Füttern im Winter

So bereitet man den Vögeln im Garten eine "wahre Snackbar"

Vogelexperte Kurt Klemm appelliert an Gartenbesitzer, beerentragende Stauden und Hecken nicht zurückzuschneiden

11.11.2020 UPDATE: 12.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Im Winter kommen viele Vögel wie diese Amsel in den Garten, wenn ihnen Beeren serviert werden. Foto: Wittek

Von Hannelore Schäfer

Heddesheim. "Vogelgezwitscher ist die schönste Gartenmusik", ist Kurt Klemm überzeugt. Der Naturschutzbeauftragte des Vereins der Vogelfreunde und -pfleger Heddesheim ist ein profunder Kenner der heimischen Vogelwelt. Gerade jetzt können Gartenbesitzer seiner Auffassung nach einiges tun, um den Vögeln auch in dieser Jahreszeit mit einem natürlichen Nahrungsangebot den Tisch zu decken. Vor allem die beerentragenden Stauden und Hecken sollten jetzt nicht zurückgeschnitten werden, sie sind eine wahre Snackbar für Vögel, weiß Klemm.

Sie dienten nicht nur als Futterquelle für Seidenschwänze und Rotdrosseln, die in der kälteren Jahreszeit als Futtergäste aus dem hohen Norden zu uns kommen, es profitierten auch heimische Weichfutterfresser wie Rotkehlchen und Amseln davon. Eine ideale Nahrungsquelle für Vögel stellen unter anderem Schwarzer Holunder oder Weißdorn dar.

Hintergrund

Jetzt im Herbst ist Pflanzzeit für blühende Wildstauden, stellt der Naturschutzbund fest. Die prächtigen Stauden lassen sich je nach Farbvorliebe arrangieren und bieten Insekten ein reiches

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Jetzt im Herbst ist Pflanzzeit für blühende Wildstauden, stellt der Naturschutzbund fest. Die prächtigen Stauden lassen sich je nach Farbvorliebe arrangieren und bieten Insekten ein reiches Nahrungsangebot. "Wer wenig Zeit hat, kann mit einem Wildstaudengarten ein blühendes, buntes und summendes Paradies schaffen. Und damit dem rasanten Verlust der Artenvielfalt vor unserer Haustüre etwas entgegensetzen", sagt Christiane Kranz vom Nabu Rhein-Neckar-Odenwald und gibt Tipps zum Anlegen eines Wildstaudenbeets.

> Sonnigen Standort im Garten auswählen und Beet frei räumen – also die Grasnarbe und unerwünschte Wildkräuter entfernen und den Boden lockern. Naturstauden-Fachmarkt besuchen oder beim Fachhandel online bestellen.

> Pro Quadratmeter werden etwa vier bis sechs Pflanzen benötigt. Dabei die Wuchshöhe berücksichtigen. Vor Wänden oder Zäunen die höheren Stauden nach hinten setzen, ansonsten in die Mitte des Beetes. Vor dem Einsetzen die Wurzelballen in einem Eimer wässern und später im Beet gut angießen.

> Die Stauden erst im Frühjahr zurückschneiden, so haben Insekten im Winter Unterschlupf und Vögel finden Nahrung. Wer Platz hat, kann bei der Auswahl darauf achten, dass im Jahresverlauf immer etwas blüht.

> Als Leitstauden gut geeignet sind Großblütige Königskerze, Schafgarbe, Gelber Eisenhut, Gewöhnliche Akelei, Diptam, Natternkopf und Moschusmalve. Als kleinere Begleitstauden eignen sich Blutstorchschnabel, Glocken- und Flockenblume oder Wiesensalbei. Bodendecker für den Rand sind Kriechender Günsel, Walderdbeere oder Filziger Frauenmantel. Auch blühende Küchen-Kräuter wie Thymian und Salbei lassen sich gut in ein Staudenbeet integrieren und liefern gleichzeitig leckere Gewürze für die Küche. (sha/zg)

