A6 bei Balzfeld/Tairnbach

So liefen die Arbeiten an der Autobahnbrücke ab

Kraftakt rund um die Uhr - Staus und Chaos blieben nicht aus

27.01.2019 UPDATE: 28.01.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden

28 Stahlträger mussten am vergangenen Wochenende an ihren Platz gehievt werden: Sie sind Teil des Traggerüsts für den Ersatzbau der Brücke zwischen Tairnbach und Balzfeld. Für die Arbeiten wurde die A 6 gesperrt und bot einen außergewöhnlichen Anblick. Fotos: Lerche

Tairnbach/Balzfeld. (seb) Die notwendigen Arbeiten zügig und dabei sorgfältig erledigen, und das in nur 48 Stunden, an einem einzelnen Wochenende, um die Belastung für Autofahrer und für Anwohner möglichst gering zu halten: Dieser Herausforderung stellte sich das Team des für den Ausbau der Autobahn A6 zuständigen Konsortiums ViA6West am vergangenen Wochenende.

Man war sich laut Pressesprecher Michael Endres bewusst, welch bedeutende europäische Ost-West-Verbindung die A6 ist. Dass Staus unvermeidlich waren, wusste man, rechnete aber nicht mit derartigen Zuständen. Heftig, aber wenigstens kurz sollte es werden, daher gingen die Arbeiter in drei Schichten, in einem "Kraftakt rund um die Uhr", ans Werk.

Hintergrund

Mit der Autobahnsperrung setzte das Chaos ein

Eigentlich waren die Bauarbeiten an der Brücke über die Autobahn A6  und auch in vielen weiteren Medien rechtzeitig und

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Mit der Autobahnsperrung setzte das Chaos ein

Eigentlich waren die Bauarbeiten an der Brücke über die Autobahn A6  und auch in vielen weiteren Medien rechtzeitig und ausführlich angekündigt worden. Laut Michael Endres, Pressesprecher des für den A6-Ausbau zuständigen Konsortiums ViA6West, wurden auch die Betreiber von Navigationssystemen informiert, damit die Autofahrer auf die Ersatzstrecken geleitet würden. Darüber hinaus informierten die großen Vorwegweiser auf der A6 bei Hockenheim, der A5 am Walldorfer Kreuz und der A81 bei Leonberg über die Vollsperrung der Autobahn.

Und doch setzte mit der Sperrung am vergangenen Samstag um 5 Uhr das Chaos ein, sodass vielerorts vom Verkehrskollaps gesprochen wurde. Wobei der erste Eindruck täuschen könnte: Die Polizei sprach Sonntag auf RNZ-Anfrage nämlich nur von jeweils rund fünf Kilometern Stau an den Ableitungen vor den Sperrungen aus Richtung Heilbronn beziehungsweise Mannheim.

Auch seien keine "Störungen" im Sinne von schwerwiegenden Vorkommnissen gemeldet worden, hieß es weiter. Eine Gesamtübersicht über Staus und eventuelle Vorfälle kann die Polizei aber erst im Lauf des heutigen Montags zusammenstellen. Die Umleitungsstrecken gerade bei Dielheim, Mühlhausen und Rauenberg waren stark frequentiert, berichtete die Polizei gestern weiter.

Mehrfach, schon am Samstagmorgen, kam es zu Staus an den Autobahnausfahrten in Sinsheim und in Rauenberg, beispielsweise auf der Bundesstraße B39. Für Beobachter dort oder auch am Walldorfer Kreuz wurde dabei besonders der kolossale Schwerlastanteil am Verkehr deutlich und mehr noch, was über 120.000 Fahrzeuge, die allein auf der A6 jeden Tag unterwegs sind, bedeuten. Immerhin ließ der Druck mit dem Sonntagfahrverbot für Lkw nach.

Die Polizei war laut der Mitteilung mit speziellen Kräften das Wochenende über im Dienst und griff vor Ort regelnd ein, wenn es zu Problemen kommen sollte. Übrigens hat ViA6West die nächste Autobahnsperrung hier bereits angekündigt, Ende März nämlich. Die soll allerdings nur wenige Stunden dauern und das Ende wenigstens der Arbeiten an der Brücke zwischen Tairnbach und Balzfeld einläuten.

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Vorarbeiten hatten bereits am Donnerstag begonnen. Mit Stolz hob Michael Endres das hohe Tempo hervor: "Am Samstag hatten wir die Stahlträger sogar lange vor 18 Uhr an ihrem Platz": Den ohnehin ehrgeizigen Zeitplan habe man also überholen können. Und das trotz der Kälte und der Regenschauer - nur bei einem Sturm hätte man die Brückenarbeiten abgebrochen. 

