Edingen-Neckarhausen

Ein Abschied von der Neckarhäuser Fähre

Seit 1997 war Fährmann Uwe Pfeiffer auf dem Neckarunterwegs - Anfang April übernimmt die Kommune die Verbindung nach Ladenburg

31.03.2020 UPDATE: 01.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Uwe Pfeiffer hatte am Samstag seinen letzten Arbeitseinsatz auf der Neckarfähre. Foto: Pilz

Edingen-Neckarhausen. (nip) Wenn morgens über dem Odenwald die Sonne aufgeht und abends im Westen wieder Platz für den Mond macht, dann geht Uwe Pfeiffer jedes Mal das Herz auf. "Das ist immer ein unheimlich schöner Anblick", sagt der Fährmann, der am vergangenen Samstag seinen letzten Tag auf der Fähre hatte.

Nach und nach schieden die einzelnen Familien aus der Fährgemeinschaft aus. Wie bereits berichtet, geht das Transportmittel als wichtige Verbindung zwischen Neckarhausen und Ladenburg Anfang April in die Hand der Kommune über. Nachdem im vergangenen Juni die größten Anteilseigner ihren Ausstieg verkündet hatten, suchten die verbliebenen Familien um Sprecher Jochen Krauß gemeinsam mit Bürgermeister Simon Michler nach einer Lösung. Erfolgreich, weil keiner wollte, dass dieses Neckarhäuser Wahrzeichen verschwindet. Am 6. März gründete sich um CDU-Gemeinderat Florian König ein eigener Förderverein mit dem Ziel, der Kommune dabei zu helfen, die Fährverbindung auch dann aufrecht zu erhalten, wenn 2024 die neue Neckarbrücke im Zusammenhang mit dem Teilneubau und Verlegung der Landesstraße 597 kommen wird.

Uwe Pfeiffer, Jahrgang 1971 und von Beruf Ingenieur für Elektrotechnik, ist der Schwiegersohn von Jakob und Luise Zieher, zwei Namen, die auch nach ihrem Tod untrennbar mit der Fähre verbunden sind. Der Name der Fährfamilie Zieher taucht in den Chroniken zum ersten Mal 1865 auf: Seinerzeit verkaufte Nikolaus Keller ein Sechstel Fähranteil an Peter Zieher. Durch Vererbung und weitere Zukäufe erhöhte sich der Anteil bis zu Jakob Zieher auf 11/24, was 22 Wochen Fährdienst pro Jahr entspricht. Erben sind die Kinder von Jakob und Luise Zieher: Michaela, Wolfgang, Christa und Annegret.

"Ich habe ab 1997 immer wieder auf der Fähre geholfen", erzählt Pfeiffer. