Hirschberg

Bürgermeister Manuel Just zieht Jahresbilanz

"Es war ein aufregendes Jahr" - RNZ-Jahresinterview zu Weinheimer OB-Wahl, Ortsumgehung und Projekten

20.12.2018 UPDATE: 21.12.2018 06:00 Uhr 6 Minuten, 53 Sekunden

"Wir werden gemeinsam, so ist der Plan, noch einige Projekte anstoßen - wie die Machbarkeitsstudie ,Sanierung der Hallen‘ - mit Beginn des kommenden Jahres. Das gleiche gilt für das Thema ,sozialer Wohnungsbau‘", kündigt Bürgermeister Manuel Just an. Fotos: Kreutzer

Von Annette Steininger

Hirschberg. Das Jahr 2018 brachte für Hirschberg wie auch Bürgermeister Manuel Just (40) große Ereignisse mit sich. So herrscht schon ein wenig Abschiedsstimmung, weil Just zum Oberbürgermeister Weinheims gewählt worden ist, ohne jedoch zu wissen, wann er antreten kann. Im RNZ-Jahresinterview spricht er über seine Situation, strittige Themen und potenzielle Nachfolger.

Herr Just, war 2018 das aufregendste Jahr Ihres Lebens?

Ja, es war ein aufregendes Jahr. Ich bin zum Oberbürgermeister der Stadt Weinheim gewählt worden - und wurde auch noch 40. Beruflich gehört auch die Wahl in Hirschberg 2007 zu meinen aufregendsten Jahren, privat natürlich die Geburt der Kinder und die Hochzeit.

Wie sehr sehnen Sie den Tag herbei, an dem über die Oberbürgermeister-Wahl in Weinheim endgültig entschieden wird?

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Sehr. Es ist in der Tat so, dass die Hängepartie für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Für Weinheims Ersten Bürgermeister Torsten Fetzner, der momentan zwei Jobs machen muss; für mich, der den Anspruch hat, den Job in Hirschberg sauber zu Ende zu bringen, und gleichzeitig den Leuten in Weinheim zu zeigen: Ich bin da. Hier bin ich als "Spielbeobachter" unterwegs, um sicherzustellen, dass ich in den Themen gut drin bin, wenn es in Weinheim losgeht.

In Hirschberg gibt es nun zwei Interessenten für Ihre Nachfolge: Hauptamtsleiter Ralf Gänshirt und den Zweiten Bürgermeister-Stellvertreter Christian Würz (CDU). Was halten Sie von den beiden?

Ich halte von beiden etwas (schmunzelt). Aber ich glaube, es schickt sich nicht, im politischen Umfeld über mögliche Nachfolger mit zu diskutieren. Selbstverständlich habe ich persönlich eine Meinung dazu, aber es wäre nicht fair, sie an dieser Stelle zu präsentieren. Und ich glaube auch, dass die Hirschberger Wähler klug genug sind, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich bin jedenfalls einer davon (lacht).

Sie selbst haben sich nun auch entschieden, für den Kreistag zu kandidieren, und zwar als Kandidat der CDU. Das haben Sie damals, als es in Hirschberg zur Debatte stand, mit der Unabhängigkeitsbegründung abgelehnt. Woher die Kehrtwende?

Zum einen ist die Zeit zehn Jahre weitergelaufen. Ich glaube aber auch, dass ich in Hirschberg bei einer erneuten Anfrage nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Die Situation verschiebt sich gewaltig, wenn man Oberbürgermeister der größten Stadt des Rhein-Neckar-Kreises ist. Ich glaube, dass der weit überwiegende Teil der Bürger überzeugt davon ist, dass "ihr" Oberbürgermeister im Kreistag vertreten sein sollte. Zumal Weinheim die Stadt mit den meisten kreisangehörigen Einrichtungen ist.

Aber es gibt auch Bürgermeister kleiner Kommunen, die im Kreistag sitzen …

Ja. Aber ich finde, es geht auch immer um die Schnittmengen. Welche haben wir in Hirschberg mit dem Kreis? Eine Kreisstraße und die Müllumladeanlage der AVR. Mit der AVR geht es dann aber schon los: Sie ist eine GmbH des Kreises und die wichtigen Themen werden dort geklärt. In Weinheim ist das etwas ganz anderes: Sie haben die Kreispflege, die GRN-Klinik und die Kreisschulen - einfach Dinge, die den Alltag der Menschen berühren.

Und warum treten Sie nicht beispielsweise für die Freien Wähler an?

Klar, das wäre auch eine Option gewesen. Aber am Ende entscheiden Kleinigkeiten, vielleicht sogar eher Formalitäten. Ich kann nun mal nur auf einer Liste stehen.

Bleiben wir bei Kehrtwende oder Kontinuität: Wenn noch mal über die Stolperstein-Verlegung abzustimmen wäre, würden Sie sich wieder für einen nicht-öffentlichen Beschluss im Gemeinderat aussprechen?

