Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Im Vorfeld der heutigen Pressekonferenz hatte Bürgermeister Simon Michler eine "handfeste Überraschung" angekündigt. Und er hielt Wort: Zum 7. April 2020 wird Edingen-Neckarhausen als Kommune den bislang privaten Fährbetrieb auf dem Neckar zwischen Neckarhausen und Ladenburg übernehmen.
Am 22. August habe er bei einem Termin im Rathaus erfahren, dass die Fährgemeinschaft nicht weitermachen wolle, erklärte Michler. Er habe spontan zugesagt, eine Lösung bis 2024/25 - perspektivisch darüber hinaus - zu suchen. Dass die Fährgemeinschaft (FG) noch vor Fertigstellung der neuen Neckarbrücke als Teilstück des Straßenbauprojekts "L 597 neu" aufgibt, kam wohl auch innerhalb der sieben Familien mit unterschiedlichen Fähranteilen überraschend. Aber die Hauptanteilseigner, die 22 von 48 Anteilen halten, hätten im Juni bei einem Treffen mitgeteilt, dass sie aussteigen. Gründe hierfür wollte Annegret Zieher auf Nachfrage der RNZ nicht nennen.
Das Aquarell von P.F.Peters entstand um 1845 und dürfte die älteste Darstellung der seit dem späten Mittelalter belegten Neckarhäuser Fährverbindung nach Ladenburg sein. Das Gemälde befindet sich im Fundus des Lobdengaumuseums in Ladenburg. Foto: Duda/Repro: Kraus-Vierling
"Keine Möglichkeit, die Fähre weiter privat zu betreiben"
"Wir haben intensiv nach Lösungen gesucht, wie wir das auffangen können. Aber es gab für uns keine Möglichkeit, die Fähre weiter privat zu betreiben", sagte FG-Sprecher Jochen Krauß heute im Schloss Neckarhausen, wo Anteilseigner, Verwaltung, Gemeinderäte, Kultur- und Heimatbund sowie Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz zusammenkamen.
Nun werde die FG zum 5. April 2020 ihren Betrieb einstellen; das Fährzeugnis läuft zum 6. April aus, danach stehe der übliche Werfttermin an, um nach Überprüfung und eventuellen Reparaturen für weitere fünf Jahre das Fährzeugnis zu erhalten. Hierfür fallen rund 50.000 Euro an. Der jährliche Zuschussbedarf liege ebenfalls bei 50.000 Euro.
Bürgermeister Michler sagte, er gehe davon aus, dass der Betrieb im ersten Jahr nach Übernahme nicht kostendeckend sei. Generell seien aber jährlich Einnahmen von rund 200.000 Euro zu erwarten. Ladenburg hat zugesagt, so erklärte Stefan Schmutz, im Verlustfall finanziell einzuspringen. "Wir sind am weiteren Betrieb der Fähre interessiert. Für uns ist das genauso wichtig, es ist der kürzeste Weg", sagte Schmutz.
Die Fähre sei Kulturgut, Kult und habe vor allem eine ganz wichtige Erschließungsfunktion auch für Touristen, Pendler und Schüler, sagte Schmutz. Zudem sei sie bis zur Fertigstellung der Ortsumfahrung Teilstück der Landesstraße 597. Michler nickte und erklärte, dass man voraussichtlich noch in dieser Woche ein gemeinsames Schreiben beider Kommunen an Verkehrsminister Winfried Hermann richten werde mit der Bitte, eine finanzielle Beteiligung wenigstens bis zur Fertigstellung der neuen Neckarbrücke zwischen Ladenburg und Neckarhausen "wohlwollend zu prüfen".
Die Landtagsabgeordneten habe man ebenfalls informiert, sagte Michler. SPD-Landtagsabgeordneter Gerhard Kleinböck hat darauf bereits reagiert und sich in einem Brief an Verkehrsminister Hermann erneut für den Erhalt der Fährverbindung ausgesprochen. Zudem bittet er Hermann zu prüfen, wie Edingen-Neckarhausen bei der Aufrechterhaltung der Fährverbindung unterstützt werden könne. Möglicherweise, sagte Bürgermeister Michler, gebe es auch einen Zuschuss vom Rhein-Neckar-Kreis. Das Kommunalrechtsamt habe das Vorhaben jedenfalls rechtlich bereits abgesegnet.
Vorbehaltlich der Zustimmung des Gemeinderats, der am 23. Oktober das Thema in seiner Sitzung behandeln soll, ist folgendes geplant:
Eine Übernahme der Fähre könnte zum 7. April erfolgen. Zu diesem Zweck überträgt die Fährgemeinschaft die Fähre, das historische Fährhaus von 1815 inklusive knapp 60 Quadratmeter großem Grundstück sowie die vorhandenen Betriebseinrichtungen, Ersatz- und Verschleißteile zum Preis von 35.000 Euro Gesamtablöse an die Gemeinde Edingen-Neckarhausen.
Angesiedelt wird der neue kommunale "Regiebetrieb", der laut Kämmerer Manfred Kettner wohl eher nicht als GmbH geführt werden wird, in der Stabstelle des Bürgermeisters. "Ein politisches Signal nach außen", meinte Michler. Stabstellen-Inhaberin Thea-Patricia Arras wird demnach, zumindest verwaltungstechnisch, neue Kapitänin dieses spannenden Projekts. "Ich freue mich darauf", betonte sie. "Nach dem Schock vom 22. August überwiegt jetzt die Vorfreude", meinte auch Michler, dem gestern viel Anerkennung für seinen Einsatz entgegengebracht wurde.
Gedacht sei ferner an die Gründung eines Fördervereins Fähre, der finanzielle und ideelle Unterstützung leisten könnte, sagte der Bürgermeister weiter. Vorerst plane man mit der Einrichtung von drei Vollzeitstellen. Weitere Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigte müssten vermutlich folgen. Der personelle Aspekt sei noch herausfordernd, doch die Fährgemeinschaft habe Hilfe zugesagt. Zwar löse sie sich zum 6. April auf, doch gebe es Signale, unter anderem von Martina Kreutzer und deren Töchtern, weiter fähren zu wollen.
Aus dem zurzeit als Lager genutzten Fährhäuschen, das unter Denkmalschutz steht, lasse sich eventuell ein kleiner Kiosk mit Ticketverkauf einrichten. "Aber das ist erst einmal zweitrangig", meinte Michler.