Hoffenheim gegen Leipzig

Nicht schlecht, aber nicht gut genug

Hoffenheim verliert gegen Ex-Coach Nagelsmann mit 1:3 in Leipzig

08.12.2019 UPDATE: 09.12.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 47 Sekunden
Weil Nationalstürmer Timo Werner nach der Pause vom Elfmeterpunkt seinen zweiten Treffer erzielt ... Foto: APF

Von Nikolas Beck

Leipzig. Während der 90 Minuten auf dem Rasen müssen Freundschaften ruhen. Alfred Schreuder und Julian Nagelsmann machten da am Samstagnachmittag keine Ausnahme. Rund um die Partie zwischen Schreuders TSG Hoffenheim und Nagelsmanns RB Leipzig hatten die beiden Fußballlehrer nur den Erfolg im Sinn. Daher war es Nagelsmann eine Herzensangelegenheit, am Vorabend im Hoffenheimer Mannschaftsquartier vorbeizuschauen: "Um in ruhigen Momenten die Menschen, die mir wichtig sind, in den Arm nehmen und nicht nur als Kollegen, sondern als Freunde miteinander reden zu können."

Die Chemie stimmt zwischen dem aktuellen TSG-Trainer Schreuder und Vorgänger Nagelsmann, der neun Jahre lang im Kraichgauklub gewirkt hat – zwei davon mit Schreuder als Assistent. Freilich war diese besondere Konstellation auch nach dem 3:1 (1:0)-Erfolg der "Roten Bullen" allgegenwärtig. "Vor zwei Jahren haben wir noch jeden Tag zusammengearbeitet und viel Spaß gehabt", sagte Schreuder: "Dass es nun so gekommen ist, damit hatten wir wohl beide nicht gerechnet."

Sein ehemaliger Assistent, Freund und Nachfolger als Hoffenheim-Trainer Alfred Schreuder will sich auch vom dritten Spiel in Serie ohne Sieg nicht aus der Ruhe bringen lassen. Foto: APF

"Teilweise skurril" fand Nagelsmann die Vorbereitung auf das Duell mit der eigenen Vergangenheit, weil "ich meinen neuen Jungs sagen musste, was meine alten Jungs besonders gut und vielleicht nicht ganz so gut machen". Für den 32-Jährigen, der sich im Sommer 2018 entschlossen hatte, die TSG ein Jahr später zu verlassen, sei das eine neue Situation gewesen. Und es dürfte eine gewesen sein, die ihm wertvolle Erkenntnisse geliefert hat. Schließlich bedarf es oftmals erst einer neuerlichen Begegnung mit dem Ex(-Klub), um zu realisieren, ob die Trennung die richtige Entscheidung war.

Der Landsberger, der den Lockrufen europäischer Schwergewichte wie Real Madrid widerstand, um in Sachsen anzuheuern, hatte "keinen Sahne-Tag" seiner Elf gesehen. Hoffenheim zeigte sich formverbessert im Vergleich zu den bisweilen schaurigen Auftritten zuvor gegen Mainz und Düsseldorf. Lässt man die ersten 20 Minuten außen vor, spielte die TSG sogar ganz gut. Aber eben nicht gut genug, um eine Spitzenmannschaft wie RasenBallsport – Sahnetag hin oder her – zu schlagen. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass alleine Doppelpacker Timo Werner (6.; 52./Foulelfmeter), der genauso viele Torschüsse abfeuerte wie das gesamte TSG-Team (10), mit etwas konsequenterer Chancenverwertung einen Kantersieg hätte herausschießen können. Weil lediglich Marcel Sabitzer (83.) erhöhte und Ermin Bicakcic (89.) der Ehrentreffer gelang, blieb das Ergebnis erträglich. Dennoch taugt das Wiedersehen als Beleg, dass Nagelsmanns Leipzig ein Titelanwärter ist. Und für Hoffenheim, dass man sich nach dem großen Umbruch im Sommer vorerst nicht mehr auf Augenhöhe mit dem Brauseklub befindet.

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Hintergrund

Einzelkritik

Baumann: Bei Oli dürften die Finger geglüht haben. Entschärfte eine Großchance nach der anderen. Trotz der drei Gegentreffer: bester Hoffenheimer. Mit Abstand!

Posch: Pechvogel des Tages. Beim 0:1 unglücklich, beim 0:2 ungeschickt. Dann

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Einzelkritik

Baumann: Bei Oli dürften die Finger geglüht haben. Entschärfte eine Großchance nach der anderen. Trotz der drei Gegentreffer: bester Hoffenheimer. Mit Abstand!

Posch: Pechvogel des Tages. Beim 0:1 unglücklich, beim 0:2 ungeschickt. Dann ausgewechselt.

Akpoguma: Ohne groben Schnitzer, gegen die Leipziger Konterstärke oftmals auf verlorenem Posten.

Bicakcic: Torschütze des Ehrentreffers. Aber war‘s der Unterarm?

Skov: Diesmal vor allem in der Defensive gefordert. Pech, dass Adamyan seine Vorarbeit nicht verwerten konnte.

Samassékou: Vor allem in der Anfangsphase beim Startelfdebüt überfordert.

Grillitsch: Ungewohnt unauffällig. "Grillo" kann mehr.

Geiger: Wird von seinem Pfostentreffer geträumt haben: "Den muss ich machen."

Kaderabek: Findet sich auf der offensiveren Außenbahn immer besser zurecht, muss im Strafraum aber kaltschnäuziger werden.

