Schießerei in Konstanz

Woher kam das Sturmgewehr?

Nach der tödlichen Schießerei in Konstanz untersucht die Polizei die Herkunft der Tatwaffe - Täter soll mit Türstehern gestritten haben

31.07.2017 UPDATE: 01.08.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Zwei Sturmgewehre liegen am 30.07.2017 während einer Pressekonferenz in Konstanz am Boden. Ein Mann tötete nach einem Streit in einer Diskothek den Türsteher mit einem Sturmgewehr, der mutmaßliche Täter starb wenig später, nachdem er sich einen Schusswechsel mit der Polizei geliefert hatte. Foto: Eibner/dpa

Von Kathrin Drinkuth

Konstanz. Mit einem Sturmgewehr hat ein 34-Jähriger vor einer Diskothek in Konstanz um sich geschossen - am Tag nach der Bluttat konzentrieren sich die Ermittler vor allem auf die Herkunft der Waffe. Das Gewehr werde von einer Sonderkommission intensiv untersucht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. So werde etwa abgeklärt, ob die Waffe aus Armeebeständen stamme oder aus einzelnen Teilen, die der Täter sich möglicherweise im so genannten Darknet beschafft hatte.

Der 34-Jährige hatte am Sonntagmorgen gegen 4.30 Uhr an einer Diskothek in Konstanz um sich geschossen. Ein Türsteher, mit dem er zuvor in Streit geraten war, wurde getötet. Wie die Polizei am Montag weiterhin mitteilte, soll es im Vorfeld des Angriffs einen Streit zwischen dem späteren Schützen und Security-Mitarbeitern gegeben haben. Grund: Der Mann durfte die Diskothek nicht mehr betreten, nachdem er zuvor dort randaliert hatte, hieß es in einer Mitteilung der Polizei vom Montagabend. Entschieden habe das der Schwager des späteren Angreifers.

Hintergrund

Lebensretter aus Titan

Eine Kerbe im Helm verdeutlicht, mit welcher Wucht das Geschoss aus dem Sturmgewehr des Angreifers auf den Kopfschutz des Polizisten geprallt ist: Bei der Schießerei vor einer Disco in Konstanz hat ein etwa zwei Kilogramm

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Lebensretter aus Titan

Eine Kerbe im Helm verdeutlicht, mit welcher Wucht das Geschoss aus dem Sturmgewehr des Angreifers auf den Kopfschutz des Polizisten geprallt ist: Bei der Schießerei vor einer Disco in Konstanz hat ein etwa zwei Kilogramm schwerer Helm dem Beamten vermutlich das Leben gerettet.

Entscheidend ist die Beschaffenheit aus Titan, einem sogenannten Übergangsmetall mit hoher Festigkeit. Es leitet die Aufschlagsenergie des Projektils zur Seite ab und verhindert, dass sich der Kopfschutz massiv nach innen verformt.

Andere Helme etwa aus dem Kunststoff Polyethylen oder aus zähen Aramidfasern schützen zwar ebenfalls gegen Splitter und sind leichter als ein Titan-Kopfschutz. Ihre Wirkung bei Kugelbeschuss gilt aber als begrenzt, da sie sich stärker nach innen verformen. Die Verformung kann zu mitunter tödlichen Kopfverletzungen führen.

Unter dem Eindruck der Amokläufe in Erfurt (2002) und Winnenden (2009) hatte Baden-Württemberg 2011 als erstes Bundesland auch für Streifenpolizisten die sogenannten ballistischen Helme angeschafft. Seitdem liegen sie in Einsatzfahrzeugen.

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Danach habe der sich mit einem Taxi heimfahren lassen, wo er sich bewaffnet habe. Den Taxifahrer habe er gezwungen, ihn erneut in die Diskothek zu fahren. "Auf dem Parkplatz der Diskothek angekommen, stieg der 34-Jährige aus und gab laut Augenzeugen bereits im Freien und kurz darauf auch im Eingangsbereich des Gebäudes mehrere Schüsse ab, durch die ein Türsteher tödliche und vier weitere Personen zum Teil schwere Verletzungen erlitten", teilte die Polizei mit.

Der Mann habe nicht weiter in den Club vordringen können, weil die Tür zur eigentlichen Diskothek rechtzeitig geschlossen wurde. Schließlich traf der 34-jährige auf die eintreffenden Polizisten. Sofort habe er das Feuer eröffnet. Dabei erlitt ein Polizist schwere Verletzungen. Nach dem Schusswechsel mit den Beamten starb auch der Angreifer im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

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Die Polizei bestätigte eine Mitteilung des in Konstanz erscheinenden "Südkurier" (Dienstag): Dem verletzten Polizisten wurde eine Patrone aus dem Kopf entfernt. Der 29 Jahre alte Beamte habe den Eingriff gut überstanden, er sei nach der Operation wieder ansprechbar, meldet die Zeitung.

Lebensrettende Schutzkleidung: Der Helm eines Polizisten mit einem Einschußloch.

Am Tag nach dem Verbrechen waren die Spuren des tödlichen Schusswechsels noch immer sichtbar: An der Eingangstür der Diskothek "Grey" klaffte ein großes Einschussloch im Glas, auf dem Parkplatz vor dem Club sicherte die Polizei weitere Patronenhülsen. Wie viele Schüsse gefallen seien, könne man derzeit noch nicht sagen - es gebe jedoch ein leeres Magazin mit rund 15 bis 20 Schuss.

Neben der Waffe untersuche die Sonderkommission auch die genauen Hintergründe der Tat, sagte der Sprecher weiter. So werde etwa das Verhältnis zwischen dem Täter und seinem Schwager - der den Club "Grey" vor Ort für eine Gesellschaft leitete - untersucht.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach von "Glück im Unglück". "Es ist wirklich schlimm genug, aber nicht zuletzt aufgrund des schnellen und konsequenten Eingreifens der Polizei ist noch ein denkbar viel größeres Unglück vermieden worden", sagte der CDU-Politiker.

Nach bisherigen Ermittlungen der Polizei handelte der Angreifer als Einzeltäter, einen Terror-Hintergrund gibt es den Behörden zufolge nicht. Der 34-Jährige irakisch-kurdischer Herkunft war als Kind im Jahr 1991 nach Deutschland gekommen. Er ist vorbestraft unter anderem wegen Körperverletzung und Drogendelikten.