1899-Niederlage in Freiburg

Hoffenheims Akku ist ziemlich leer (plus Fotogalerie)

Im hitzigen Badenderby hat der SC Freiburg mehr Energie und fügt den "Nagelsmännern" die erste Bundesliga-Niederlage zu

01.10.2017 UPDATE: 02.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 42 Sekunden

Zu spät: Philipp Ochs köpft den Ball aus spitzem Winkel Richtung SC-Tor, Freiburgs Kapitän Julian Schuster (3.v.l.) unterläuft derweil ein Eigentor zum 3:2 (90.+2). Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Freiburg. In den letzten drei Jahren trennten sich die beiden badischen Bundesliga-Rivalen jeweils schiedlich-friedlich 1:1. Stets ging es äußerst intensiv zur Sache, doch es mangelte an Höhepunkten im Hexenkessel Schwarzwald-Stadion. Am gestrigen Sonntag zur frühen Anpfiffzeit boten der Sportclub Freiburg und die TSG 1899 Hoffenheim einen fußballerischen Leckerbissen. Rasanz, Dramatik, viele Nickligkeiten, manche Rudelbildung, ausreichend Chancen auf beiden Seiten, fünf Tore, eine Spuckattacke sowie ein längerer Stromausfall rund um die Arena - alle diese Ingredienzien trugen zu einer rundum aufregenden Partie bei. Unterhaltung pur eben.

Hintergrund

So spielten sie

Baumann: Zwei Tore binnen vier Minuten - bitterer Nachmittag für ihn.

Kaderabek: Viel beschäftigt in der Defensive. Durchschnittlich.

Nordtveit: Solide. Der Patzer vor dem

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So spielten sie

Baumann: Zwei Tore binnen vier Minuten - bitterer Nachmittag für ihn.

Kaderabek: Viel beschäftigt in der Defensive. Durchschnittlich.

Nordtveit: Solide. Der Patzer vor dem 3:1 trübte den positiven Gesamteindruck.

Vogt: Tapfer - trotz nicht verheilter Naht am Schienbein immer im Getümmel. Als Organisator sehr gefordert.

Hübner: Obligatorische gelbe Karte. Nicht so souverän wie gewohnt.

Zuber: Sporadische Vorstöße. Seine Flanken waren oft unpräzise. Erwischte keinen guten Tag, wirkte überspielt.

Geiger: Laufwunder. Fleißig, mutig, zweikampfstark. Wie eine Klette.

Rupp: Unglücklich. Brachte kaum Struktur ins TSG-Spiel.

Kramaric: Oft ein Schnörkel zu viel. Strahlte zu wenig echte Torgefahr aus - bis auf eine Szene (83.).

Wagner: Buhmann im Breisgau. Dauerpräsent durch Provokationen. Cleverer Vorbereiter des 0:1.

Hack: Premiere nach Maß. Musste nach dem Zusammenprall mit Vogt (39.) leider raus.

Ochs: Spektakulärer Volleyschuss (54.), starker Auftritt. Hatte den späten Ausgleich auf dem Fuß. Ihm fehlte hier die Ruhe und Abgeklärtheit.

Grillitsch: Unauffällig. Symptomatisch: Pass ins Niemandsland. Kaum besser als Rupp.

Schulz: Zeigte mehr Initiative auf der Außenbahn als Zuber. Ein wuchtiges, verlässliches Kraftpaket. jog

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Nach insgesamt 98 Minuten schmeckte den Breisgauern der 3:2 (2:1)-Erfolg logischerweise besser, während die Kraichgauer am Resultat sowie an der eigenen faden Vorstellung zu knabbern hatten. Nach dem 1:2 in der Europa League bei Ludogorez Rasgrad zog "Hoffe" erneut den Kürzeren, was TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann offenbar aufs Gemüt schlug. Im engen Presseraum stapfte er an den mitgereisten Öffentlichkeitsarbeitern ausnahmsweise vorbei. "Ich habe alle zwei Tage 14 Pressevertreter, irgendwann reicht es", sagte Nagelsmann mürrisch. Mit dem Kontrahenten aus Südbaden ging er freundschaftlicher um. "Das ist ein Klub, der sympathisch ist. Und der Trainer ist sehr sympathisch. Man muss auch mal was gönnen können", so Nagelsmann, was ihm ein anerkennendes Nicken seines Amtskollegen Christian Streich einbrachte. "Das ist eine Spitzenmannschaft", konstatierte Streich und verteilte ebenfalls Streicheleinheiten.

