Schwedischer Punk-Rock

Für The Hives ist Erwachsenwerden ein Horror

Mit ihrem neuen Album greifen The Hives nach der Punkrock-Krone. Sänger Pelle Almqvist über das Altern, Anzüge und Abba.

28.08.2025 UPDATE: 28.08.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 9 Sekunden
Platz da: Pelle Almqvist (Mitte) und seine Mannen inszenieren sich als Punkrock-Royals. Foto: Bradshaw​

Von Steffen Rüth

In mehr als 30 Jahren haben The Hives ihre explosive Musik nur marginal verändert. Auch die neuen Songs der Schweden aus Fagersta schallen wieder hymnisch und erfrischend renitent aus den Boxen. "The Hives Forever Forever The Hives" heißt es schön unbescheiden auf dem Cover ihrer Platte, mit der sich die Band um Pelle Almqvist selbst zu Königen krönt. Warum hat der 47 Jahre alte Frontmann unserem Mitarbeiter Steffen Rüth in London erzählt

Pelle, heute ist Montag. Hattest du ein angenehmes Wochenende?

Pelle Almqvist: Ehrlich, es war göttlich. Ich war mit Freunden Waldbeerkuchen essen, danach sind wir in die Sauna gegangen und ins Meer gesprungen. Heute Nacht habe ich dann geschlafen wie ein Baby und bin am Vormittag entspannt hierhergeflogen. Für die meisten Menschen sind freie Sonntage ja etwas ganz Normales. Für uns hingegen sind sie, speziell im Sommer während der Festivalsaison, eher selten.

Die Ruhe ist freilich nicht von Dauer. Diese Woche veröffentlicht ihr euer neues Album "The Hives Forever Forever The Hives". Auf dem Cover tragt ihr Kronen und wallende Gewänder. Wieso das?

Weil die Platte so laut, so bombastisch und so spektakulär ist. Das wollten wir mit einem angemessenen Bild unterstreichen.

Die neue Scheibe folgt nur zwei Jahre nach "The Death Of Randy Fitzsimmons". Davor habt ihr weit längere Pausen zwischen euren Alben eingelegt. Habt ihr auf die alten Tage wieder richtig Bock?

"Randy Fitzsimmons" und "The Hives Forever" sind sozusagen Geschwister, weil wir die Hälfte der neuen Songs schon für das vorherige Album geschrieben hatten. Die Idee bei "Randy" war, dass wir nach elf Jahren Albumpause mit hartem jugendlichem Punk zurückkommen. Wir hatten Angst, dass die Leute sagen könnten, wir wären in der Zwischenzeit erwachsen geworden. Eine Horrorvorstellung! Wir sind überzeugt, dass Rock ’n’ Roll und Reife absolut nicht zusammengehören.

Nun ist aber auch "The Hives Forever" ziemlich punkig, wenn man sich Stücke wie "Paint A Picture" oder "O.C.D.O.D." anhört.

Ja, ja, ich weiß, das ist der Witz. Unser Ansinnen war, ein großes Album mit richtig epischen Songs aufzunehmen. Aber herausgekommen ist schon wieder Punk. Gut möglich, dass es unser punkrockigstes Album aller Zeiten ist. Aber macht ja nichts. So klingen wir jetzt eben unbeabsichtigt rau, ungestüm und direkt.

Ihr habt 1993 als Teenager mit den Hives angefangen. Hattet ihr damals einen klaren Plan vor Augen?

Die beste Rockmusik wird meist von Teenagern gemacht. Aber das galt nicht für uns. Als Kinder konnten wir gar nichts, wir hatten bloß unseren Spaß. Später lernten wir, besser zu spielen und identifizierten uns fortan als Rock-’n’-Roll-Band. Die Leute mochten uns, alles war cool. Ist es noch immer. Mal ehrlich, wir haben null Druck, aber alle Freiheiten. Wir können machen, was wir wollen. Nur ein erwachsenes Album machen, das können wir scheinbar nicht. Wir werden uns auf unsere alten Tage wohl nicht mehr in schnulzige Adult-Rock-Typen verwandeln. Aus mir wird kein Eros Ramazzotti mehr werden. (lacht)

Was warst du für ein 14-Jähriger?

Ein ziemlich ätzender. Ein kleiner Mistkerl muss ich sagen. Ich war die ganze Zeit total contra, einfach gegen alles. Wenn jemand sagte, diesen oder jenen Film oder was auch immer fände er gut, fand ich ihn fast zwanghaft scheiße. So ging ich durch meine Jugend. Zu meinem Glück fand ich die Rockmusik, wo ich meine Kontraeinstellung ausleben konnte. Mein Bruder spielt auch bei den Hives. Unsere Eltern waren glücklich, als wir Rockmusik als unser Ventil für den ganzen Frust entdeckten.

Warst du ein Rebell?

Das klingt so edel. Ich war eher ein Blödmann. Aber durch die Musik wurde ich ausgeglichener. In der Band konnte ich mich abreagieren. So wurde ich umgänglicher.

Du trägst heute Stoffhose und ein schickes weißes Hemd. In diesem Aufzug könntest du eigentlich auch als Banker im Büro sitzen.

Wir haben uns früh in unserer Karriere entschieden, dass wir nicht derbe abgefuckt aussehen müssen, um lauten Rock ’n’ Roll zu spielen. Wir lassen auf der Bühne alles raus, aber wir kleiden uns seriös. Wir haben uns das so ein bisschen bei den Beatles abgeguckt – die sind ja am Anfang meistens in Anzügen aufgetreten. Ich sage mal, wir sehen lieber adrett aus und machen wüste Musik, als wüst auszusehen und irgend so einen Pop-Käse zu spielen.

Die neuen Songs habt ihr im Stockholmer Studio von Abba-Koryphäe Benny Andersson aufgenommen. Hat er sich auch mal blicken lassen?

Ja, Benny ist wie ein cooler Onkel, der manchmal seinen Kopf durch die Tür gesteckt und ein bisschen mit uns gequatscht hat.

Und was hat er gesagt?

"Habt ihr denn auch Hits?" (lacht) Wir haben ihm dann erklärt, dass es uns um etwas anderes geht. Aber Hits sind nun mal die Währung von Abba. Letztendlich war er ein unfreiwilliger Motivator. Am Schluss hat sich Benny die Platte angehört und gesagt: "Was habt ihr denn? Da sind doch lauter Hits drauf." (lacht)



Info: Das neue Album erscheint am Freitag. Am 2. Dezember spielt die Band in der Jahrhunderthalle, Frankfurt.