Freiwillige Feuerwehren

Heidelberger Carl Metz ist der Gründervater der Freiwilligen Feuerwehren

Carl Metz wurde zu einem der erfolgreichsten und fortschrittlichsten Fabrikanten für Feuerwehrtechnik

10.07.2018 UPDATE: 14.07.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 57 Sekunden
Carl Metz  Fotos: Rosenbauer​

Von Timo Teufert

Heidelberg. Vier Tage lang wütet im Mai 1842 ein Großbrand in Hamburg und zerstört dabei weite Teile der Altstadt. 51 Menschen kommen bei der Feuersbrunst ums Leben, 20.000 werden obdachlos und verlieren ihr gesamtes Hab und Gut. Insgesamt 1700 Häuser in 41 Straßen werden durch den Großen Brand zerstört, 102 Speicher werden ebenso ein Raub der Flammen wie drei Kirchen, das Rathaus und die Börse. Die Ereignisse aus der Hansestadt verbreiten sich wie ein Lauffeuer im Land, auch im Südwesten kommen die Schreckensmeldungen an. Sie lassen in dem damals 23-jährigen Mechaniker Carl Metz, der als Leiter der Heidelberger Werkstatt bei der Badischen Staatsbahn arbeitet, einen Plan reifen: Er will seine Kenntnisse im Maschinenbau für die Entwicklung neuer Geräte und die Feuerwehr-Organisation einsetzen.

Vor diesem Hintergrund wird der junge Mechaniker zu einem der erfolgreichsten und fortschrittlichsten Fabrikanten für Feuerwehrtechnik und gilt heute als Gründungsvater der Freiwilligen Feuerwehren. In diesem Jahr würde Carl Metz seinen 200. Geburtstag feiern, ihm zu Ehren findet deshalb bis zum 22. Juli der Landesfeuerwehrtag in Heidelberg statt.

Der Brand in Hamburg macht die Probleme deutlich: Eine organisierte Feuerbekämpfung, wie wir sie kennen, gibt es nicht. Städte und Gemeinden schaffen zwar Löschgeräte an, das Löschen überlassen sie aber den ungeübten Bewohnern. In Hamburg hatten die Löschgeräte bislang immer ausgereicht. Nun aber begünstigen die dichte Bebauung, die vollen Speicher, die anhaltende Trockenheit und starke Südwest-Winde die verheerende Ausbreitung der Flammen. Zudem sind Organisation, Technik und Taktik der "Hamburgischen Löschanstalten" dem großen Feuer nicht gewachsen.

Das will Carl Metz, der am 5. August 1818 in Heidelberg geboren wurde, ändern. Nach seiner Lehre in Mannheim absolviert er seine Volontärszeit bei zwei Maschinenfabriken, 1841 zieht es ihn zurück in die Heimat. Doch schon nach einem Jahr bei der Badischen Staatsbahn, aufgerüttelt von den Ereignissen in Hamburg, gibt er seinen sicheren Arbeitsplatz auf. Mit nur 24 Jahren macht sich Metz selbstständig und gründet in der heutigen Heiliggeiststraße in der Heidelberger Altstadt eine "Fabrik hydraulischer Maschinen, Eisen- und Messing-Gießerei", um Feuerspritzen herzustellen.

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Die erste Automobil-Feuerwehrspritze von Carl Metz wird 1909 gebaut. Zu diesem Zeitpunkt war die Produktion bereits nach Karlsruhe verlagert.

Als Metz mit der Produktion beginnt, gibt es keine brauchbaren Beschreibungen oder Berechnungsgrundlagen für die Konstruktion von Pumpensystemen für die Feuerwehr. "So kann sich Carl Metz zu Beginn seiner Tätigkeit auf keine von anderer Seite erarbeiteten theoretischen Grundlagen stützen, sondern ist auf sich gestellt", heißt es in der Firmenchronik. Seine Erfahrungen aus dem Maschinenbau überträgt er auf den Spritzenbau, löst sich damit von den klobigen Vorbildern seiner Zeit und geht zum Leichtbau über. Noch im Gründungsjahr seiner Firma baut er leichte, tragbare Spritzen auf zweirädrigen Karren.

Doch Metz merkt schnell, dass es mit dem Bau von Löschgeräten nicht getan ist. Vor allem, wenn die Verantwortlichen in Städten und Gemeinden nicht bereit sind, Geld in die Sicherheit ihrer Bürger zu investieren. Um Brände schnell und zielgerichtet bekämpfen zu können, braucht es auch Menschen, die sich für die Aufgabe im Brandschutz begeistern - eingeordnet in eine disziplinierte Organisation. Auch eine zeitgemäße technische Ausrüstung mit Maschinen und Geräten sowie eine gründliche Ausbildung und ein sinnvolles Zusammenwirken von Mensch und Maschine gehören für Metz dazu.

