Mannheim

Andreas Gabalier spielt Hüttengaudi mit populistischen Untertönen

Der Alpen-Elvis und seine Märchenwelt: In der SAP-Arena rockt und schunkelt Andreas Gabalier 10.000 Menschen in Ekstase.

13.10.2025 UPDATE: 12.10.2025 14:15 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden
Er zeigt große Gesten, spannt auch mal den Bizeps an und grüßt vor allem die „Madln“, die im Dirndl gekommen sind: Andreas Gabalier in der SAP-Arena. Foto: Bernhard Kreutzer

Von Marco Partner

Mannheim. Er ist Volks-Rock’n’Roller, Schlagerstar aus der Steiermark und ambivalenter Alpen-Elvis. Andreas Gabalier brennt bei seinem Auftritt in Mannheim ein Feuerwerk an Hulapalu-Hits ab, gesteht aber auch, dass er nicht der (politisch) Korrekteste im Musikantenstadl ist.

Die Hütte ist voll, die SAP-Arena mit 10.000 Fans ausverkauft. Viele Besucherinnen tragen Dirndl, die "Buam" Lederhosen und Karohemden. Schließlich steht der Gast aus Österreich für Tracht und Tradition. In knackig strammen Lederbuxen, Sonnenbrille, Weste und festen Bergschuhen tritt Gabalier vors jubelnde Publikum. Das Mikro ist auf der Harmonika angeschraubt und mit "Jodi jodi jodi je"-Rufen wird gleich zum Start die große Bierzelthymne angestimmt.

Zu "Hulapalu" stolziert der 40-Jährige über die Bühne, ballt die Fäuste, spannt auch mal den großen Bizeps an, grüßt vor allem die "Madln". Die nächsten fast drei Stunden gibt er, begleitet von seiner Rockband, ein Best-of-Konzert von Herkunft und Heimat. "Bratfettn, Leberwurst und Grießnockerlsupp’n / Am Stammtisch bei einem Kartenspiel im Wirtshaus hocken", heißt es in dem Schunkelsong "Dahoam". Aber es soll noch zünftiger werden.

Bei "So liab hab i di" holt Gabalier ein paar Dirndl-Mädchen ("So schick herausgeputzt!") auf die Bühne und erinnert sich an die Anfänge. Wie ab 2009 ein "Lausbub aus der Steiermark" zum Chartknacker wurde. Erst in Austria, dann über die Alpen hinweg. Frech reichte er damals eigene Songs beim ORF-Radiostudio ein – und wurde zum neuen Stern im Schlagerhimmel. Auftritte bei Carmen Nebel und Karl Moik, ausverkaufte Tourneen, millionenfache Albenabsätze, ein Image als Alpen-Elvis, der Volksmusik mit Rock’n’Roll verbindet.

So weit so gut. Doch die von ihm so gerne besungene heile Welt erfährt Risse. 2015 räumt die Dragqueen Conchita Wurst bei den Amadeus-Awards deutlich mehr Preise ab als Gabalier. Der fühlt sich gekränkt. "Man hat’s nicht leicht auf dieser Welt, wenn man als Manderl noch auf ein Weiberl steht", sagt der Bergdoktor mit der Gitarre und wird ausgebuht. Eine Ansprache als Ohrfeige für die queere Szene, und der Start einer Kontroverse um einen als rückwärtsgewandt geltenden Volksmusiker, der nicht nur zwischen den Zeilen von traditionellen Geschlechterrollen singt.

Das Phänomen Gabalier

Seitdem hat sich um das Phänomen Gabalier ein Berg an kleinen und größeren Skandalen angehäuft: über sexistische Liedzeilen und Äußerungen wie "genderverseuchte Zeit" bis hin zu Vorwürfen, mit den kitschigen Klischeesongs eine Echokammer für Rechtspopulisten zu sein. Die Debatte gipfelt in einem Album-Cover mit merkwürdiger Pose. In geknickter Körperhaltung lässt sich Gabalier ablichten – manche meinen, darin ein Hakenkreuz zu erkennen, Pegida-Anhänger ahmen die Pose in den Sozialen Medien nach. Gabalier lässt mit einer klaren Distanzierung immer noch auf sich warten, zuletzt versichert er in dem BR-Podcast "Hinter der Lederhose" (der sich mit seinen doppeldeutigen Äußerungen befasst) zumindest glaubhaft, dass es nie und nimmer seine Absicht war, das Symbol der Nazis nachzustellen.

Generell fühlt sich der Schlagerstar als Opfer – und teilt doch gerne aus. "Ich erfahre viel Gegenwind, weil ich für meine Wurzeln und Werte eintrete. Ich bin nicht der Eins-a-Wunschkandidat, aber was soll’s, man kann es nicht jedem recht machen", sagt er und stimmt "A Meinung haben" an. Gewiss kein Schunkelsong, eher eine Aufforderung an eine sich tolerant gebende Gesellschaft, konservative Meinungen auszuhalten.

Erfolg trotz Kritik

Sein Erfolg jedenfalls hält aller Kritik stand. Mit "Oh wie ist das schön"-Sprechchören wird Gabalier auch in Mannheim abgefeiert. Zur Hüttengaudi mit Jodeln und Jauchzen speit die Bühne Feuerflammen. Doch es gibt auch ruhige Töne: die Unplugged-Versionen von "12 Ender Hirsch" oder "Bergbauernbuam" wirken live sehr rhythmisch, mit "Amoi seg‘ ma uns wieder" betrauert der 40-Jährige zum Konzertende den Tod seines Vaters und seiner jüngeren Schwester.

Was aber führt dazu, dass 10.000 Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar inbrünstig "I bin an Bergbauernbuam" schmettern? Die Erklärung gibt Gabalier selbst: "Wir bieten Ablenkung in fordernden Zeiten. Alles wird global, aber wir sind ein Hafen, in den man die Sorgen, Bedenken und Ängste einmal vergisst, wir sind eine Märchenwelt", sagt er. Und seine Fans zünden die Lichter an.

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