Großprojekt Kindergarten ist vorerst Geschichte
Gemeinderat kippt Vorhaben - Kein Geld für Anlage auf dem früheren Stadthallengelände

Das war’s mit der ehrgeizigen Neubebauung: Der Plan für einen neuen Kindergarten mit Tagespflege für Senioren und einem Laden, möglichst mit Metzgerei, landet in der Schublade. Foto: Büro O2R/RNZ
Neckarbischofsheim. (kel) Die Stadt zieht bei der geplanten Bebauung des früheren Stadthallenareals die Notbremse: Fast eine halbe Million Euro weniger Gewerbesteuer als erwartet, dazu die "höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Zeiten", wie es Stadtrat Hans-Peter Jelinek formulierte, außerdem die Belastungen durch angelaufene Vorhaben - dem Gemeinderat ist das alles zu viel.
Das Großprojekt mit Kindergarten, dem eine Tagespflegeeinrichtung und ein Ladengeschäft angegliedert werden sollten, wurde am Dienstagabend ersatzlos aus dem Etat 2018 gestrichen. Auch eine abgespeckte Version, für die statt 4,6 Millionen knapp drei Millionen Euro veranschlagt waren und bei der die Kapazität von neun auf sieben Kindergartengruppen schrumpfen sollte, kommt nicht zum Zuge - auch nicht in den nächsten zwei, drei Jahren. Denn eine Besserung der Finanzlage ist vorerst nicht in Sicht.
"Wir müssen sparen, wo wir können", gab Bürgermeisterin Tanja Grether als Devise aus und zeigte auf den Etat fürs laufende Jahr: Der hat mit 11,8 Millionen zwar immer noch ein stattliches Volumen, wird aber von Pflichtaufgaben aufgefressen. Unterm Strich bleiben nicht mal genügend Euros für die Schuldzinsen; das Loch wird mit neuen Krediten und Entnahmen aus den schrumpfenden Rücklagen entnommen. Kämmerer Ümit Kusanc machte wenig Hoffnung, dass sich die Situation kurzfristig ändern könnte: 2019 werde nochmals ein problematisches Jahr für die Stadtkasse, erst ab 2020 sei eine Normalisierung zu erwarten.
Bei der Ursachenforschung stießen Norbert Benz und Cornelia Umhau auf rund 150.000 Euro, die für Planungen ohne Realisierungsaussicht ausgegeben worden seien. Die Stadt sollte zunächst den finanziellen Rahmen abstecken, bevor sie Projekte wie Kindergarten, Mehrzweckhalle oder Feuerwehrgerätehaus zu Papier bringen lasse, empfahl Benz. Dafür gab es jedoch Widerspruch: Ohne Planung lasse sich erst gar keine fundierte Kostenschätzung abgeben, hielten Ratskollegen und Verwaltung dagegen.
Für das Problem der fehlenden Kindergartenplätze kündigte die Bürgermeisterin einen intensiven Überlegungsprozess an. Stadtrat Jelinek deutete mit seiner Anregung, die Zehntscheune in das Raumnutzungskonzept der Kommune einzubinden, ehe vage einen Lösungsansatz an.
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Wie sehr der Stadt das Kindergartenproblem unter den Nägeln brennt, wurde am aktuellen Beispiel Untergimpern deutlich: Dass die vor einem Jahr eingeweihte Einrichtung bis zum Anschlag belegt ist und nun eine altersgemischte Gruppe für Entlastung sorgen soll, ist das eine. Schwerwiegender ist momentan, dass wegen der Grippewelle ein beträchtlicher Anteil der Mitarbeiterinnen ausfällt. "Die Erzieherinnen gehen am Krückstock", beschrieb eine Mutter die Personalnöte. Als Konsequenz und um die Arbeitszeitvorschriften einzuhalten, wurden mehrfach die Öffnungszeiten gekürzt - was wiederum berufstätige Mütter in die Bredouille brachte, die morgens erfuhren, dass sie ihr Kind früher abholen sollten.
In den beiden anderen Kindergärten im Stadtgebiet ist die Lage derzeit nicht ganz so zugespitzt - aber grundsätzlich fehlt es mittelfristig überall an Platz: "Im nächsten Jahr wird’s richtig eng", prophezeite Tanja Grether.