Gleiches galt für den Sonntag: "Sieht gut aus", meldete Endres, unter Umständen sei man sogar ein bisschen früher als erwartet fertig. Die "Puffer", die zur Sicherheit an allen Arbeitsschritten vorgesehen waren, hatte man bis zum Nachmittag nicht in Anspruch nehmen müssen. Bei der Freigabe der Autobahn übrigens gab es von vornherein nichts zu rütteln: Montag, 5 Uhr, war ein absolutes Muss.

Im Gespräch mit der RNZ blickte Endres nicht nur auf diese, sondern auch andere Baustellen, die derzeit für die Frustration der Verkehrsteilnehmer sorgen. "Da müssen wir jetzt durch", wenn man jetzt einigermaßen flott alles erledige und dann viele Jahre oder Jahrzehnte Ruhe habe, sei das besser, als wenn sich viele kleinere Arbeitsetappen über die nächsten Dekaden hinziehen - und immer noch für Beeinträchtigungen sorgen. Im Fall der A6 unterstrich er die Notwendigkeit, den Ausbau mitsamt Brückensanierungen jetzt anzugehen.

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Von 1964 bis 1968 wurde die A6 gebaut, erinnerte er. "Sie hätte also im letzten Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiern können." Ausgelegt wurde sie damals für 60.000 Fahrzeuge am Tag, momentan sind es ihm zufolge aber doppelt so viele und fürs Jahr 2025 sprechen Verkehrsprognosen von noch einmal 48 Prozent mehr, also 170.000 bis 180.000 Fahrzeugen am Tag. Und das mit einem früher unvorstellbaren Schwerlastanteil von 30 Prozent, der die Straßen enorm in Mitleidenschaft zieht.

Foto: Pfeifer

Die alte Brücke zwischen Tairnbach und Balzfeld stammte ebenfalls aus den 1960er Jahren, so Endres. Sie war Mitte September 2018 abgerissen worden und für den Verkehr auf der Kreisstraße 4271 hatte ViA6West eine Ersatzkonstruktion aus Stahl installiert - "nur ein Provisorium", betonte Endres. 

Der Ersatzbau, für den jetzt am Wochenende die "extrem aufwendige" Unterkonstruktion entstand, soll wiederum mindestens so lange halten wie sein Vorgänger. Laut Endres ist ein "Ersatzbau" übrigens vor allem aus rechtlichen Gründen praktisch: Für die neue Brücke, in derselben Bauweise an derselben Stelle, gelten auch dieselben Vorgaben und Genehmigungen, damit senken sich alle bürokratischen Hürden beträchtlich.

Nachdem die Betonwiderlager und die Stütze im Mittelstreifen schon errichtet worden waren, folgte jetzt das schwere Gerüst mit 365 Tonnen Stahl und 45 Tonnen Holz. 28 Stahlträger mit einer Höhe von einem Meter, einer Länge von 30,50 Metern und einem Gesamtgewicht von jeweils zehn Tonnen mussten dafür zentimetergenau an ihren Platz gehievt werden, und das über alle vier Fahrstreifen der A6, erklärte der Pressesprecher weiter. 

Foto: Rößler

Das Gerüst hält später die Schalung und muss neben rund 110 Tonnen Bau- und Spannstahl auch die 1600 Tonnen Beton aushalten. Mehr als das sogar, die rechtlichen Vorgaben verlangen, dass "alles doppelt und dreifach" gesichert ist, so Endres. "Größter Knackpunkt dieser Brücke ist das ’Lichtraumprofil’ mit 4,70 Metern - damit zum Beispiel alle Lkw und Doppeldeckerbusse unter dem Traggerüst durchfahren können".

Die weiteren Arbeiten können Endres zufolge dann ohne Autobahnsperrungen ausgeführt werden - wenn auch unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen, damit nichts auf die Fahrbahn herabfällt. "Fast ohne Sperrungen", schränkte Endres ein, weil die neue Brücke mit der aufwendigen Schalung aktuell noch 1,50 Meter zu hoch ist. 

Später wird die gesamte Konstruktion mit Hydraulikstempeln - "eine Art überdimensionale Wagenheber" - auf die Widerlager abgesenkt. Das passiert voraussichtlich Ende März, dann wird die A6 noch einmal gesperrt - "aber nur für wenige Stunden einer Nacht", betonte Endres. Bis dahin habe man ein sehr straffes Programm.

Da man so eine Autobahnsperrung nicht auf die leichte Schulter nimmt, nutzte man das vergangene Wochenende, um möglichst viele notwendige Arbeiten zu erledigen, die bei fließendem Verkehr zu gefährlich oder schlicht unmöglich gewesen wären: das Fällen geschwächter Bäume an den Böschungen beispielsweise oder das Reinigen von Entwässerungseinrichtungen. Und an der Anschlussstelle Wiesloch/Rauenberg fanden Fräsarbeiten statt, um Induktionsschleifen für Verkehrszählanlagen zu verlegen.

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