Der Erhalt beider Neckar-Odenwald-Kliniken ist möglich
Ein Gutachten über Zukunft der Krankenhäuser wird im Kreistag vorgestellt. Buchen könnte wachsen, Mosbach verkleinert werden.

Von Rüdiger Busch
Neckar-Odenwald-Kreis. 67,5 Millionen Euro hat der Landkreis allein in den vergangenen zehn Jahren dafür aufgewendet, das Defizit der Kreiskliniken auszugleichen. Für das laufende Jahr befürchtet die Kreisverwaltung einen Verlust von mehr als 10 Millionen Euro. "Derart hohe Ausgleichsleistungen sind für den Neckar-Odenwald-Kreis auf Dauer allerdings nicht darstellbar", heißt es in der Vorlage für die nächste Kreistagssitzung am 24. September in Lohrbach.
Dort wird sich das Gremium mit einem Gutachten befassen, das die Frage beleuchtet, ob und wie die beiden Standorte erhalten werden können. Die Botschaft: Der Erhalt beider Häuser ist möglich. Allerdings nicht im gewohnten Umfang. So sprechen sich die Experten dafür aus, das Krankenhaus in Buchen deutlich auszubauen und zugleich das Mosbacher zu verkleinern.
Die Landkreisverwaltung geht nicht davon aus, dass die geplante Krankenhausstrukturreform des Bundes die schwierige wirtschaftliche Lage der Kreiskliniken grundlegend verändern werde, auch wenn die vorgesehenen Nachbesserungen tendenziell in die richtige Richtung gehen würden.
Vor diesem Hintergrund hatte der Aufsichtsrat der Neckar-Odenwald-Kliniken am 12. Dezember einstimmig beschlossen, einen externen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Den Zuschlag erhielt die Lohfert & Lohfert AG aus Hamburg, eine der führenden Krankenhausberatungen deutschlandweit.
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In dem Gutachten sollten vor allem auch mögliche Restrukturierungsmaßnahmen aufgezeigt, das Medizinkonzept der Zukunft unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) dargestellt und Szenarien für die Auslastung und den Fortbestand der Klinikstandorte entwickelt werden.
Seit August liegt das Gutachten nun vor. Eine erste Präsentation im Beisein des Aufsichtsrats und der Fraktionsvorsitzenden fand am 5. September statt. Die Fachleute kommen darin zunächst zu der wenig überraschenden Feststellung, dass eine erhebliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit nur durch strukturelle Eingriffe in das Portfolio und die Konfiguration der Standorte möglich sei.
Die Gutachter haben fünf Szenarien näher untersucht: vom Erhalt beider Häuser in ihrer bisherigen Form über eine mögliche Umwandlung beider Häuser bis hin zu der Variante, in der eines der beiden Häuser geschlossen wird. Das Gutachten prüfte auch die Schließung beider Standorte zugunsten eines Neubaus in zentraler Lage.
Wie der Vorlage zu entnehmen ist, fällt das Urteil der Gutachter eindeutig aus: Sie bevorzugen die Variante, bei der beide Häuser bestehen bleiben, Buchen dabei als Standort deutlich ausgebaut und Mosbach zu einem sogenannten "sektorenübergreifenden Versorger" oder einer Fachklinik verkleinert wird. Sektorenübergreifenden Versorger sind laut Definition Einrichtungen, die die Trennung zwischen ambulanten und stationären Leistungen aufheben, um eine patientenorientierte und vernetzte Versorgung zu ermöglichen.
Die nächstbesten Varianten seien, so die Gutachter, die Konzentration auf Buchen als Schwerpunktversorger und die Schließung von Mosbach und Mosbach als Schwerpunktversorger und Umstrukturierung von Buchen zu einem sektorenübergreifenden Versorger oder einer Fachklinik. "Allerdings sind beide alternativen Varianten der Vorzugsvariante mit klarem Abstand unterlegen", so die Einschätzung der Experten.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen gehen die Gutachter davon aus, dass bei einer Umsetzung der favorisierten Variante das jährliche Defizit zwar nicht auf Null sinken würde, aber eine Größenordnung von nur noch 2 bis 3,5 Millionen Euro erreichen würde. Das wäre ein jährliches Einsparpotential für den Neckar-Odenwald-Kreis – und somit mittelbar auch für die Städte und Gemeinden – in einer Größenordnung von 7 bis 10 Millionen Euro.
Am 24. September wird das Gutachten erstmals dem Kreistag vorgestellt, die Gutachter selbst werden dann Rede und Antwort stehen. Eine Entscheidung wird in der Sitzung aber noch nichts fallen, betont Landrat Dr. Achim Brötel. Auch von Seiten des Aufsichtsrates der Neckar-Odenwald-Kliniken gebe es noch keine Bewertung der Ergebnisse des Gutachtens. Der Diskussionsprozess solle so transparent wie möglich gestaltet werden. Nun gehe es darum, wie sich der Aufsichtsrat und das Land als zuständige Behörde für die Krankenhausplanung zu dem Gutachten äußern. Erst dann könne eine Entscheidung im Kreistag getroffen werden.
"Wir stehen vor einer schwierigen Entscheidung", sagte Brötel am Freitag dem SWR, "da werden sehr viele Emotionen mit im Spiel sein." Der Landkreis müsse sich aber dennoch diesen unbequemen Themen stellen: "Ob wir wollen oder nicht."