Wie gut ist der Standort Wolfsgärten?
In Wieblingen soll zwischen Autobahn und Bahnstrecke das neue Ankunftszentrum für Flüchtlinge entstehen - Vor- und Nachteile

Ist das ein guter Standort für ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge? Direkt am Autobahnkreuz von A 5 und A 656 liegt das Gewann Wolfsgärten - auch die Bahnstrecke führt daran vorbei. Das Gelände liegt auf Wieblinger Gemarkung, aber grenzt auch an den Pfaffengrund und an Eppelheim. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Noch vor Weihnachten soll der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss darüber fällen, ob das baden-württembergische Ankunftszentrum für Flüchtlinge von Patrick Henry Village (PHV) in das Gewann Wolfsgärten westlich von Wieblingen umzieht. Den Standort hatte das Land überraschend im Oktober als erste Wahl präsentiert. Was spricht dafür, was dagegen? Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Warum bevorzugt das Land den Standort? Zuallererst, weil die anderen Flächen, die geprüft wurden, wegfallen. Dabei geht es um Kasernenflächen in Mannheim und Schwetzingen, die doch nicht frei werden, sowie eine Kombination aus vier Orten in Mannheim, die wohl zu kompliziert wäre.
Vor allem hat das Land in Heidelberg aber gute Erfahrungen gemacht: Nach anfänglichen Problemen läuft das Ankunftszentrum in PHV gut. Viele Menschen aus Heidelberg und der Region engagieren sich dort ehrenamtlich. Und auch die knapp 500 Mitarbeiter des Zentrums müssten nicht umziehen. Sie würden weiter zur Verfügung stehen, es gäbe keinen "Kompetenzverlust", wie es PHV-Leiter Markus Rothfuß ausdrückt. Der Standort auf der grünen Wiese hätte für das Land Vor- und Nachteile: Einerseits sind die Investitionskosten höher als bei bestehenden Kasernengebäuden. Andererseits könnte ein neues Zentrum komplett nach den Vorstellungen der Experten entworfen werden.
Warum wurde nur in Nordbaden gesucht? Baden-Württemberg verteilt einige Aufgaben konsequent auf die vier Regierungspräsidien (RP). Dabei ist Karlsruhe traditionell für die Registrierung von Asylbewerbern zuständig. Dass hier gerade US-Kasernen frei wurden, trug nicht zur Entscheidung für Nordbaden bei.
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Was hätte Heidelberg davon? Während sich andere Städte vehement gegen ein solches Zentrum gewehrt haben, zeigen sich die Heidelberger Fraktionen fast alle offen. Das mag daran liegen, dass es in Heidelberg eine hohe Bereitschaft gibt, Flüchtlingen zu helfen. Aber die Stadt hätte auch ganz konkrete Vorteile: PHV würde bald frei. Dort soll ein innovativer Stadtteil für bis zu 10.000 Bewohner entstehen - mit 5000 Arbeitsplätzen. So ließe sich verkraften, dass aus den Wolfsgärten erstmal keine Gewerbefläche würde. Zumal die 500 Arbeitsplätze des Zentrums hierbleiben würden. Zudem bliebe Heidelberg auch in Zukunft von der Verteilung "kommunaler" Flüchtlinge ausgenommen. Die Stadt könnte also weiterhin selbst entscheiden, ob und wie viele geflüchtete Menschen hier dauerhaft untergebracht werden.
Wie wäre der Standort für die Asylbewerber? Das hängt stark davon ab, wie das Ankunftszentrum aussehen wird. Die Lage weit außerhalb, zwischen zwei Autobahnen und einer Bahnlinie, ist alles andere als ansprechend. Eine extrem wichtige Rolle wird der Lärmschutz beim Bau der Einrichtung spielen. Aktuell wäre es kaum zumutbar, dort über mehrere Wochen zu leben. Aber auch die künftigen Bewohner könnten davon profitieren, dass das Zentrum neu gebaut würde: Es könnte noch moderner werden und kürzere Wege mit sich bringen.
Wie lange bleiben die Menschen im Zentrum? "Die Menschen auf der Flucht sind nur für wenige Tage im Ankunftszentrum, daher ist die Lage neben der Autobahn vertretbar", erklärte Oberbürgermeister Eckart Würzner im Oktober zum Standort Wolfsgärten. "Wenige Tage" sind jedoch die Ausnahme, wie Zahlen des zuständigen RP Karlsruhe belegen: Im Durchschnitt bleiben Asylbewerber aktuell sechs bis acht Wochen in PHV. 60 Prozent sind länger als drei Wochen dort. Erst nach vier Wochen sinkt die Zahl deutlich. Jeder Fünfte ist sogar länger als zwei Monate im Zentrum.
Warum dauert das so lange? Das eigentliche Verfahren dauert meist nicht länger als zehn Tage. Die Weiterleitung hängt aber von Wochenenden, Feiertagen und Bustransferzeiten ab. Und es sind vor allem jene, die nach dem medizinischen Check behandelt werden müssen, die den Schnitt nach oben ziehen. Wer gerade in Behandlung ist, wird in der Regel nicht weitergeleitet. Gleiches gilt für schwangere Frauen mehrere Wochen vor und nach der Geburt. Und da in Deutschland Familien von Einwanderern nicht getrennt werden, bleiben auch die Angehörigen für diese Zeit in PHV.
Werden diese Zeiten in Zukunft kürzer? Eher nicht: "Da beabsichtigt ist, das bewährte und zwischenzeitlich langfristig erprobte Verfahren deckungsgleich am neuen Standort umzusetzen, ist auch künftig mit ähnlichen Verweildauern zu rechnen", erklärt Uwe Herzel, Pressesprecher des RP Karlsruhe.
Für wie viele Menschen ist in dem neuen Zentrum Platz? Es soll nicht größer werden als das alte. Während in den chaotischen Anfangstagen über 5000 Menschen in PHV untergebracht waren, gilt mittlerweile 2000 als Maximalbelegung. Der Durchschnitt lag im letzten Halbjahr bei 1200 Personen.