So wie es jetzt im Nachgang gelaufen ist - unspektakulär, fast schon einstimmig, problemlos, ohne Rückfragen, die irgendjemanden in ein diskreditierendes Licht hätten rücken können, hätte man es locker auch im öffentlichen Teil diskutieren können. Aber so etwas weiß man im Vorfeld natürlich nie. Diese Frage, ob öffentlich oder nicht, haben Sie oft, wenn Sie sich mit Themen auseinandersetzen, bei denen Privatpersonen betroffen sein können.

Von allen Projekten bedauert Bürgermeister Manuel Just beim evangelischen Kindergarten Leutershausen am meisten, dass er ihn nicht mehr einweihen wird. Entwurf: Arbeitsgemeinschaft "Dr. Bittmann + Sananikone Planungsgesellschaft, Weinheim", "Studio SF Architektur und Projektentwicklung" und "Freier Architekt Steffen Seiferheld"

Die Realisierung einiger Projekte, an denen Sie beteiligt waren, werden Sie wohl nicht mehr als Hirschberger Bürgermeister erleben. Bei welchem bedauern Sie es besonders?

Dass ich den evangelischen Kindergarten Leutershausen nicht mehr einweihen darf, in dem viel Arbeit steckt, bedauere ich am meisten. Wir werden aber gemeinsam, so ist der Plan, noch einige Projekte anstoßen - wie die Machbarkeitsstudie "Sanierung der Hallen" - mit Beginn des kommenden Jahres. Das gleiche gilt für das Thema "sozialer Wohnungsbau". In der Großsachsener Friedrich-Ebert-Straße wird durch die Sanierung der ehemaligen Post eine Kleinkindkrippe entstehen. Das sind alles Projekte, in denen wahnsinnig viel Arbeit drinsteckt. Und sie hätte ich gerne bis zum Schluss begleitet. Ich glaube aber, man muss sich als Bürgermeister und auch in anderen Berufen davon lösen, dass man sagt: "Jetzt ist alles abgeschlossen, jetzt kann ich gehen." Dafür ist die heutige Zeit einfach viel zu dynamisch.

Auch Ideen aus dem Leitbild für den öffentlichen Raum, das der Gemeinderat dieses Jahr beschlossen hat, werden Sie wahrscheinlich nicht vor Ort erleben. Welche Empfehlungen daraus halten Sie in den nächsten Jahren für machbar?

Wir wollen natürlich an allen Stellen Akzente setzen. Ich glaube, dass es wichtig ist, sich zunächst einmal die Ortseingänge vorzuknöpfen. Hier sehe ich durchaus noch Verbesserungspotenzial. Es ist auch die erste Visitenkarte, die man als Ort abgibt. Was die Ortsmitte in Großsachsen deutlich beleben kann, ist, wenn es uns gelingt, an der einen oder anderen Stelle das Element "Wasser" herauszuarbeiten.

Apropos Gestaltung: Ihr berühmtes "Gebäudepuzzle" scheint zu ruhen, also die Schillerschule als möglicher Standort für die Bibliothek; das alte Feuerwehrhaus, in dem sich derzeit die Bücherei befindet, als eventuelles Geschäftshaus. Haben sich die Pläne erledigt?

Nein. Man denkt in der Tat momentan nicht so sehr über diese Ideen nach, aber ich halte es derzeit auch nicht für erforderlich. Zum einen müssen wir jetzt erst mal den evangelischen Kindergarten in Leutershausen fertigstellen, der uns finanziell vor eine Herausforderung stellen wird. Danach - das ergibt ja auch die Prioritätenliste, die dieses Jahr verabschiedet wurde - hat der Gemeinderat die erste Priorität auf die Hallen gelegt. Das halte ich auch für gerechtfertigt. Die Heinrich-Beck-Halle ist in keinem guten Zustand und hätte auch einen Sanierungsbedarf noch vor der Sachsenhalle, die besser in Schuss ist. Damit werden wir auch in den kommenden Wochen an die Öffentlichkeit gehen. Die Machbarkeitsanalyse befindet sich auf der Zielgerade.

Ruhig war es auch lange um den "Sterzwinkel" beziehungsweise um das dortige Vorhaben "Therapiezentrum mit Drogeriemarkt". Jetzt hat die Verwaltung veröffentlicht, dass sich die Eigentümer nicht einig sind, was einen möglichen Verkauf angeht. Hätte es nicht auch eine "sanftere Methode" als die Teilungsversteigerung gegeben?

Zunächst darf ich voranstellen, dass ich durchaus Verständnis habe, wenn einzelne Eigentümer gegebenenfalls andere Vorstellungen haben. Und es ist auch unstrittig, dass es immer schöner ist, einen einvernehmlichen Weg beziehungsweise eine einvernehmliche Lösung zu finden. Gleichwohl geht es der Gemeinde an dieser Stelle um das öffentliche Interesse, welches an einer Errichtung eines Drogeriemarktes mit einem Gesundheitszentrum besteht. Um dieses Interesse im Sinne unserer Bürgerschaft weiter zu verfolgen, bleibt uns leider tatsächlich keine andere Möglichkeit übrig, als die, die uns der Gesetzgeber einräumt.

