Leere Ränge trüben schillernden Eröffnungsball
Achter Sieg im achten Test und ein bisschen Gänsehaut: Die TSG ließ Erstligist Metz keine Chance. Es gb nur einen einzigen Wermutstropfen.

Von Nikolas Beck
Sinsheim. Diejenigen, die gekommen waren, haben es nicht bereut. Zur offiziellen Saisoneröffnung gegen den französischen Erstliga-Aufsteiger FC Metz präsentierte sich die TSG Hoffenheim wie zuletzt so häufig zielstrebig und spielfreudig. Wenn man eine Generalprobe als gelungen bezeichnen möchte, dann diese: Mit 8:0 (8:0/5:0) fegte die neuformierte Elf von Trainer Christian Ilzer über die überforderten Gäste aus Lothringen hinweg.
Ein Jammer, dass die Zuschauerzahlen nach rund 9500 im Vorjahr und 11.500 vor zwei Jahren bei ausgerechnet diesem schillernden Eröffnungsball erneut zurückgingen. Trotz Sommerferien und -Wetter: "Hoffes" Offensivspektakel hätte mehr verdient gehabt als die offiziell anwesenden 6443 Zuschauer.
Einer, der vielleicht kommen wollte, aber nicht durfte, ist Roger Wittmann. Dem einflussreichen Spielerberater und Freund von TSG-Gesellschafter Dietmar Hopp war zwei Tage vorm finalen Test Stadion- und Hausverbot erteilt worden. Die Vereinsführung macht ernst in der "Causa Wittmann". Den Schriftzug dessen Agentur Rogon suchte man am Samstag nach RNZ-Infos an den Logen im Business-Bereich der Sinsheimer Arena bereits vergeblich.
Wie der Machtkampf, der im Dorfklub hinter den Kulissen offenbar erneut ausgebrochen ist, ausgeht, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Er kommt mal wieder zur Unzeit. Denn ob es die Verantwortlichen bei 1899 hören wollen oder nicht: Selbstverständlich hatten die Ereignisse vor ziemlich genau einem Jahr, als unmittelbar vorm Saisonstart die sportliche Leitung ausgewechselt wurde, Geschäftsführer abberufen wurden oder ihren Abschied ankündigen mussten, Transfers viel zu spät abgewickelt wurden und später auch der Trainer gehen musste, massiv dazu beigetragen, dass der Europa-League-Teilnehmer in den Abstiegskampf abstürzte.
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Kein Wunder, dass die Unkenrufe nicht lange auf sich warten ließen, als es nicht einmal zehn Tage vorm Pflichtspielauftakt im DFB-Pokal bei Hansa Rostock schon wieder vorbei war mit der eigentlich gerade erst eingekehrten Ruhe im Kraichgau. Sofern ein Testspiel Aufschluss über derartige Befindlichkeiten geben kann, muss man konstatieren: Den Kickern scheint’s diesmal bislang ziemlich schnuppe zu sein.
Mit Fisnik Asllani, einem von drei Rogon-Klienten im TSG-Kader, in der Startformation sowie den zwei anderen Tim Lemperle und Umut Tohumcu von der Bank, galoppierten die Hoffenheimer los wie Rennpferde mit Espresso-Shots: Max Moerstedt (6.), Neuzugang Wouter Burger (8.), Abwehrmann Bernardo (14.) und Mo Damar (16.) sorgten bereits für klare Verhältnisse, als im auf zweimal 45 Minuten plus 30-minütige Verlängerung ausgedehnten Test noch über 100 Minuten zu gehen waren. "Das war wirklich ein furioser Start, überfallartig nach einer Viertelstunde schon 4:0 vorne zu sein, das war eine Top-Leistung", freute sich Ilzer.
Die Frage, die sich nach dem achten Sieg im achten Spiel der Vorbereitung – zuletzt immerhin zweimal gegen Ligarivale Bremen und nun gegen ein Team aus der Ligue 1 dreimal zu Null – zwangsläufig stellt: War das Duell, bei dem sich später auch noch Lemperle über ein Doppelpack (55./90.+1), Andrej Kramaric über einen Treffer (72.) und Damar über eine scharfe Ecke, die Gueye ins eigene Tor bugsierte (45.+1), freuen durften, überhaupt ein Gradmesser? "Nur, weil wir gut waren, heißt das nicht, dass der Gegner schwach war", betonte Ilzer: "Wir wissen das einzuordnen, aber lassen uns nichts schwach reden."
Grischa Prömel, für die finalen 20 Minuten unter Sprechchören und Ovationen erstmals nach überstandenem Kreuzbandriss wieder eingewechselt, fand: "Man darf das Ergebnis nicht überbewerten, trotzdem haben wir heute ein super Spiel gemacht."
Viel von dem, was man sich in den vergangenen Wochen gemeinsam erarbeitet habe, sei gegen "Les Grenats" (die Granatroten), bereits zu sehen gewesen, so Prömel: "Mit Ball zielstrebig Richtung Tor. Intensiv, eklig gegen den Ball und nach vorne mit einem klaren Plan."
