"Mehr Herz, weniger Merz"

Hunderte demonstrieren in Heidelberg für "schönes Stadtbild" (Video/Fotogalerie)

Die Kritik an der "Stadtbild"-Aussage des Kanzlers ebbt nicht ab. Nun sind in Heidelberg mehr als tausend Menschen aus Protest gegen die Aussagen von Merz auf die Straße gegangen.

23.10.2025 UPDATE: 23.10.2025 20:15 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Foto: Rothe

Heidelberg. (han/dpa) Nach der umstrittenen Äußerung zu Problemen im "Stadtbild" von CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz sind in Heidelberg laut Polizeiaussagen etwa 1350 Menschen auf die Straße gegangen. Zu der Demonstration unter dem Motto "Für ein schönes Stadtbild" hatte das Queerfeministische Kollektiv Heidelberg und die "Schülis gegen Rechts" aufgerufen.

Sie wollten damit ein Zeichen setzen gegen die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz. Dieser hatte von der Notwendigkeit von Abschiebungen gesprochen, um insbesondere Frauen ein besseres Sicherheitsgefühl zu bieten. Die Veranstalter hatten laut Stadt zuvor mit bis zu 10.000 Teilnehmern gerechnet.

Die Demonstranten trugen Fahnen und selbstgebaute Schilder sowie Banner. "Für Chancengleichheit, Selbstbestimmung und Sichtbarkeit", forderten sie etwa - oder "Kein Schritt nach rechts" und "Lass mal nicht die Demokratie ausMERZen". Die Veranstaltung verlief friedlich, wie ein Polizeisprecher sagte.

Kritik an der Aussage des Bundeskanzlers

Ausgangspunkt für die aktuelle Diskussion ist eine Aussage des Kanzlers zur Migrationspolitik in der vergangenen Woche in Potsdam. Man korrigiere frühere Versäumnisse und mache Fortschritte, sagte er dort. "Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen."

Die Frage, wie er die Aussage gemeint habe, beantwortete er Anfang dieser Woche auf einer Pressekonferenz mit den Worten: "Fragen Sie mal Ihre Töchter." Die würden eine klare Antwort geben. Der Kanzler hatte in den vergangenen Tagen viel Kritik vor allem aus der Opposition, aber auch vom Koalitionspartner SPD und selbst aus der eigenen Partei einstecken müssen.

In London erklärte er nun erstmals genauer, was er gemeint habe: Deutschland benötige auch in Zukunft Einwanderung, vor allem für den Arbeitsmarkt, sagte der Kanzler dort. Im öffentlichen Bild deutscher Städte störten ihn Migranten ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit, die sich nicht an die hier geltenden Regeln halten.

Die Sorge um die Sicherheit von Frauen habe Merz nur "vorgeschoben", so die Teilnehmerinnen Elena Macciò und Merle Horr. "Das ist eine reine Ausrede, eigentlich ist ihm das egal. Ansonsten würde er mehr darüber reden, dass sich Frauen unsicher fühlen." Sie wollten auch generell ein Zeichen "gegen den Rechtsruck" setzen, so die Studentinnen.


Kein Vergleich

Ein Kommentar von RNZ-Chefredakteur Klaus Welzel zum Stadtbild-Protest

Als die AfD mit millionenfacher Ausweisung drohte, brachte das Zigtausende auf die Straße. Die Botschaft war klar: Wenn wir regieren, müssen alle, die nicht in Deutschland geboren sind, aber hier leben, mit "Remigration" rechnen. Ganz im Sinne der NS-Ideologie sollte es sogar die Kinder und Enkel von Einwanderern treffen.

Diese Ansage war Rassismus pur – sie wäre alleine für sich genommen ausreichend Anlass, dieser Partei die staatliche Finanzierung zu entziehen. Ein Verbot ist ohnehin überfällig. Dennoch hat die Empörung der Mehrheit den Rechtsextremisten an der Wahlurne nicht geschadet. Im Gegenteil.

Diese dunkle Episode ist nicht vergleichbar mit der Diskussion um Friedrich Merz. Der Kanzler bleibt bei seinen "Stadtbild"-Äußerungen inhaltlich bewusst unscharf. Er deutet an, bedient Klischees von den in Gefahr geratenen Töchtern. Das ist effekthascherisch und im Grunde schlechter Stil.

Aber Merz weiß damit nicht nur den AfD-Anteil in der Bevölkerung hinter sich, sondern auch Teile der politischen Mitte. Für eine große, nachhaltige Mobilisierung auf der Straße sorgt Merz mit seinen Äußerungen deshalb nicht. Die Proteste – wie gestern in Heidelberg – fallen vergleichsweise bescheiden aus. "Gegen Merz" zu demonstrieren – das wollen eben doch nur wenige.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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