Aber wo sollen die Löschmannschaften rekrutiert werden? Metz, der sich selbst während seiner Volontärszeit einer Turnerschaft angeschlossen hatte, findet in den ab Juni 1842 entstehenden Turnvereinen Mitstreiter für seine Idee. "Seit dem Jahr 1843 habe ich mir die Bildung solcher Vereine zur Aufgabe gemacht und mit aller Kraft und den mir zu Gebot stehenden Mitteln darauf hingearbeitet", erklärt Metz in einer seiner Veröffentlichungen. Er ist überzeugt, dass Maschinen nur ein Hilfsmittel zur Brandbekämpfung sind, der Sieg über das Feuer aber nur durch den persönlichen Kampf errungen werden kann. Darum trainiert er seine Belegschaft in soldatischer Weise, macht die Arbeiter mit allen Handgriffen an den Spritzen vertraut und rückt mit ihnen zu Bränden in der Stadt aus. Die Metz’sche Feuerspritze ist stets als erstes vor Ort, Metz selbst bekämpft die Flammen mit dem Strahlrohr. So wird die Werkswehr - das Metz’sche Feuer-Pikett - die erste Feuerwehr für Heidelberg.

Wie seine Mitarbeiter schult Metz bei der Lieferung auch Freiwillige im Umgang mit den Geräten. So verkauft er in den ersten zwei Jahren bereits 50 Spritzen. In Durlach erkennt 1846 der Stadtbaumeister Christian Hengst, dass die neue Spritze nur in der Hand einer gut eingeübten Mannschaft der Stadt vollen Nutzen bringen kann und greift den Vorschlag von Metz zur Gründung eines "Löschvereins" auf. So entsteht die erste, militärisch organisierte Freiwillige Feuerwehr nach dem System von Carl Metz. Ein Jahr später gründet sich auch in Heidelberg eine "Turnfeuerwehr". Bis 1851 entstehen 46 Freiwillige Wehren nach Metz’schem Vorbild in Baden, Hohenzollern, Württemberg, Sachsen und Bayern.

Auch wenn die Feuerspritzen von Metz als fortschrittlich gelten - den endgültigen Aufstieg in die erste Liga der Spritzenhersteller schafft Metz erst 1855: Bei der Weltausstellung in Paris stellt er bei einer Demonstration seiner Spritze alle Konkurrenten in den Schatten und wird dafür mit der goldenen Ehrenmedaille ausgezeichnet. Für seine Firma bedeuten die Auszeichnungen - bei der Industriemesse 1854 in München errang Metz die große Gedenkmünze - einen steilen Aufstieg: Durch die Erfolge wächst das Vertrauen, auch im Ausland, und es mehren sich bedeutende Aufträge. 1861 verlässt die 400. Löschmaschine das Heidelberger Werk. Die steigenden Stückzahlen zwingen den Fabrikanten zur Einführung von Werksnormen. So entwickelt er ein einheitliches Schraubgewinde für Schläuche, das sogenannte Metz-Gewinde, das in mehreren Ländern Standard wird.

Zum 30. Jahrestag der Fabrikgründung am 2. November 1872 stellt Metz seine 1000. fahrbare Löschmaschine fertig und feiert mit einer öffentlichen Spritzenprobe und einem Festbankett. Metz leidet zwar an einer unheilbaren Krankheit, das hindert ihn aber nicht daran, jeden Tag in die Fabrik zu gehen. In der Nacht des 31. Oktobers 1877 stirbt er mit 59 Jahren, der Leichenzug zum Bergfriedhof sei "nicht enden wollend" gewesen, heißt es in der Heidelberger Zeitung. Metz’ Frau Babette, sein Bruder Franz sowie die Söhne Carl und Adolf führen die Fabrik fort. Im November 1905 übernehmen die Brüder Alfred und Karl Bachert und eröffnen eine Produktionsanlage in Karlsruhe. Dieses Werk wächst. 1909 wird hier das erste automobile Tanklöschfahrzeug gebaut, 1912 die erste Automobildrehleiter. In Heidelberg sind seit 1907 nur noch Büro und Lager, 1932 werden auch diese Einheiten umgezogen und die Firma Metz in Heidelberg damit Geschichte.