Keine Widerrede. Vor allem vor der Pause der flinke Bazoumana Touré über die linke Außenbahn sowie nach dem Wechsel Lemperle mit seinen stets gefährlichen Läufen in die Tiefe bereiteten Freude. Und natürlich Mo Damar!
Überragend war’s, wie der 21 Jahre alte Leihrückkehrer das 2:0 von Burger mit der Hacke vorbereitete, mit seinen Ecken immer wieder für Gefahr sorgte und bei einem Solo auf der linken Bahn seinen Gegenspieler mit zwei Pirouetten gleich zweimal düpierte.
"Es war ein Gänsehaut-Moment, wieder hier in diesem Stadion zu spielen. Das habe ich gebraucht", strahlte "Hoffes" Nummer zehn, der ein schwieriges Jahr in Hannover und ein herausragendes in Elversberg hinter sich hat. "Ich will das unbedingt, diese Saison hier noch mal angreifen." Gegen Metz habe es einfach "Bock gemacht". Damar: "Man hat die Leichtigkeit gespürt, jeder hat Gas gegeben, auch gegen den Ball, das war einfach geil."
Und mit dieser persönlichen Leistung müsste ein Stammplatz doch eigentlich garantiert sein, oder? Der Feinfuß, der gegenüber Klublegende Kramaric tatsächlich aktuell die Nase vorn zu haben scheint , musste grinsen: "Der Trainer hat mich jetzt auf dem Schirm."
Ein großes Thema sei im Vorfeld die Herangehensweise gewesen, berichtete Damar. Das Hoffenheimer Erfolgsrezept: "Einfach machen!"
Leere Ränge und ein verbannter Berater hin oder her.
Update: Sonntag, 10. August 2025, 17.53 Uhr
"Überfallartig und furios" - Ilzer schwärmt nach "Hoffes" 8:0-Erfolg
Von Nikolas Beck
Sinsheim. Die einzige schlechte Nachricht des Tages zu Beginn: Nur 6443 Zuschauer fanden am Samstagnachmittag den Weg in die PreZero Arena, wo die TSG Hoffenheim die neue Saison gegen den französischen Erstligisten FC Metz eröffnete. Zugegeben: Es sind Schulferien und das Thermometer war am Nachmittag weit über die 30-Grad-Grenze hinausgeklettert.

Dennoch: Diese Partie hätte mehr Zuschauer verdient gehabt. Mit 8:0 (8:0/5:0) fertigte der Dorfklub den Aufsteiger aus Lothringen ab, spielte vor allem in der ersten Viertelstunde Konterfußball, der richtig Lust machte auf eine neue Spielzeit, in der es mit Hochgeschwindigkeit konsequent nach vorne gehen dürfte.
"Man darf das Ergebnis nicht überbewerten, trotzdem haben wir heute ein super Spiel gemacht", bilanzierte Grischa Prömel. Der 30-Jährige, der erstmals nach seinem Kreuzbandriss in der vergangenen Saison wieder auf dem Feld stand, freute sich, "dass man viel von dem gesehen hat, was wir uns in der Vorbereitung erarbeitet haben: mit Ball zielstrebig Richtung Tor, intensiv, eklig gegen den Ball und nach vorne mit einem klaren Plan."
Den Torreigen eine Woche vorm Pflichtspielauftakt in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Hansa Rostock eröffnete Max Moerstedt. Der 19-Jährige, der dank Sonderschichten im Kraftraum und Kreatin-Kur deutlich kräftiger daherkommt als noch vor einem halben Jahr, köpfte eine Hereingabe von Bazoumana Touré über die Linie (6. Minute).
Die Elf, die Trainer Christian Ilzer im über zweimal 45 Minuten plus einer 30-minütigen Verlängerung angesetzten Duell mit "Les Grenats" (die Granatroten) zu Beginn aufs Feld schickte, dürfte mehr als ein Fingerzeig Richtung Pflichtspielauftakt sein.
Dass Wouter Burger per Direktabnahme zwei Minuten später auf 2:0 erhöhen konnte (8.), war keine große Überraschung. Dass Mo Damar eine technisch anspruchsvolle Vorlage mit der Hacke geben konnte, dagegen schon eher: In der Tat bekam der 21-jährige Leihrückkehrer aus Elversberg gegen Metz den Vorzug vor Klublegende Andrej Kramaric. Neben Moerstedt stürmte der andere Ex-Elversberger Fisnik Asllani.
"Wir haben gegen Bremen anders gespielt und das war auch ein sehr, sehr guter Auftritt", wollte sich Ilzer nicht zu tief in die Karten blicken lassen und stellte seinem immer noch zu großen Kader in Gänze ein positives Vorbereitungszeugnis aus.
"Aber", so der 47-Jährige, "aber jetzt kommen der Erwartungsdruck und der interne Konkurrenzkampf. Es wird entscheidend sein, wie wir damit umgehen und es verstehen, uns als Gruppe zu pushen und zu supporten."
Vor allem offensiv hat der Chefcoach aus Österreich nach wie vor die Qual der Wahl. Der dritte Streich ging allerdings aufs Konto eines neuen Defensivdenkers: Bernardo, Brasilianer und Linksverteidiger von Beruf, war aus dem Strafraumgetümmel heraus nach einer Damar-Ecke zur Stelle und drückte den Ball über die Linie (14.).
