Das wünschen sich Handwerk, Gastronomie und Einzelhandel
Diskussion über PHV als Standort für Unternehmen - OB Würzner: Mit konventionellen Vorschlägen kommt man nicht auf die Fläche

Diese Illustration der IBA-Entwicklungsvision zeigt, wie das Patrick Henry Village in Zukunft aussehen könnte. Geht es nach Oberbürgermeister Würzner, sind es vor allem innovative Start-Ups, die hier unterkommen. Grafik: KCAP
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. 10.000 Heidelberger sollen in ein paar Jahren in der ehemaligen US-Siedlung Patrick Henry Village (PHV) wohnen. 5000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Doch was für Arbeitsplätze? Welche Branchen bekommen eine Chance, sich auf dem rund 100 Hektar großen Gelände niederzulassen? Darüber diskutierte die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar am Montag in der Print Media Academy mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft.
Was wünscht sich die Wirtschaft? Das unterscheidet sich stark von Branche zu Branche. Einziger gemeinsamer Nenner: der Preis. Ob Handwerk, Gastronomie oder Einzelhandel - die Gewerbeflächen in der Stadt sind ihnen häufig zu teuer. "Ich konnte mir Heidelberg einfach nicht mehr leisten", sagte Nicole Walz vom Direktmarketing-Dienstleister "CFG Circle Fulfillment". Sie zog mit ihrem Unternehmen aus Heidelberg weg - und hat sich inzwischen in Plankstadt niedergelassen.
Was wünscht sich der Einzelhandel? Swen Rubel vom Handelsverband Nordbaden kritisierte: "Bei den bisherigen Ideen und Visionen für PHV spielt der Handel kaum eine Rolle." Dabei brauche der neue Stadtteil dringend eine "urbane Mitte, die den Handel mitdenkt". Als Voraussetzung dafür sah er, dass das Einzelhandelskonzept von 2008 endlich fortgeschrieben werde. Zudem pochte Rubel darauf, dass auch ein "Stadtteil der Zukunft" eine bequeme Nahversorgung brauche - mit guter Erreichbarkeit und Auto-Stellplätzen. "Für 10.000 Einwohner brauchen wir drei Vollsortimenter." Auch zur Anbindung hatte er eine klare Meinung: "Keine Experimente! Wir brauchen eine gute, normale Auto- und ÖPNV-Anbindung."
Was wünscht sich die Gastronomie? Melanie Görtz vom Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg gab sich entspannt: "Egal, was Sie auf PHV planen - wir sind auf jeden Fall dort." Mitgebracht hatte sie allerdings eine Latte ganz konkreter Anforderungen, von Werbe- über Parkflächen bis hin zu Außenbewirtschaftung, die beim Entwickeln neuer Stadtteile häufig zu wenig mitgedacht würden. Ihr Appell: "Die Planer müssen die Voraussetzungen schaffen, dass Gastronomie hier wirtschaftlich betrieben werden kann."
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Was wünscht sich das Handwerk? Tobias Menzer von der Kreishandwerkerschaft hielt ein leidenschaftliches Plädoyer, seine Branche bitte nicht zu vergessen: "Wir haben noch neun Bäcker, sechs Metzger, 7 Dachdecker und 38 Elektroanbieter in Heidelberg - und die Zahlen sind rückläufig." PHV sei verkehrlich toll gelegen, das sei eine große Chance. "Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, bedeutet das für die Kunden steigende Preise und noch längere Wartezeiten." Von Oberbürgermeister Eckart Würzner holte er sich allerdings umgehend eine Abfuhr: "Das Handwerk sehe ich eher im Neubaugebiet ,Im Bieth’ in Kirchheim." In PHV sei ein Nutzungskonflikt vorprogrammiert.
Und was will die Stadt? Während die Branchenvertreter konkrete Bedürfnisse äußerten, bewegte sich OB Würzner in anderen Sphären: "Wir wollen hier kein zweites Eppelheim, Sandhausen oder Kirchheim." Auf Grundlage der Vision, welche die Internationale Bauausstellung (IBA) für PHV entwickelt habe, werde man hier einen "komplett neuartigen Stadtteil" bauen. In der Verwaltung gebe es ein "völlig neues Arbeitsteam", das den IBA-Masterplan nun weiter plane. Für Würzner ist ganz klar: "Unsere Zukunftsbranche ist das Digitale, und da sehen wir auch einen großen Bedarf - in anderen Bereichen weniger." Geht es nach ihm, wird PHV ein "digitales Zentrum", eine Heidelberger Version des "Silicon Valley" an der US-Westküste. Das sah auch Peter Rasper vom Walldorfer Software-Riesen SAP so: "Das ist eine echte Perle besonders für innovative Unternehmen - jedenfalls, wenn der Stadtteil lebendig und aufregend wird." Auf die Frage von Wolfgang Niopek (IHK Rhein-Neckar), ob es denn tatsächlich 40 Hektar Wirtschaftsflächen geben werde, wie es im Flächennutzungsplan steht, antwortete Würzner ausweichend.
Und wie geht es jetzt weiter? "2020 beginnen wir, die ersten Teilflächen zu entwickeln", so Würzner. Noch sei es aber zu früh, mit Unternehmen über Flächen zu verhandeln. Und überhaupt: Da kann nicht einfach jeder kommen. Würzner sagte ganz klar: "Es kriegt keiner den Zuschlag, der mit einem konventionellen Vorschlag kommt." Da war es Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar, am Ende doch wichtig, zu betonen: "Ich finde, es ist wichtig, realistisch zu bleiben. Am Ende muss das ja auch alles funktionieren!"