Schriesheim/Dossenheim

Jetzt geht der Bürgerentscheid in die heiße Phase

Es geht los mit Vorträgen und der Mobilisierung der Bürger. Die "Energiewende" kommt in der Informationsbroschüre jedoch nicht zu Wort.

02.09.2025 UPDATE: 02.09.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 4 Sekunden
Am Sonntag, 9. November, stimmen die Schriesheimer und Dossenheimer darüber ab, ob es einen Windpark auf dem Weißen Stein – hier der Blick von der Ursenbacher Höhe aus – einen Windpark geben soll. Foto: Kreutzer

Von Micha Hörnle

Schriesheim/Dossenheim. Der in knapp zehn Wochen anstehende Bürgerentscheid ist zwar an der Bergstraße durchaus außergewöhnlich – schließlich ist er der jeweils erste in beiden Kommunen, aber nicht unbedingt im Landesmaßstab. Denn, so ergibt eine Auflistung von Edgar Wunder, dem Vorsitzenden des Vereins "Mehr Demokratie": Über die Hälfte der Abstimmungen 2025 (von Jahresbeginn und Juli) in Baden-Württemberg hatten die Windkraft zum Thema: acht von 15. Viermal votierte die Mehrheit der Abstimmungsberechtigten gegen die neuen Anlagen (Sulz, Ostelsheim, Oberkirch, Remchingen), viermal dafür (Herrischried, Herrenberg, Rickenbach, Kraichtal) – also ein Patt.

Wunder meint dazu: "Dies verdeutlicht, dass es keine generelle Stimmung für oder gegen Windkraftanlagen gibt, sondern dass der jeweils vorgeschlagene konkrete Standort eine ausschlaggebende Rolle für das Ergebnis der Bürgerentscheide spielt. Die Bürgerinnen und Bürger wägen bei ihrer Entscheidung in erster Linie die Vor- und Nachteile des jeweiligen Standorts ab, sie sind nicht generell für oder gegen Windkraftanlagen."

Übrigens: Sechs Bürgerentscheide in Sachen Windkraft kamen durch ein Bürgerbegehren zustande, nur zwei initiierte der Gemeinderat von sich aus. In vier Fällen entschieden die Abstimmungsberechtigten im Sinne der Gemeinderatsmehrheit, in den anderen vier dagegen. Die Beteiligung bei den Abstimmungen lag zwischen 39,5 Prozent (Rickenbach) und 75,6 Prozent (Ostelsheim) – sie kann also deutlich höher ausfallen als bei Kommunalwahlen.

Aber noch ist es in Schriesheim und Dossenheim noch nicht so weit: Hier sind nach RNZ-Informationen die Informationsbroschüren in Arbeit – je nach Kommunen getrennt. Dabei kommen die jeweiligen Bürgermeister, Gemeinderatsfraktionen und vor allem die Initiatoren des Bürgerentscheids, der Verein "Gegenwind Bergstraße" als Gegner des Vorhabens, zu Wort. Nicht aber die Energiewende Bergstraße" als Befürworter des Windparks.

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Dass das so ist, liegt an den Vorgaben der Gemeindeordnung. In Paragraf 21, Absatz 5 heißt es: "Wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, muss den Bürgern die innerhalb der Gemeindeorgane vertretene Auffassung durch Veröffentlichung oder Zusendung einer schriftlichen Information bis zum 20. Tag vor dem Bürgerentscheid dargelegt werden.

In dieser Veröffentlichung oder schriftlichen Information der Gemeinde zum Bürgerentscheid dürfen die Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens ihre Auffassung zum Gegenstand des Bürgerentscheids in gleichem Umfang darstellen wie die Gemeindeorgane."

In manchen Kommunen kamen vor den Bürgerentscheiden in den Informationsbroschüren aber auch diejenigen zu Wort, die den Initiatoren des Bürgerentscheids widersprechen – in diesem Fall wäre das "Energiewende". Doch das lehnte "Gegenwind" ab – sagt zumindest Margrit Liedloff von "Energiewende".

Sie spricht daher von "erschwerten Bedingungen, die Bürger zu erreichen". Zumal es dem Verein auch verwehrt wurde, dem Schriesheimer Mitteilungsblatt einen Flyer beizulegen. Deswegen bleibt den Windpark-Befürwortern – sie werden beim Bürgerentscheid aus der Kommunalpolitik von der Dossenheimer CDU, den Dossenheimer Freien Wählern sowie der SPD und der Linken aus beiden Kommunen unterstützt –, nur die Möglichkeit, mit eigenen Flyern oder Veranstaltungen die Öffentlichkeit über ihre Standpunkte zu informieren.

Nach Stand der Dinge wird es in Schriesheim und Dossenheim jeweils einen Vortrag geben: Am Montag, 22. September, spricht Andreas Markowsky ab 19 Uhr im großen katholischen Gemeindesaal in Schriesheim. Sein Thema: "30 Jahre Windkraft im Wald – die Fakten".

Markowsky ist Mitbegründer der Ökostromgruppe Freiburg; diese projektiert, baut und betreibt Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien, die mit Bürgerbeteiligung umgesetzt werden. Er ist auch Autor des 2021 erschienenen Buchs "Klimaschänder", in dem es darum geht, dass Deutschland vor gut 15 Jahren zunächst Vorreiter bei den Erneuerbaren Energien war, doch dass diese Entwicklung ausgebremst wurde. Ginge es nach der "Energiewende", soll an diesem Abend auch ein Vertreter der Umweltschutzverbände BUND und Nabu sprechen, doch konkrete Zusagen stehen wegen der Urlaubszeit noch aus.

Am Montag, 29. September, referiert Holger Marquardt vom "Energiestammtisch Freigericht" ab 19 Uhr im Dossenheimer Martin-Luther-Haus. Marquardt wird aus dieser hessischen Gemeinde am Spessartrand einen Erfahrungsbericht liefern: Denn auch dort gab es im Juli 2022 einen Bürgerentscheid zu einem Windpark: 52,3 Prozent der "Wähler" stimmten für die neuen Anlagen (bei einer Beteiligung von 49,1 Prozent) – und damit im Sinne der Gemeinderatsmehrheit.

Für den Oktober – das Datum steht noch nicht fest – will "Energiewende" auch noch den Bürgermeister der Eifel-Gemeinde Simmerath, Bernd Goffart (CDU), einladen. Er gilt in seiner Heimat als ein energischer Verfechter von Bürgerwindparks – trotz seines Parteibuchs.

Unterdessen konnte "Gegenwind" eine in der Region bekannte Persönlichkeit für einen Vortrag gewinnen: Der Soziologe, Kabarettist und Buchautor Hans Peter Schwöbel kommt am Samstag, 19. September, um 19 Uhr nach Schriesheim, ins Gasthaus "Neues Ludwigstal". Dabei wird er den Klimawandel und den Einfluss des Menschen beleuchten.

In den letzten Beiträgen seines Blogs beschäftigte sich der Mannheimer ausdrücklich mit dem Schriesheimer und Dossenheimer Windpark-Projekt und bezog eindeutig Stellung – nämlich dagegen: ",Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch’: Die aktuelle Situation könnte zu jenen gehören, in denen sich diese Hölderlin-Hoffnung erfüllt. Dies Rettende könnten die Bürgerentscheide sein, in denen sich die Bürger gegen das scheinbar unausweichliche Muss der Windmühlen wehren können. Die mutigen Frauen und Männer, die für diese Bürgerentscheide kämpfen, verdienen unsere Begleitung und unseren Beistand."

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