Die Planungen für den "Sterzwinkel" haben vor allem 2017 für viel Aufregung gesorgt, ein "Aufreger" in diesem Jahr war die Kürzung des Tagesmütter-Zuschusses. Sie begründen diese auch damit, dass dies Aufgabe des Kreises sei. Machen Sie es sich damit nicht ein bisschen einfach?

Nein. Wenn die Gemeinde Hirschberg überall dort die Verantwortung übernimmt, wo etwas im Argen liegt oder andere ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, können wir unseren Haushalt vergessen. Es gibt eine klare Zuständigkeitsregelung - für die Tagesmütter sind es die Landkreise, für die Krippen die Gemeinden. Es wäre aber sicherlich sinnvoller, wenn man die Zuständigkeit in eine Hand geben würde. Letztlich hat von den Tagespflegemüttern niemand weniger Geld zum 1. Januar als zum 31. Dezember. Die Erhöhung der Elterngeldbeiträge nun seitens der Tagesmütter ist in meinen Augen auch dem geschuldet, weil in den letzten Jahren keine Erhöhung durchgeführt wurde. Dass es irgendwann zu einer Preisanpassung kommen muss, ist doch klar.

Nicht glücklich machen konnte man viele Hirschberger mit der neuen Ampelschaltung in der Ortsdurchfahrt für Großsachsen. Hand aufs Herz, wie zufrieden sind Sie selbst damit?

Also, es ist besser geworden. Und die Verbesserungen sind wirklich spürbar - darüber darf man sich auch mal freuen. Dass das kein Ergebnis ist, das der Weisheit letzter Schluss sein kann, ist uns auch allen klar. Deshalb werden wir an dem Thema dran bleiben müssen. Ich war dieses Jahr auch persönlich im Bundesverkehrsministerium, um das Thema noch mal zu platzieren. Der Bau einer Ortsumgehung als Bundesstraße scheint derzeit ausgeschlossen zu sein, weil wir nicht im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden sind. Da kämpfen wir auch ein Stück weit gegen Windmühlen, weil die Gemeinde in den 1980er Jahren die Chance hatte und der Gemeinderat in meinen Augen damals eine falsche Entscheidung getroffen hat. Das hängt uns bis heute nach.

Gibt es denn noch eine realistische Chance für eine Ortsumgehung?

Steter Tropfen höhlt den Stein. Man merkt aktuell größere Bemühungen von vielen Parteien, was ich zunächst einmal gut finde. Ich glaube aber auch, dass es falsch ist, diese Bemühungen mit einer favorisierten Lösung zu verknüpfen. Weil ein Kommunalwahlkampf meines Erachtens nicht geeignet ist, das Thema mit Blick auf konkrete Lösungen zu forcieren. Wenn eine greifbar erscheint, ist man nicht mehr in der Lage, ohne Gesichtsverlust zurückzurudern. Thema platzieren - ja, am Ball bleiben - ja, aber bitte ergebnisoffen. Was ich gut fand, war der Vorschlag der Weinheimer Liste, dass alle betroffenen Kommunen - Weinheim, Hirschberg und Heddesheim - an einen Tisch sollten. Dem Vorschlag könnte ich mich tatsächlich nähern.

Es gab aber bezüglich des runden Tischs noch kein Gespräch mit den Bürgermeistern aus den Nachbarkommunen?

Ich glaube, dass die Weinheimer da offen sind.

Absehbar ist nun Ihre Zeit in Hirschberg. Dabei sind Sie gerade erst in diesem Jahr in Ihr eigenes Haus in Hirschberg gezogen. Ist das nicht ein komisches Gefühl?

Für meine Frau mehr als für mich. Wir haben uns einfach grundsätzlich auf ein eigenes Haus gefreut und vor allem auf den Garten. Das erhöht deutlich die Lebensqualität; man kann die Kinder einfach mal springen lassen. Klar ist eben auch, dass, wenn unsere Tochter Mira in die weiterführende Schule wechselt, Weinheim sowieso eine Option gewesen wäre. Und unser Sohn Joris kommt dann in die Schule - das ist dann ein guter Zeitpunkt für den Umzug nach Weinheim.

Weihnachtszeit ist Wünschezeit: Was wünschen Sie sich von Ihrem Nachfolger?

Dass er oder sie erkennt, welches großartige ehrenamtliche Engagement in dieser Gemeinde steckt. Das zeichnet Hirschberg auch aus. Wir hätten vieles nicht, wenn die Ehrenamtlichen nicht so agieren würden, wie sie agieren. Und ich wünsche mir, dass er oder sie die Gemeinde so sensibel und behutsam weiterentwickelt, wie das (schmunzelt) in den vergangenen 44 Jahren passiert ist (Anm. d. Red.: Vor 44 Jahren erfolgte der Zusammenschluss von Leutershausen und Großsachsen zur Gemeinde Hirschberg an der Bergstraße).

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