1899 Hoffenheim in Gladbach

Emotionaler Eberl sorgt für Eklat

TSG-Coach Nagelsmann als "kleiner Pisser" beschimpft - Auch Schiedsrichter steht im Fokus

18.03.2018 UPDATE: 19.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden
Die Emotionen kochten bei Max Eberl (l.) hoch. Foto: dpa

Von Nikolas Beck

Mönchengladbach. Kevin Vogt stapfte mit finsterer Miene in die Kabine, zog sich die Binde vom Arm und entlud seinen Unmut in Selbstgesprächen. "So ein Sch …", murmelte Hoffenheims Kapitän und drückte sich vorbei an Abwehrkollege Benjamin Hübner. Der stand wie versteinert im Bauch des Borussia-Parks und blickte fassungslos auf einen Monitor, konnte es nicht abwarten, die entscheidenden Momente der vorangegangenen 90 Minuten genauer zu begutachten. "Da waren einige kuriose Szenen dabei", sagte der 28-Jährige über das aufregende, torreiche und bisweilen hoch emotionale 3:3 (1:1) der TSG 1899 Hoffenheim bei Borussia Mönchengladbach, an dem augenscheinlich Vogt, Hübner und Co. mehr zu knabbern hatten als deren Gegenüber.

Hintergrund

Die Einzelkritik

Baumann: Überragend auf der Linie, unsicherer beim Rauslaufen. Parierte mehrfach glänzend, hätte vor dem 1:1 aber energischer zupacken müssen.

Akpoguma: Keine groben Schnitzer, aber im

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Die Einzelkritik

Baumann: Überragend auf der Linie, unsicherer beim Rauslaufen. Parierte mehrfach glänzend, hätte vor dem 1:1 aber energischer zupacken müssen.

Akpoguma: Keine groben Schnitzer, aber im Arbeitszeugnis der Dreierkette stehen eben drei Gegentore.

Vogt: Wählte im Spielaufbau diesmal die sichere Variante. Seine Passquote von 91 Prozent war Hoffenheimer Höchstwert.

Hübner: Ging einmal mehr in seiner Rolle als Zweikämpfer und Heißsporn auf, trat diesmal aber auch als Torschütze in Erscheinung.

Kaderabek: Durchwachsene Darbietung des Dauerläufers.

Schulz: Gutes Spiel an der letztjährigen Wirkungsstätte. Verpasste die Entscheidung, weil er nur die Latte traf.

Polanski: Zum Geburtstag gab’s mal wieder eine Chance von Anfang an. Kein Feiertag.

Amiri: Wenige Höhepunkte, einige Fehlpässe. Kein Empfehlungsschreiben für mehr Einsätze von Beginn an.

Grillitsch: Starkes Spiel des Österreichers, nicht nur wegen seines ersten Tores für die TSG.

Gnabry: Lief Hofmann davon und holte den Elfmeter raus. Aber sonst? Nur 29 Ballaktionen in 74 Minuten.

Kramaric: Mann der Standards. Traf vom Elfmeterpunkt und bediente mit seiner Ecke Hübner beim 1:0.

Uth: Übernahm für Polanski und bereitete den Grillitsch-Treffer vor.

Szalai: Übernahm für Gnabry und sollte mithelfen, die Führung über die Runden zu bringen. Das misslang.

Nordtveit: Durfte die letzten zehn Minuten für Amiri ran. nb

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"So spät ein Gegentor zu bekommen, ist natürlich immer bitter", bilanzierte Hübner. Bis zur 90. Minute war Hoffenheim in Führung gelegen - zum dritten Mal an diesem Nachmittag. Und zum dritten Mal glich die Borussia aus: Matthias Ginter schob nach einem Diagonalball von Raffael am langen Pfosten aus kurzer Distanz zum Endstand ein. Zuvor hatten erst Hübner nach einer Ecke (13.) und dann Andrej Kramaric per Elfmeter (58.) die TSG in Front gebracht, Josip Drimic (33.) und Lars Stindl (72.) egalisierten jeweils.

