Klima-Arena-Eröffnung

Kanzlerin Angela Merkel hat in Sinsheim noch was gelernt

Merkel verteidigte in ihrer Rede das Maßnahmenpaket der Bundesregierung - Hopp geißelte Massentierhaltung

07.10.2019 UPDATE: 08.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden

Offizieller Startknopf: Winfried Kretschmann, Angela Merkel und Dietmar Hopp eröffneten die Klima-Arena. Foto: Siegfried Lörz

Von Alexander Albrecht

Sinsheim. Der Amazonas-Wald brennt weiter, das freigesetzte CO2 heizt die Erde zunehmend auf. Der Klimawandel setzt sich rasant fort, die dramatischen Bilder aus Südamerika sind noch präsent. Wie schlecht es dem Planeten einmal geht, konnte Dietmar Hopp vor fünf Jahren nur ahnen, als ihn ein Experte auf die Idee brachte, mit dem Geld seiner Stiftung in ein Haus zu investieren, das vor dem bedrohlichen Wandel des Klimas warnt. "Ich habe an meine Enkel gedacht. Und mir überlegt, in welcher Welt sie aufwachsen werden", erinnert sich der 79-jährige Mäzen am Montagvormittag beim Festakt zur Einweihung der Klima-Arena in Sinsheim.

Dass der Niedergang des Amazonas-Walds als globale grüne Lunge in der Ausstellung thematisiert wird, wirkt angesichts der Entstehungsgeschichte des Projekts visionär. "Fast schon gruselig", nennt es Landrat Stefan Dallinger, Vorsitzender des Stiftungsrates der Klimastiftung für Bürger. Hopp ist bewusst, wie polarisierend der Klimawandel diskutiert wird. Die Debatte auf Fakten stellen, Aufklärung betreiben und "sogenannte Experten" schwächen, die die Folgen des CO2-Ausstoßes beschönigten oder herunterzuspielen versuchten. Diesen Beitrag soll die Klima-Arena leisten.

Hintergrund

Daten und Fakten zur Klima-Arena in Sinsheim:

> Träger: Klimastiftung für Bürger mit Sitz in Sinsheim, gegründet im September 2014 durch die Dietmar-Hopp-Stiftung

> Themenfelder: Wohnen/Energie, Mobilität, Wirtschaftsraum Natur,

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Daten und Fakten zur Klima-Arena in Sinsheim:

> Träger: Klimastiftung für Bürger mit Sitz in Sinsheim, gegründet im September 2014 durch die Dietmar-Hopp-Stiftung

> Themenfelder: Wohnen/Energie, Mobilität, Wirtschaftsraum Natur, Lebensraum Natur, Lebensstil und Konsum, Klimawandel/Energiewende

> Ausstellungsfläche innen: 1400 Quadratmeter

> Ausstellungsfläche außen: 12.000 Quadratmeter

> Investition: 39,7 Millionen Euro

> Heizung/Kühlung: eine Sole und eine Wasser-Elektrowärmepumpe mit Luftkollektoren, Solarthermieanlage für Heizwasser, abiatische Kühlung (Verdunstungskühlung), unterirdischer Eisspeicher von Wärme aus Luftkollektoren zur Nutzung der Kristallisationswärme beim Übergang von Wasser zu Eis

> Spatenstich: 5. Oktober 2017

> Richtfest: 12. Juli 2018

> Eröffnung: 7. Oktober 2019 (cab)

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Welch hohen Stellenwert die Politik der drohenden Ökokatastrophe inzwischen beimisst, zeigt der Besuch des Ministerpräsidenten und der Kanzlerin. Moderator Fero Andersen kündigt die Frau an, "die genau weiß, dass es nur eine Erde gibt". Und nutzt die Gelegenheit, sich von den zahlreichen Fotografen gemeinsam mit Merkel ablichten lassen. "Wann hat man noch einmal die Möglichkeit?" Trocken meint Merkel: "Das hätten wir später auch unauffällig machen können." Die 180 Ehrengäste johlen. Doch zum Spaßen ist der Kanzlerin nicht zumute. Die Medien berichten am Morgen, dass die Bundesregierung ihr Klimaschutzkonzept abschwächen will.

Energisch tritt Merkel diesen Nachrichten entgegen. Der eigentliche Anlass ihres Besuchs, das Informationszentrum, gerät in ihrer Rede zur Nebensache. Manchmal scheine es Menschen zu geben, "die wissen, bevor man’s veröffentlicht hat, was drinsteht", sagt die Kanzlerin im sonnengelben Blazer mit ernster Miene. Sie selbst werde dafür Sorge tragen, dass in dem Klimaschutzgesetz die Überwachung der beschlossenen Maßnahmen "glasklar" verankerte werde, verspricht Merkel. Dieses "Monitoring" solle verlässlich und nachprüfbar sein.

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Merkel hält an dem "sehr ambitionierten Ziel" fest, den CO2-Verbrauch in Deutschland bis 2030 um 55 Prozent zu senken und den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf zwei Drittel auszubauen. Die für nächstes Jahr angepeilte Einsparung von 40 Prozent werde man dagegen wahrscheinlich verfehlen. Der Verkehrsbereich bleibe ein "Sorgenkind": "Trotz aller Innovationen hat es seit 1990 keine nennenswerte Reduktion von Treibhausgasen gegeben", betont Merkel Für klimaschädliche Energie würden "Preissignale" gesetzt. Sie sollten anfangs moderat sein, "damit wir die Menschen mitnehmen."

Merkels Laune hebt sich, als sie gemeinsam mit Dietmar Hopp und Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf den "roten Knopf" drückt und die Ausstellungshalle mit Licht erfüllt. Anschließend machen sich die drei zum "Gletscher" auf und unternehmen eine Zeitreise ins Jahr 2100. Der Amazonas-Wald ist endgültig verschwunden, die Menschen leben unter Glaskuppeln, weil die Atmosphäre nicht mehr zu retten war. Sichtlich beeindruckt gehen Merkel und ein Teil der Ehrengäste danach "shoppen". An der "Kasse" des virtuellen Supermarkts der Zukunft huscht der Kanzlerin ein Lächeln übers Gesicht. Und auch eine frühere Umweltministerin lernt noch dazu. "Wir waren alle überrascht, dass für den Transport von Fisch in unsere Region so viel CO2 verbraucht wird", verrät der Sinsheimer Oberbürgermeister Jörg Albrecht hinterher.

Die Kanzlerin habe Hähnchen geordert. Eine gute Wahl: 100 Gramm Hähnchenfleisch verursachen 370 Gramm CO2 - dieselbe Menge Rind hingegen mehr als ein Kilo. Hopp hat bereits vor geraumer Zeit seine Konsequenzen gezogen. "Ich esse so gut wie kein Fleisch mehr, weil die Massentierhaltung einiges zum Klimaproblem beiträgt", sagt der Mäzen. "Das können Sie gerne meine Frau fragen", ergänzt der Stifter. Gattin Annelie Hopp in der ersten Reihe nickt heftig. Ihr Mann erzählt auf der Bühne, dass er im Haushalt Strom und Wasser spart. Sein, wie Hopp sagt, kleiner Beitrag zum großen Ziel. Verbunden mit dem Appell, dass jeder aktiv werden sollte.

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