MLP Academics gegen Vilnius

Plötzlich spielen sie wie im Rausch

Den bislang so enttäuschenden MLP Academics gelingt beim 92:83 gegen Rytas Vilnius in der Champions League der Befreiungsschlag

15.10.2025 UPDATE: 15.10.2025 21:15 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Historischer Sprungball: Am Mittwoch empfingen die MLP Academics Rytas Vilnius zum ersten Europacup-Heimspiel der Klubgeschichte. Foto: Pix

Von Nikolas Beck

Heidelberg. Hatte die MLP Academics etwa schon jemand abgeschrieben? Ja, die Heidelberger Basketballer können noch gewinnen. Und wie sie das können! Im ersten Europapokal-Heimspiel der Klubgeschichte spielten sie sich vor allem in Halbzeit zwei phasenweise in einen Rausch und besiegten in ihrer zweiten Champions-League-Partie völlig verdient das litauische Topteam Rytas Vilnius mit 92:83 (42:47).

"Das war mit Abstand unsere beste Saisonleistung", freute sich Sportchef Alex Vogel nach dem ersten Saisonsieg im sechsten Pflichtspiel, "weil wir vielleicht nicht über die gesamten 40 Minuten gut gespielt haben, aber konstant Energie hatten." Einziger Wermutstropfen an diesem Abend: Kapitän Paul Zipser musste mit einer Handverletzung vom Feld und droht länger auszufallen.

Mit DJ Horne, Michael und Marcus Weathers sowie Dusan Neskovic und Osun Osunniyi war es Jansson angegangen. Also mit derselben Fünf, die am vergangenen Sonntag bei der Niederlage in Rostock starten durfte.

Nach wie vor geht es für die Jungs vom Neckar vor allem darum, eine klare Rollenverteilung und Hierarchie zu finden. Dass sie Rytas-Coach Giedrius Zibenas durch einen frühen 8:0-Lauf schon nach drei Minuten zu einer Auszeit zwangen, lässt sich diesbezüglich als Schritt in die richtige Richtung deuten (8:3).

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Konzentriert und engagiert gingen die Academics zu Werke, führten ein paar Minuten später 18:11. Was dann passierte, ist nur schwer zu erklären – und erinnerte stark an den ersten Königsklassen-Auftritt eine Woche zuvor bei Promitheas Patras.

Damals wurde aus einem Vier-Punkte-Rückstand binnen sechs Minuten ein 23-Punkte-Rückstand. Ehe dieses Mal – kurioserweise wie in Patras – Michael Weathers mit einem erfolgreichen Dreier endlich wieder Heidelberger Zähler gelangen, lagen Janssons Schützlinge plötzlich 18:26 zurück (10.).

Der Finne brachte seine erste Fünf zurück aufs Feld – und diese die Hausherren wieder ins Spiel. Osunniyi, der fürs Academics-Gefüge so wichtige Center, erzielte sechs Zähler in Folge. Dann traf sein Vertreter Marcel Keßen den Dreier, mit dem die Heidelberger wieder in Führung gingen (32:31/15. Minute).

Das Problem: Dann standen sie sich wie zuletzt so oft erst mal wieder selbst im Weg. Ausgerechnet Kay Bruhnke, der deutsche Nationalspieler in Diensten der Litauer, traf in der Schlussminute des ersten Durchgangs zweimal von jenseits der 6,75-Meter-Linie – beide Male mit Foul, erst von Paul Zipser (bei dem sich der 31-Jährige verletzte), dann von Michael Flowers, und anschließenden Bonusfreiwürfen. Das sieht man im Basketball wahrlich nicht aller Tage.

Mit 42:47 ging es in die Halbzeitpause, in der Jansson offenbar die richtigen Worte gefunden hatte. Der Beginn der zweiten 20 Minuten war vielleicht das Beste, was die Academics bislang in dieser Runde zeigten. Hinten aggressiv, vorn bisweilen wie im Rausch: Binnen dreieinhalb Minuten übernahmen DJ Horne und Co. die Kontrolle, zwangen Rytas zu fünf (!) Ballverlusten hintereinander und drehten die Partie in Windeseile mit einem schnellen 17:4-Lauf (58:51/24.).

Mächtig Stimmung kam auf unter den 3031 Zuschauern, als Marcel Keßen Abschnitt drei per Dreier beendete und Abschnitt vier ebenso eröffnete. "Jetzt zählen nur noch Siege, Siege, Siege", hatte Academics-Boss Matthias Lautenschläger im Vorfeld von seinen Angestellten gefordert. Und die waren jetzt drauf und dran, ausgerechnet gegen den vermeintlich stärksten Gegner der bisherigen Spielzeit endlich den ersten einzufahren.

Zwar konnten die Gäste, angefeuert von den rund 50 Rytas-Ultras zum 73:73 ausgleichen (33.). Dann schlug die ganz große Stunde des DJ Horne. Endlich wieder! Drei Dreier hintereinander, einer von weiter draußen als der andere, durch die Reuse. Der 24-jährige US-Amerikaner, der in dieser Saison noch mehr Verantwortung im Heidelberger Spiel übernehmen muss, stand nun bei 33 Zählern, 82:73 auf der Anzeigetafel – und die Halle Kopf.

Zweieinhalb Minuten vor Schluss begann zwar noch einmal das große Zittern. Weil Vilnius auf minus vier herankam (86:82/38.), aber vor allem, weil Horne nun mit fünf Fouls von der Bank aus zuschauen musste. Doch dieser Abend sollte den Jungs vom Neckar gehören.


Heidelberg: Horne 33 (6 Dreier), Keßen 12 (2), Osunniyi 12, Ma. Weathers 10, Mi. Weathers 7 (1), Neskovic 6, Williamson 8, Flowers 4, Seric, Ersek, Zipser, Würzner

Vilnius: Radzevicius 15 (3), Sargiunas 15 (1), Lukosius 14 (3), Bruhnke 12 (2), Walker 9 (1), Paliukenas 5, Gudaitis 5, Wiley 4, Masiulis 4

Stenogramm: 8:3 (3.), 18:11 (7.), 18:26 (10.), 21:26 (1. Viertel), 32:31 (15.), 36:38 (18.), 42:47 (Halbzeit), 58:51 (24.), 65:65 (28.), 70:67 (3. Viertel), 76:73 (33.), 85:74 (36.), 86:82 (38.), 92:83 (Endstand)

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