Wieblinger wollen kein Ankunftszentrum in den Wolfsgärten
Zu laut und schwierig anzubinden - Anwohner sprechen sich stattdessen für Verbleib auf PHV aus - SPD-Stadträte fordern längere Beratung

Mia Lindemann, Sigrid Zweygart-Pérez, Markus Rothfuß, Anke Schuster und Torben Wille (v.l.) sprachen mit gut 120 Wieblingern. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Zieht das Landesankunftszentrum für Flüchtlinge bald von Patrick Henry Village (PHV) auf die Wolfsgärten am westlichen Rand der Stadt? Bei einer Info-Veranstaltung am Montagabend in Wieblingen stießen diese Pläne auf wenig Gegenliebe. Anwohner und Experten sprachen sich gegen das Gelände aus - und plädierten stattdessen für einen Verbleib in PHV.
Die SPD Wieblingen hatte eingeladen, um frühzeitig zu informieren. Für Markus Rothfuß, der das Zentrum in PHV leitet, und Torben Wille, Leiter des Polizeireviers Heidelberg-Süd, eine willkommene Gelegenheit. Denn: "Wir wollen die Fehler, die 2015 in Kirchheim gemacht wurden, nicht wiederholen", so Wille. Als damals die Landeserstaufnahmestelle in PHV eingerichtet wurde, habe man die Bürger zu spät eingebunden. "Wenn wir daraus eins gelernt haben", sagte auch Rothfuß, "dann, wie wichtig es ist, früh für Transparenz zu sorgen." Deswegen erklärte Rothfuß den gut 120 Wieblingern ausführlich, warum sich das Land für den Standort ausspricht, wie das Zentrum aussehen soll (viel Freifläche und möglichst flache Gebäude) und wie man die Lärm- und Schadstoffbelastung in den Griff bekommen will.
Und tatsächlich bekam der Landesbeamte für seinen Vortrag Applaus. Und auch danach war die Stimmung konstruktiv. Zwar äußerten alle Wieblinger, die sich zu Wort meldeten, Bedenken, was das geplante Zentrum auf den Wolfsgärten angeht. Doch Ängste vor Flüchtlingen kamen dabei kaum vor. Vielmehr machten sich die möglichen Nachbarn Sorgen, ob der Standort zu laut sei und er überhaupt verkehrlich angebunden werden könne.
Dabei sprachen die Anwohner immer wieder einen Alternativstandort an: "Wäre eine kleinere Fläche auf PHV nicht auch eine Möglichkeit?", fragte ein Wieblinger. Ein anderer wunderte sich, dass auf der Kasernenfläche ein "Stadtteil der Zukunft" entstehen solle "und hier gleichzeitig ein kleines Ghetto". Warum man die Planungen nicht zusammenbringe - als integratives Projekt: "Das wäre für die Architekten der Internationalen Bauausstellung doch eine spannende Aufgabe."
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Unterstützung bekamen die Wieblinger von drei Expertinnen: Mia Lindemann und Ulrike Duchrow vom Heidelberger Asylarbeitskreis bezeichneten ein Zentrum zwischen Autobahn und Gleisen als "inhuman". Peta Becker von Rose, die als Ärztin im Ankunftszentrum arbeitet, warnte, dass sich traumatisierte Menschen dort leicht das Leben nehmen könnten. Alle drei sprachen sich dafür aus, das Zentrum innerhalb von PHV zu verlagern.
Rothfuß dagegen betonte, dass das Land PHV als Standort nie geprüft habe: "Wir haben der Stadt immer zugesagt, dass wir die Fläche frei machen und wir stehen zu unserem Wort." Auch ein Stadtsprecher erklärte gestern auf RNZ-Anfrage: "Wir können uns aktuell kein Szenario vorstellen, bei dem sich ein Verbleib des Zentrums mit der geplanten Entwicklung vereinbaren lässt." Zumal das neue Ankunftszentrum noch immer von Mauern umschlossen sein würde und sich daher schlecht in den Stadtteil integrieren ließe.
Die anwesenden SPD-Stadträte sowie ihre Kollegin Simone Schenk (Freie Wähler) zeigten sich dagegen durchaus offen für die Idee eines Verbleibs in PHV. Zumindest wollen sie aber ausgiebig über den neuen Standort diskutieren. Bisher sieht der Zeitplan vor, dass sich die Räte im Haupt- und Finanzausschuss am 12. Dezember mit dem Thema befassen und der Gemeinderat am 20. Dezember einen Grundsatzbeschluss fasst. Dieser soll es dem Oberbürgermeister ermöglichen, mit dem Land zu verhandeln. "Ich sehe jedoch nicht ein, warum das jetzt in einer Hauruck-Aktion entschieden werden soll", erklärte SPD-Fraktionschefin Anke Schuster dazu.
Dass es den straffen Zeitplan überhaupt gibt, liegt an bisherigen Beschlüssen, so der Stadtsprecher: "Der Gemeinderat hat beschlossen, dass das Land bis Jahresende eine verbindliche Abzugsplanung für PHV vorlegen soll, weil sonst die baurechtliche Duldung nicht mehr verlängert wird." Dies sei aber nur möglich, wenn das Land wisse, ob es mit den Wolfsgärten planen könne. Denkbar wäre jedoch, dass der Gemeinderat im Dezember die Duldung des Ankunftszentrums verlängert - aber erst im Februar den Grundsatzbeschluss fällt.