Wieder nur zwei Minuten später wollte Feinfuß Damar selbst auf die Anzeigetafel. Die Hereingabe, erneut von Touré, schob der Deutsch-Türke eingesprungen ein (16.).
Kaum zu glauben, aber wahr: In einer Partie, in der insgesamt noch über 100 Minuten Fußball zu spielen waren, stand es bereits 4:0. "Das war wirklich ein furioser Start, überfallartig nach einer Viertelstunde schon 4:0 vorne zu sein, das war eine Top-Leistung", freute sich Ilzer.
War’s eine echte Ansage von "Hoffe"? Oder ein indiskutabler Gegner, der die Hoffenheimer Generalprobe eher wie einen Sommerkick anging? "Nur, weil wir gut waren, heißt das nicht, dass der Gegner schwach war", betonte der TSG-Trainer: "Wir wissen das einzuordnen, aber lassen uns nichts schwach reden."
Diejenigen, die da waren, fühlten sich jedenfalls gut unterhalten. Auch, wenn sie aufs fünfte Tor ein bisschen warten mussten. "Steht auf, wenn ihr für ,Hoffe‘ seid!", stimmte die ebenfalls eher spärlich besetzte Südkurve nach einer halben Stunde an, ehe kurz vorm Pausenpfiff Gueye einen scharf geschossenen Eckball von Damar zum 0:5 aus Sicht der bemitleidenswerten Franzosen ins eigene Tor bugsierte.
Im Vorjahr gegen Fulham (0:2) waren zur Saisoneröffnung etwas mehr als 9000 Zuschauer gekommen. Ein Jahr davor gegen die Glasgow Rangers (2:2) sogar noch rund 11.500. So viel geboten wie dieses Mal – also auf dem Rasen, nicht beim bunten Rahmenprogramm um die Arena herum – wurde damals nicht.
Denn auch nach dem Seitenwechsel ging das muntere Toreschießen weiter: Der eingewechselte Tim Lemperle, ebenfalls ein Startelf-Kandidat für Rostock, wurde von Neuzugang Vladimir Coufal bedient und schloss trocken ins Torwarteck zum 6:0 ab (55.).
Nach einer Stunde, also zur Halbzeit dieses ungewöhnlich langen Spiels, durften sich die meisten der Elf, die fürs halbe Dutzend verantwortlich zeichneten, ihren verdienten Applaus abholen. Ilzer wechselte munter durch, brachte acht Neue.
Auch der "Hoffe"-Goat durfte nun mitmischen – und sich in die Torschützenliste eintragen: Uneigennützig bedient von Lemperle, netzte der kroatische Vizeweltmeister Kramaric zum 7:0 ein (72.). Lemperle selbst erhöhte kurz vor Abpfiff der 90 Minuten, nach Vorarbeit von Umut Tohumcu, auf 8:0.
Ein rundum gelungener Tag war es für alle, die es mit "Hoffe" halten. Zumal lautstärketechnisch der Höhepunkt des späten Nachmittags erst nach 100 gespielten Minuten erfolgte. Als Prömels lange Leidenszeit endlich beendet war.
Der Sympathieträger wurde bei seiner Einwechslung für die finalen 20 Minuten mit Sprechchören begrüßt. "Überglücklich" sei Prömel, diktierte er hinterher in die Mikrofone: "Es gibt nichts Schöneres, als wieder auf dem Platz stehen zu können. Die Bank ist noch mal aufgestanden, jeder hat mich noch mal umarmt, daran sieht man, wie eng wir beieinander sind und wie sehr das auch die anderen Jungs bewegt hat."
Acht Tore, der achte Sieg im achten Test – und ein kleines bisschen Gänsehaut: Schade, dass dies alles nicht ganz so viele vor Ort miterleben wollten.
Hoffenheim: Baumann (91. Philipp) – Coufal (63. Drexler), Arthur Chaves (63. Hranac), Machida (63. Akpoguma), Bernardo (63. Behrens) – Avdullahu (63. Becker), Burger (63. Tohumcu/101. Prömel), Damar (63. Prass), Touré (63. Kramaric) – Moerstedt (46. Lemperle/91. Bebou), Asllani (46. Orban/91. Mokwa)
Metz: Fischer (91. Sy) – van den Kerkhof (56. Kouao), S. Sané (91. Melieres), Gbamin (91. Colin), Mboula (91. A. Touré) – Deminguet (67. Bokele), B. Traoré (91. Nduquidi), I. Sané (67. Madjo), Tsitaishvili, Sabaly (73. Abuasavali) – Gueye (67. Stambouli)
Schiedsrichter: Kampka (Görlitz)
Zuschauer: 6443; Tore: 1:0 Moerstedt (6.), 2:0 Burger (8.), 3:0 Bernardo (14.), 4:0 Damar (16.), 5:0 Gueye (45.+1/Eigentor), 6:0 Lemperle (55.), 7:0 Kramaric (72.), 8:0 Lemperle (90.+1)