xavier Naidoo, Bülent Ceylan und Joana unter den Trauernden

Am Grab von Joy Fleming versammelten sich Angehörige, Freunde und Weggefährten. Sie nahmen Abschied von der Sängerin, die am 27. September im Alter von 72 Jahren überraschend verstorben war. Foto: Kegel
Von Wolf H. Goldschmitt
Sinsheim. Der Abschied von einer großen Sängerin findet in ganz kleinem Rahmen statt. Joy Fleming wird in ihrer Heimatgemeinde Hilsbach am verregneten Montagmittag zu Grabe getragen. Familie, Freunde, ein paar Künstlerkollegen wie Joana, Xavier Naidoo oder Bülent Ceylan geben ihr das letzte Geleit. Kein Pfarrer spricht, sondern ein freier Redner, der Joy Fleming persönlich gar nicht kannte. Andere Wortbeiträge sind von den Angehörigen nicht erwünscht.
Komponist Joachim Schäfer, der die Souldiva jahrzehntelang begleitet hat, war für die Träger des Mannheimer Bloomaulordens angereist. Seine nicht gehaltene Grabrede hat er jetzt auf Facebook veröffentlicht: "Joy, nach zahlreichen Gesprächen und Telefonaten mit gemeinsamen Kollegen in den letzten Stunden vermittelte man mir einstimmig grenzenlosen Respekt vor Deiner Stimme, Deinem unverwechselbaren Gesang, Deiner künstlerischen Leistung. Chapeau. Lediglich das ,Timing’ ist zu kritisieren, denn morgen hätten wir beide um 15 Uhr wieder einen gemeinsamen Auftritt gehabt, aber Du wirst nicht kommen können. Der Veranstalterin hast Du einmal ein Zettelchen zugesteckt, den ich lesen durfte. Da stand: ’Isch sing fär Leit, di misch gern hawwe un isch sing fär Leit, di misch net gern hawwe, domit se misch gern hawwe!’ Alla dann..."
Die zu ihrer letzten Reise gekommen waren und im Hintergrund bleiben, hatten sie wirklich gern, die dynamische Bluesröhre. Die Trauerfeier, die mit Musik von Joy beginnt und endet, ist spiritueller Art. "Wir nehmen heute Abschied von Joy Fleming - dieser Satz klingt fast unwirklich", beginnt der Sinsheimer Trauerredner Lars Leifeld seine bewegende Ansprache und erinnert daran, dass die 72-jährige Mannheimerin völlig überraschend aus dem Leben gerissen wurde. Die Welt sei jetzt stummer geworden, grauer, ärmer und farbloser. Die Erna, wie sie von Kollegen gern genannt wurde, habe mehr ausgezeichnet als eine Weltklassestimme: Sie sei herzliche Mutter, aufopferungsvolle Tochter, Hunde-, Katzen- und Papageienmama in einem gewesen. Ihre Karriere klinge zwar wie der typische amerikanische Traum vom Tellerwäscher zum Millionär, aber auch mitten in ihren großen Erfolgen habe sie nie vergessen, woher sie stamme.
Besondere Plätze in Joy Flemings Herzen hätten auch US-Sänger Michael McDonald und Miss Marple aus dem Werk von Kriminalautorin Agatha Christie gehabt. "Wer Miss Marple als Lebensbegleiterin hat, für den sind Konventionen keine unüberwindbare Mauer", erklärt Lars Leifeld.
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Das letzte Wort hat Joy selbst. Ihre Interpretation von "Come rain or shine" der großen US-Bluessängerin Billie Holiday geht zu Herzen. Und als ihr Sarg bei Regen an das einfache Reihengrab gerollt wird, ertönt "Amazing Grace", und viele weinen.
"Leg’ ich mich einst zur ew’gen Ruh’, deckt mich mit Dreck aus Mannem zu", sang sie vor ein paar Jahren. Diesem letzten Wunsch wird entsprochen. Dem Kraichgauer Boden werden ein paar Schaufeln "Mannemer Dreck" beigemischt.