Nach dem 2:3 ist der Regionalliga-Fehlstart perfekt
Viel Licht, mehr Schatten: "Das ist natürlich ein Brett", meint Kapitän Testroet.

Von Christoph Offner
Stuttgart. Das Kind ist noch nicht in den Brunnen gefallen. Findet zumindest Pascal Testroet. Doch dass der SV Sandhausen nach dem bitteren 2:3 (0:1) am Sonntagnachmittag bei den Stuttgarter Kickers mit null Punkten aus den ersten beiden Regionalliga-Spielen dasteht sei "natürlich ein Brett". Der Kapitän sagte: "Das haben wir anders erwartet."
Die Enttäuschung war Testroet – wie auch seinen Mitspielern – anzumerken, als sie mit hängenden Schultern in der Kabine verschwanden. Es ist vielleicht der Fluch der guten Tat, der die Kurpfälzer verfolgt.
Vor acht, neun Wochen wäre der Frust weniger groß gewesen, hätte einer einen Stotterstart prophezeit: XXL-Umbruch. Neuer Trainer. Neue Spieler. Dass es da Zeit braucht, bis ein Rad ins andere greift, war absehbar.
Und doch haben Olaf Janßen und sein Team mit einer guten Vorbereitung Euphorie geweckt, die nach der im Abstieg gegipfelten Horror-Saison geschundene Fan-Seele mit erfrischenden Auftritten geheilt.
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"Das spüre ich auch als Trainer", sagte Janßen. "Die Niederlagen schmerzen die Jungs sehr. Weil sie gemerkt haben, dass wir als Mannschaft schon weit sind. Dass der Zuspruch der Fans da ist. Sie wollen unbedingt etwas zurückgeben."
Viel Licht, aber noch mehr Schatten boten die Schwarz-Weißen unterm Fernsehturm. Teilweise kombinierte sich die Janßen-Elf sehenswert nach vorne. Doch immer wieder leisteten sie sich auch haarsträubende Fehler: Pässe über kurze Distanz in den Fuß des Gegners, Dribblings in gefährlichen Zonen, die zu Ballverlusten führten.
"Viele Elemente unseres Spiels setzen die Jungs schon sehr gut um", betonte Janßen. "Doch da müssen wir uns keinen Sand in die Augen streuen: Am Ende es Tages müssen wir besser verteidigen."
Nach der Führung durch ein Eigentor vom Milan Petrovic – Kickers-Keeper Bela Dumrath war unter einer Ecke durchgesegelt, vom Pechvogel prallte der Ball ins Netz (35.) –, dauerte es in der zweiten Halbzeit nur wenige Sekunden, ehe ein weiter Abschlag von SVS-Keeper Arthur Lyska bei den Blauen landete.
Über Oskar Hencke und David Tomic kam die Kugel am Elfmeterpunkt zu Marlon Faß. Der Stürmer, der mit der U19 der TSG Hoffenheim 2023/24 das Double gewann, schob problemlos ein (47.). Danach entwickelte sich ein munterer Schlagbtausch, den Janßen als "Werbung für die Regionalliga Südwest" empfand. Erst fand ein Testroet-Treffer keine Anerkennung, weil Louis Kolbe den Ball laut Schiedsrichter Tim Waldinger mit der Hand abgefälscht hatte (57.).
Dann hatte die ganze Waldau schon den Torschrei auf den Lippen; doch Mario Borac traf mit seinem strammen Schuss nur das Lattenkreuz (72.) und David Tomic streichelte eine Hereingabe von Flamur Berisha am Pfosten vorbei (73.). Schließlich jubelten die Kicker-Fans aber doch: Berisha spielte nach Ballgewinn einen langen Ball auf Nevio Schembri, der durch war, weil sich Kwabe Schulz verschätzte. Seine Flanke drückte der durchgelaufene Berisha über die Linie (75.).
Die Antwort der Sandhäuser ließ nicht lange auf sich warten. Testroet spielte einen Chip-Ball in den Lauf von Luca de Meester, der denn Ball mit der Brust mitnahm und danach cool am herausstürzenden Dumrath vorbeilegte (77.). Den Schlusspunkte setzte Melkamu Frauendorf mit einem Geniestreich (siehe Artikel rechts).
"Der Weg ist steinig. Das haben wir alle gewusst", sagte Janßen. Doch der Rheinländer war überzeugt, dass seine Schützlinge die Fehler "über kurz oder lang abstellen" werden. Allzu lange warten sollten sie damit aber nicht.
Stuttgart: Dumrath – Udogu, Danquah, Petrovic (83. Schwab), Borca – Zalser, Kiefer (78. Lockl), Tomic – Hencke (61. Schembri), Faß (61. Frauendorf), Berisha (78. Braig).
Sandhausen: Lyska – Osée, Wimmer, Schulz – Kolbe, Ampadu, Tarnat (87. Ramusovic), Halbauer (46. Pfaffenrot) – De Meester (78. Akmestanli), Herrmann (70. Wagner) – Testroet.
Schiedsrichter: Tim Waldinger (Oberwalgern); Zuschauer: 5120; Tore: 0:1 Petrovic ( (35., Eigentor), 1:1 Faß (47.), 2:1 Berisha (75.), 2:2 de Meester (76.), 3:2 Frauendorf (90.+4).