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Die aus den Blüten entstehenden roten Beeren des Weißdorns haften bis in den Winter am Strauch und halten somit auch in der kalten Jahreszeit etwas zum Anpicken für gefiederte Gartenbesucher bereit. "Die schwarzen Holunderbeeren schmecken indes nicht nur den Vögeln, sie eigenen sich auch gut für Saft und Marmelade", weiß Klemm. Körnerfresser bevorzugen wiederum die Samen diverser Korbblütler. Gerne aufgepickt werden Sonnenblumen, die ein beliebtes Gastmahl darstellen. "Und wer die Natur mit samt ihren Lebewesen schätzt, der legt keine "Gärten des Grauens" an, sagt Klemm. Gemeint sind die zugeschotterten Steingärten, in denen alles Leben versiegt. Der Vers "viel Steine gab’s und wenig Brot", habe hier seine ganz besondere Bedeutung, bedauert der Heddesheimer den unschönen Trend zum pflegeleichten Vorgarten.

"Lieber mal etwas Unordnung im Garten wagen, anstatt akkurater Steinwüsten", rät Klemm. Aufgrund des Rückgangs der natürlichen Nahrungsquellen plädiert der Vogelfreund für die ganzjährige Zufütterung. "Die Koryphäe unter den deutschen Ornithologen, Professor Peter Berthold, rät schon seit vielen Jahren zu solchen Maßnahmen", betont Kurt Klemm. Gerade jetzt biete es sich an, Futterstellen einzurichten, damit sich die gefiederten Gäste an den Futterplatz gewöhnen und bei Bedarf darauf zurückgreifen können. Durch die intensive Landwirtschaft, den Einsatz von Pestiziden sowie dem permanenten "Aufräumen" in den Hausgärten schwinde das Nahrungsangebot der Vögel ganzjährig.

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Kurt Klemm mit einem Turmfalken, den Passanten in seine Obhut gegeben haben. Foto: Schäfer

Für verschiedene Vogelarten benötige man natürlich auch verschiedene Futtersorten. Geeignet sind fetthaltige Flocken und Sämereien, aber auch zerkleinerte Nüsse (Walnüsse, Haselnüsse und ungesalzene Erdnüsse). Das Aufstellen einer flachen Schale mit Wasser erweist sich ebenfalls als sinnvolle Maßnahme. "Wenn Vögel nach Wasserstellen suchen müssen, verbrauchen sie eine Menge Energie", weiß Klemm. Das von Professor Peter Berthold und Gabriele Mohr verfasste und zwischenzeitlich überarbeitete Buch "Vögel füttern, aber richtig" empfiehlt Kurt Klemm als kleine nützliche Lektüre für Vogelfreunde.

Der Heddesheimer zählt nicht nur zu den profundesten Kennern der regionalen Vogelwelt, er springt auch oft als Ersatzpapa für verwaiste Jungvögel ein. Verletzten oder kranken Vögeln hilft er nach Möglichkeit auf die Beine, um sie nach erfolgreicher Genesung wieder auszuwildern. Zu Letzteren zählte kürzlich ein Turmfalke. Der ziemlich mitgenommene und umherirrende Greifvogel war von Passanten in Heddesheim entdeckt worden, die daraufhin Kurt Klemm verständigten. Der Naturfreund nahm den schwächelnden Mäusejäger unter seine Fittiche.

Mit kleinen Stückchen von Hühnerherzen päppelte er den Vogel wieder auf. "Ich war ganz erstaunt, wie zutraulich der Wildvogel war. Er sah in mir offenbar einen Helfer", registrierte Klemm. Nach Rücksprache mit einem Tierarzt sei wohl eine vergiftete Maus Ursache des Übels gewesen, mutmaßte Klemm.

Nachdem der Turmfalke dank guter Pflege wieder bei Kräften war, nahm sich Wolfgang Dreier vom Nabu Mannheim des Vogels an. Er brachte ihn zu einer Auswilderungsstation nach Bruchsal, wo er auf die Rückkehr in die Freiheit vorbereitet wird.

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