Adamyan: Wieder im Abschluss ohne Fortune. Schwacher Auftritt.

Kramaric: Der Kroate war diesmal weder Kritiker noch Knipser.

Bebou: Übernahm nach einer Stunde von Posch, im Duell mit "Bulle" Upamecano aber meist zweiter Sieger.

Baumgartner: Spät rein – und mit einer Eckballvorlage für Bicakcics Treffer. (nb)

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Zumal das Quäntchen Glück, dass "Hoffe" während des goldenen Oktobers auf seiner Seite hatte, abhanden gekommen ist. Dass es diesmal nicht für einen Punkt reichte, lag an zwei Schlüsselszenen: Dennis Geiger scheiterte kurz vor der Pause freistehend vor RB-Keeper Peter Gulacsi am Pfosten und verpasste den Ausgleich. Stattdessen dauerte es nicht lange, ehe nach dem Seitenwechsel Stefan Posch wenig clever Werner im Strafraum zu Fall brachte und die Partie vorentschieden war. "Jeder weiß, wie konterstark Leipzig ist", sagte Geiger: "Wenn du nach dem 0:2 noch mehr nach vorne gehst, kann es hier auch ganz bitter werden."

Wurde es nicht. So überstand auch die Trainer-Freundschaft das Aufeinandertreffen unbeschadet und auf dem Podium während der Pressekonferenz herrschte weitgehend Einigkeit. Nur einmal musste der Niederländer seinem Vorgänger widersprechen, als dieser von nun drei Hoffenheimer Niederlagen nacheinander sprach: "Ein Unentschieden war dabei", merkte Schreuder richtigerweise an. Ordnung muss sein.

Auch am Freitagabend in der TSG-Unterkunft. Wer denn die Rechnung übernommen hatte, wurde Schreuder gefragt: "Natürlich Hoffenheim", lachte der 47-Jährige: "Julian spendiert nichts." Das galt diesmal nicht nur für den Plausch an der Hotelbar, sondern auch für das Bundesligaduell im Stadion.


Dennis Geigers Pfostenpech besiegelt "Hoffes" Niederlage bei RB

Von Nikolas Beck

Leipzig. Dennis Geiger hatte seinen Humor nicht verloren. Lange stand der 21-Jährige am Samstag in der Mixed Zone, grinste, flachste und feixte mit Timmo Hardung, dem Teammanager von RB Leipzig. Zusammen mit Julian Nagelsmann (und Videoanalyst Benjamin Glück) war Hardung im Sommer von der TSG zu RB gewechselt. Am Samstagabend nahm der großgewachsene Hardung den kleinen Geiger lachend in den Schwitzkasten – und es ist davon auszugehen, dass es dabei um die Szene in der 39. Minute ging. Als Leipzigs Keeper Peter Gulacsi patzte und Pavel Kaderabek anschoss. Vom Kopf des Tschechen landete der Ball direkt vor Geigers Füßen. "Ich habe den Ball angenommen, geschossen und war mir eigentlich auch sicher, dass er drin ist – auf einmal kam er wieder", berichtete der Mosbacher hinterher von seiner Großchance zum 1:1, die er allerdings am Pfosten vergab.

Er könne es sich selbst nicht erklären, diktierte der Mittelfeldmann hinterher in die Notizblöcke der Journalisten, die natürlich ebenfalls nach Antworten für den Fehlschuss suchten. Denn es war ein fataler: Weil "Hoffe" in seiner stärksten Phase vor der Pause den Ausgleich verpasste – und unmittelbar nach dem Seitenwechsel das 0:2 kassierte, war beim Wiedersehen mit dem alten Trainerteam nichts zu holen. TSG-Coach Alfred Schreuder, der Geigers Aluminiumpech nicht fassen konnte und gefrustet gegen eine Werbebande trat, sah darin die Schlüsselszene der Partie. "Machst du das 1:1, bekommen wir noch mal mehr Luft und mehr Energie. Dann kann auch ein Topteam wie Leipzig für einen Moment unruhig werden."

Wieder bei 100 Prozent: Hoffenheims Mittelfeldmann Dennis Geiger (links). Foto: APF

Diesen Moment hat Hoffenheim zwar verpasst, U 21-Nationalspieler Geiger wollte aber viel lieber das Positive des Nachmittags im "Bullen-Stall" hervorheben. Schließlich habe man trotz einer durchaus vorhandenen Verunsicherung nach den jüngsten Ergebnissen und trotz zahlreicher neuer Spieler in der Startformation – Diadie Sammasékou ersetzte Sebastian Rudy; Kevin Akpoguma und Ermin Bicakcic mussten aufgrund der Ausfälle von Kevin Vogt und Benjamin Hübner in die Bresche springen – nach einem holprigen Beginn "echt ein ordentliches bis gutes Spiel gemacht", so Geiger, der von "keinen einfachen Wochen" berichtete. Für die TSG, die aus den vergangenen drei Spielen nur einen Punkt ergattern konnte. Aber auch für ihn selbst. "Ich war ein bisschen angeschlagen, ein bisschen krank – da kam vieles zusammen." Inzwischen sei er aber wieder bei 100 Prozent "und ich kann mir auch heute eigentlich nichts vorwerfen". Dann freilich musste Geiger abermals lachen. "Bis auf den Pfostenschuss natürlich." Sprach’s und verabschiedete sich. Er wolle darüber jetzt eigentlich gar nicht länger reden, "denn diese Szene wird mich heute Nacht sicher noch verfolgen ..."

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