Edingen-Neckarhausen

Die Fähre ist mehr als nur ein Transportmittel

Seit 28. April fährt sie unter kommunaler Flagge - Fährfrau Martina Kreuzer liebt ihren Beruf

01.07.2020 UPDATE: 02.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden
Fährfrau Martina Kreuzer freut sich über die vielen Stammgäste wie den 85-jährigen Ludwig Wenchel aus Ladenburg, der seit 1939 viel Zeit auf der Fähre verbringt. Foto: Pilz

Edingen-Neckarhausen. (nip) Es ist Nachmittag, kurz vor 15 Uhr. Fährfrau Martina Kreuzer ist dabei, ihren Kollegen Reinhard Barta abzulösen, der jetzt Feierabend hat. In den kommenden Stunden hat die Fährfrau gut zu tun, und Neckarhausens Wahrzeichen, die Fähre, liegt jeweils nur kurz an den Anlegestellen in Neckarhausen und Ladenburg. Die großen Frachtschiffe haben Vorrang und verschaffen den Fährleuten dadurch kleine Verschnaufpausen.

Die Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger nutzen die Zeit oder auch die zweieinhalbminütige Überfahrt für ein Schwätzchen. "Wir haben viele Stammgäste, und wenn sie nicht da sind, fehlen sie richtig", sagt Martina Kreuzer. Die Leidenschaft für die Fähre ist ihr von Großvater und Vater quasi in die Wiege gelegt worden. Schon als Kind habe sie gern auf der Fähre geholfen, erzählt sie.

Am 16. Januar 1992 erwarb sie das Fährpatent zusammen mit ihrem Mann Thorsten sowie Beate und Michael Gropp. Kreuzers Bruder Andreas Krauß war noch früher dran. Nach dem Tod des Vaters legte er am 1. April 1983 die entsprechende Prüfung ab. "Von ihm habe ich viel gelernt", sagt Martina Kreuzer. Sie ist die Einzige, die nach der Auflösung der Fährgemeinschaft und dem Wechsel der Fährverbindung in kommunale Hand, dabeigeblieben ist. Die gelernte Einzelhandelskauffrau hat dafür sogar ihren Job in Mannheim beim Kaufhaus C&A aufgegeben.

"Mit einem lachenden und einem weinenden Auge", wie sie zugibt. Doch die Liebe zur Fähre wog schwerer, und jetzt ist sie Vollzeit-Angestellte der Gemeinde. Ihr Ehemann und die beiden Töchter Ann-Kathrin und Isabelle sind mit jeweils zehn Stunden im Monat ebenfalls mit an Bord. "Es macht mir viel Spaß, und ich bin so froh, dass die Fähre weiterläuft. Ich habe deswegen schlaflose Nächte gehabt", erzählt sie.

Es war im Juni 2019, als die Fährgemeinschaft um ihren Sprecher Jochen Krauß bei Bürgermeister Simon Michler, deren Auflösung bekannt gab, weil die Hauptanteilseigner aufhören wollten und die verbliebenen Familien den Dienst in gewohnter Form nicht hätten stemmen können. Das Ergebnis: Die Kommune übernahm die Fähre am 6. April dieses Jahres, angesiedelt in der Stabstelle bei Thea-Patricia Arras. Jochen Krauß steht als Technikfachmann weiterhin zur Verfügung.

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Am 28. April fand die "kommunale Jungfernfahrt" nach dreiwöchigem Werftaufenthalt in Neckarsteinach statt, wo das Transportmittel rundumerneuert und dabei auch das immer fünf Jahre geltende Fährzeugnis neu ausgestellt wurde. Neben dem elektronischen Erfassungssystem mit Bonauswurf, mit dem die Gemeinde nun alle Fahrgäste zahlenmäßig erfassen kann, gab es eine neue Sitzbank und ansehnliche Holzauflagen. Auch der Fahnenmast wurde verlängert – die Positionslampen, wichtig für die Fahrten in der Abenddämmerung – sind nun besser erkennbar.

Martina Kreuzer ist im Vorstand des Fördervereins "Neckarhäuser Fähre", der sich am 6. März in der DJK-Gaststätte gründete. Die Mitgliederzahl bewegt sich gen 200 Personen. Das Schönste an ihrem Beruf, so anstrengend er auch manches Mal in großer Hitze, bei Regen oder Kälte sein könne, sei der Wechsel der Jahreszeiten, die sie hautnah miterlebe. Erst vor wenigen Tagen begrüßte sie morgens ein Graureiher, der es sich auf der Schranke der Fähre bequem gemacht hatte.

Die Neckarhäuser Fähre, betont die Fährfrau, sei nicht nur Transportmittel, sondern auch sozialer Treffpunkt, Informations- und Kontaktbörse. Ludwig Wenchel, 85 Jahre jung und aus Ladenburg, ist einer, der seit 1939 viel Zeit auf der Fähre verbringt, immer mit wachem Auge für das Geschehen an Bord und drumherum. Auch in seinem Leben spielt die Fähre eine wichtige Rolle.

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