Über den Treffer ihres Kapitäns zum zwischenzeitlichen 2:2 durften sich die 51.049 Zuschauer im eisigen Borussia-Park gerade einmal 60 Sekunden freuen, dann schlug Florian Grillitsch, diesmal einer der Besten bei der TSG, zu. Der Österreicher eroberte - unter Mithilfe von Schiedsrichter Martin Petersen (Stuttgart), der unglücklich Gladbachs Jonas Hofmann im Weg stand - den Ball und traf wenige Sekunden später ins lange Eck zum 3:2.

Einen Vorwurf wollte dem Unparteiischen, der dem Regelwerk zufolge Luft ist, freilich niemand machen. Aber die ungewöhnliche Balleroberung passte ins Bild dieses Fußballspektakels. Rauf und runter ging es, Chancen gab’s hüben wie drüben beinahe im Minutentakt. Und diskutiert wurde. Etwa über das vermeintliche Handspiel, mit dem Drimic den Ball an TSG-Torhüter Oliver Baumann vorbeilegte, ehe er zum 1:1 traf.

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Wilde Proteste der Hoffenheimer folgten, Schiri Petersen kontrollierte die TV-Bilder - und gab den Treffer. "Ganz ehrlich, ich wüsste an seiner Stelle auch nicht, was ich gepfiffen hätte", gestand Linksverteidiger Nico Schulz hinterher. Während der Partie war das Verständnis der Hoffenheimer naturgemäß nicht ganz so groß. Der lieben Emotionen sei Dank.

Dass diese bei einem Fußballspiel, das an eine Achterbahnfahrt erinnerte, auch schnell mal an der Seitenlinie überkochen, zeigte sich unmittelbar danach: Hübner packte gegen Thorgan Hazard die Grätsche aus und deutete einen Kopfstoß an. Die Gladbacher, unter anderem Sportdirektor Max Eberl, forderten lautstark einen Platzverweis, was wiederum auf der Hoffenheimer Bank für Unmut sorgte und verbal eskalierte. Eberl ließ sich dazu hinreißen, TSG-Trainer Julian Nagelsmann als "kleinen Pisser" zu bezeichnen und warf dem 30-Jährigen gestenreich Hochnäsigkeit vor. Eberl: "Ich habe einen Fehler gemacht. Aber das Schöne ist, dass man sich danach in die Augen schaut. Ich habe mich bei Julian entschuldigt."

Bei einer nüchternen Betrachtung des traditionell ereignisschwangeren Duells - es waren die Tore 41 bis 46 in den letzten zehn Begegnungen - bleibt festzuhalten, dass die TSG ihren dritten Dreier in Folge verpasst hat und Verfolger Gladbach im Kampf um die Europapokalplätze nicht distanzieren, aber zumindest auf Abstand halten konnte. Die defensivere Herangehensweise, die zuletzt in Augsburg und gegen Wolfsburg erfolgreich war, verhalf "Hoffe" diesmal nicht zu mehr Stabilität.

Somit ist die fiktive Punktzahl, die dem Kraichgauklub in dieser Saison nach Führungen durch die Lappen gegangen ist, auf beachtliche 26 Zähler angewachsen. "Zuletzt haben wir zweimal nach Führungen zu null gespielt und gewonnen", wollte Schulz von einem Kopfproblem nichts wissen: "Das war einfach kein so gutes Spiel von uns und Gladbach hat es gut gemacht."

In der Tat waren die "Fohlen" über 90 Minuten das Team, das gefälliger kombinierte und noch häufiger zum Abschluss kam. So konnte auch Nagelsmann trotz des späten Ausgleichs "mit dem Punkt gut leben, weil wir heute nicht mehr verdient haben". Zwar hatte auch sein Team beste Gelegenheiten, ein viertes, fünftes oder gar sechstes Tor zu erzielen. "Aber mehr als ein Unentschieden wäre deutlich übertrieben gewesen", so der 1899-Coach.

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