Unterm Strich stand: Der Sportclub verbuchte den heiß ersehnten ersten Saisondreier, die Hoffenheimer hingegen kassierten die erste Pleite in der Liga, die sie sich größtenteils selbst einhandelten. "Wir schenken das Spiel viel zu leicht her. Das 1:1 fällt wie aus dem Nichts, das 2:1 für Freiburg resultiert aus einem Standard. Danach war es irgendwie schwierig für uns", kritisierte Abwehrchef Kevin Vogt das Verhalten der gesamten TSG-Abwehr.

Dabei hatten die Blauen vor 24.000 Zuschauern im Sportclub-Tollhaus flott begonnen. Debütant Robin Hack wurde von Sandro Wagner nach einem Schwolow-Abstoß auf die Reise geschickt und traf knochentrocken zum 0:1 (14.). Ein traumhafter Einstand für den 19-jährigen Linksaußen, der ursprünglich aus der KSC-Jugend stammt. Bitter für die "Nagelsmänner", dass sie im direkten Gegenzug den Ausgleich von Florian Niederlechner (15.) hinnehmen mussten. 72 Sekunden lagen zwischen diesen beiden Treffern, wiederum 150 Sekunden später lag der Ball schon wieder im TSG-Netz: Die Ecke von Julian Schuster verlängerte Nicolas Höfler am ersten Pfosten auf den Türken Caglar Söyüncü (18.), der frei im Fünf-Meter-Raum den Ball nur noch mit dem Kopf verwerten musste.

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Die Freiburger hatten sich in eindrucksvoller Manier belohnt und dem über weite Strecken hitzigen Derby die Wende gegeben. "Da verteidigen wir nicht richtig, kommen einen Schritt zu spät", grantelte TSG-Torhüter Oliver Baumann an alter Wirkungsstätte. Zur Freude des frenetisch anfeuernden Heimpublikums zeigte Freiburg eine tolle Leistung, fiel durch eine brillante Raumaufteilung und geschickte Seitenwechsel auf. Streich lobte hernach seine Stehaufmännchen zurecht. "Unsere Frustrationstoleranz ist super, wir stecken den Rückstand weg, lassen uns nicht beirren. Das machen sie klasse, die Jungs", so das SC-Traineroriginal.

Im zweiten Abschnitt hatte Hoffenheim zwar häufiger den Ball, doch wirklich Zwingendes sprang lediglich punktuell heraus. Die Fernschüsse des eingewechselten Philipp Ochs (54.) und von Andrej Kramaric (83.) parierte Alexander Schwolow exzellent. "Hoffe" drängte, die Roten erzielten durch Pascal Stenzel das 3:1 (87.). Mit dem Mut der Verzweiflung wehrten sich die Nagelsmann-Schützlinge, kamen durch das Eigentor von Schuster (90.+2) nochmals heran. Der superstarke Ochs (90.+3) hatte sogar noch die Gelegenheit zum 3:3, doch er hämmerte den Ball aus sieben Metern übers Gebälk. Wenn man ehrlich ist, wäre dies des Guten zu viel gewesen, das harmonische Streich-Orchester hatte sich aufgrund des größeren Engagements das knappe Erfolgserlebnis verdient.

Auch das unübersichtliche Gerangel zwischen Wagner und Stenzel (28.) sowie zwischen Vogt und Schuster (33.) war nicht ganz so schlimm wie zunächst vermutet. "Er fasst mich an, ich fasse ihn an", sagte Vogt und wurde danach von Schuster unterstützt: "Nicht weiter der Rede wert." Richtig unschön hingegen die Spuckattacke eines Freiburger Fans gegen "Enfant terrible" Wagner. Der Tribünengast soll identifiziert und sofort aus dem Stadion geführt worden sein.

Kuriosum am Rande: Im Stadtteil Waldsee gab’s um die Arena Stromausfall. Dennoch stand das Freiburger Kollektiv über die volle Spielzeit unter Strom, während bei Hoffenheim der Akku nach drei Englischen Wochen eben doch ziemlich leer zu sein schien. "Uns fehlte eindeutig die Frische", sagte Baumann. Dem trotz allen Frusts ein nettes Schlusswort einfiel: "Es hat Spaß gemacht, gegen Freiburg zu spielen." Oli gönnte seinem Ex-Verein den verdienten Lohn.

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