Hardheim

Es war mal eine "Kleinkinder-Bewahranstalt"

Vor 150 Jahren schlug die Geburtsstunde des heutigen Gemeindekindergartens "Kindervilla Kunterbunt" in Hardheim.

25.08.2022 UPDATE: 25.08.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Im Jahr 1959 wurde der Neubau des Gemeindekindergartens in der Jahnstraße bezogen, an dem es seitdem mehrere bauliche Veränderungen gab. Foto: Adrian Brosch

Von M. Rechnitzer und A. Brosch

Hardheim. Unter dem heute unvorstellbaren Namen "Kleinkinder-Bewahranstalt" gegründet, wandelte sich der Gemeindekindergarten über die Jahre zur heutigen "Kindervilla Kunterbunt". Vor 150 Jahren schlug die Geburtsstunde – Grund genug für einen Blick in die Chronik.

Der Grund für die Einrichtung eines Kindergartens lag in der seinerzeitigen Bevölkerungsstruktur Hardheims: Die Erftalgemeinde war im späten 19. Jahrhundert – und weit darüber hinaus – noch großteils landwirtschaftlich geprägt, so dass die Familie auf dem Hof mit anpacken musste und sich nicht um die Kinder kümmern konnte.

Lange Zeit wurden die Kinder in Hardheim noch von Klosterschwestern betreut. Unser Bild zeigt Kinder der Jahrgänge 1937 bis 1940. Foto: Archiv

Die Kleinkinderbetreuung war somit ein akutes Problem: Um der misslichen Situation entgegenzuwirken, schlossen die Gemeinde Hardheim und die Anstalt der barmherzigen Schwestern 1872/1873 einen Vertrag. Während Letztere eine Schwester für die Betreuung der zwei- bis sechsjährigen Kinder abzuordnen hatte, sorgte die Gemeinde für die Unterbringung der Gouvernante und zahlte ihr vierteljährlich 80 Gulden "Lehrergeld". Im Gegenzug hatten die Eltern 40 Pfennig pro Monat für die Kinderbetreuung zu entrichten.

Anfangs befand sich die "Kleinkinder-Bewahranstalt" in einem kleinen Raum hinter dem Pfarrhaus. 1902 wurde mit dem Neubau am Schlossplatz begonnen, der bis heute als "Alter Kindergarten" bekannt ist und inzwischen als Vereinslokal fungiert. Im Jahr 1938 wurde der Bau um einen Sanitärbereich in Form von primitiven "Plumpsklosetts" erweitert.

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Zwar ging der Betrieb auch im Zweiten Weltkrieg weiter, doch mangelte es am Spielzeug – für die rund 100 damals untergebrachten Mädchen und Jungen war kaum etwas vorhanden. "Man wurde jedoch mit einem Kasperletheater, Liedersingen sowie kleinen Spaziergängen unterhalten oder wartete, bis man wieder abgeholt wurde", erinnert sich die heute 82-jährige Hardheimerin Margarete Rechnitzer.

Nachdem die sanitären Anlagen 1952 nicht mehr den Hygieneanforderungen genügt hatten, wurden sie saniert. Zeitgleich waren für die Kinderbetreuung, die weiterhin durch eine von Helfern unterstützte Ordensschwester erfolgte, 2,50 D-Mark für das erste Kind, 3,50 D-Mark für das zweite Kind und 4 D-Mark für das dritte Kind zu zahlen.

Sieben Jahre später wurde der Neubau des Gemeindekindergartens in der Jahnstraße bezogen, der im Obergeschoss über einen großen, vielseitig nutzbaren Turnraum verfügt und eine weitläufige Außenanlage aufweist. Bis heute besteht die Einrichtung an jenem Ort: 1970 und 1990/91 erfolgten bauliche Veränderungen, während in der Zeit dazwischen ein grundlegender Strukturwechsel anstand: Nachdem der Vertrag mit den Gengenbacher Ordensschwestern aufgelöst worden war, werden die Kinder bis in die Gegenwart von ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern betreut. Als Leiterinnen des Kindergartens setzten zunächst Helga Bundschuh und später Heike Fischer sowie Ursula Falk Akzente, seit 2013 standen gemeinschaftlich Christian Parth und Doris Steinbach der Anfang der 2000er-Jahre zur "Kindervilla Kunterbunt" umbenannten Einrichtung vor. Aktuelle Leiterin ist Corina Zegewitz. Mit ihr sind derzeit rund 20 Erzieherinnen für die Kinder im Einsatz.

Nachdem Gebäude und Areal immer weiter saniert und durch Modernisierungen den Erfordernissen der Neuzeit angepasst wurden, konnte der Spielplatz im Freien 2017 durch den Zukauf eines weiteren Geländestücks durch die Gemeinde Hardheim vergrößert werden. Als letzte größere Maßnahme wurden erst vor wenigen Wochen (wir berichteten) durch die Eltern zwei Holzpferde im Gartenbereich finanziert, die den Kindern schöne Spielstunden ermöglichen.

Info: Zum 150-jährigen Bestehen veranstaltet die "Kindervilla Kunterbunt" ein Fest mit einem "Tag der offenen Tür" am Sonntag, 23. Oktober.

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