Region Schwetzingen

MVV und EnBW nehmen neuen Anlauf für Geothermie

MVV und EnBW wollen Erdwärme in bestehendes Fernwärmenetz einspeisen - Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg

28.09.2020 UPDATE: 29.09.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Rohrkrepierer: Das Geothermiekraftwerk in Brühl ist am Widerstand der Bürger gescheitert, der Betreiber inzwischen Pleite gegangen. Ob MVV und EnBW die Anlage nutzen können, steht noch nicht fest. Foto: Lenhardt

Von Alexander Albrecht

Region Schwetzingen. Nur noch eine Brache mit einem großen Bohrloch erinnert in der Gemeinde Brühl an ein hochambitioniertes Projekt – das vor 16 Jahren startete, mehr als 16 Millionen Euro verschlang und am Widerstand der Bürger scheiterte. Die inzwischen insolvente Firma Geoenergy wollte mit einer Geothermieanlage heißes Wasser aus der Tiefe nach oben befördern, um über einen Generator umweltfreundlich Strom und Wärme zu erzeugen. Danach sollte es wieder in den Untergrund gebracht werden. Das Ziel: ein Kraftwerk, das mehr als 30 Jahre lang bis zu acht Megawatt Energie für 12.500 Vier-Personen-Haushalte produziert.

Eine erste, 3800 Meter tiefe Bohrung im Jahr 2013 verlief erfolgversprechend, ebenso Tests in Bezug auf Druck und Temperatur des Wassers. Doch inzwischen hatte sich in Brühl und im ebenfalls betroffenen Ketsch die Stimmung gedreht, eine Bürgerinitiative gegen die Anlage gründete sich. Der Grund dafür waren Erdstöße bei Projekten in Landau und vor allem in Staufen, wo viele Gebäude enorme Schäden nahmen.

Der anfangs noch fast euphorische Brühler Gemeinderat stellte sich mehrheitlich gegen das von Bürgermeister Ralf Göck (SPD) verteidigte Kraftwerk, das Landratsamt kassierte den entsprechenden Beschluss aber wieder. Geoenergy ging allerdings Pleite. Eine gerichtliche Entscheidung, ob die Kommune Geld an den Insolvenzverwalter zahlen muss, steht noch aus.

Das war’s für die Geothermie – noch nicht. Die Energiekonzerne MVV und EnBW nehmen nun einen neuen Anlauf und konzentrieren sich dabei auf die Wärmeversorgung. Die Unternehmen haben zudem ein sehr viel größeres, knapp 270 Quadratkilometer großes Gebiet im Oberrheingraben ausgesucht. Es reicht rechtsrheinisch vom Mannheimer Süden bis Reilingen. Tangiert sind auch Teile von Heidelberg, Brühl, Edingen-Neckarhausen, Eppelheim, Hockenheim, Ketsch, Ladenburg, Oftersheim, Plankstadt, Sandhausen, Schwetzingen, Altlußheim und Neulußheim. Dort wollen MVV und EnBW prüfen, wo Geothermie möglich ist. Inzwischen hat das Landesbergamt in Freiburg den Energieversorgern eine entsprechende Konzession erteilt.

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Nach Ende der Klagefrist muss die Behörde unter Beteiligung sämtlicher Kommunen und Fachämter aber noch über die Erteilung einer bergrechtlichen Erlaubnis entscheiden. "Damit ist frühestens bis Ende des Jahres zu rechnen", sagte MVV-Sprecher Roland Kress auf RNZ-Anfrage. Erst dann dürfe mit den geologischen Untersuchungen begonnen werden. "Das sind aber noch keine Bohrungen", erklärte Kress.

Die MVV betreibt bereits ein Fernwärmenetz, das sich mit großen Teilen des Versuchsfelds deckt. Die Energie stammt bislang komplett vom Mannheimer Kohlekraftwerk. Die Erdwärme soll in das bestehende Netz eingespeist und so für die Region und ihre Bewohner nutzbar gemacht werden, sagte Georgios Stamatelopoulos, der Leiter des Betriebs Erzeugung bei der EnBW. Die Technologie leiste einen wesentlichen Beitrag zur "Dekarbonisierung", also weitgehend kohlestofffreien Fernwärme.

Wenn das Bergamt grünes Licht erteilt hat, geologische Untersuchungen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen abgeschlossen worden sind, würden die Genehmigungsanträge für die notwendigen (Probe-)Bohrungen gestellt, erklärte EnBW-Projektleiter Stefan Ertle. An diesem Punkt könnte das Brühler Bohrloch wieder ins Spiel kommen. "Dafür müssen jedoch die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen dort und an allen anderen möglichen Standorten geklärt sein", sagte Kress.

Ein Desaster wie bei Geoenergy wollen EnBW und MVV unbedingt vermeiden. Die Unternehmen kündigen einen "frühzeitigen und transparenten Dialog" mit allen Beteiligten und der Öffentlichkeit an. Dabei stünden Transparenz, Bürgerbeteiligung und Akzeptanz im Vordergrund. "Wir wollen eine Lösung aus der Region für die Region erarbeiten. Voraussetzung ist für uns dabei ein gemeinsamer Wille und ein gemeinsames Ziel mit den beteiligten Kommunen", heißt es in einer Pressemitteilung.

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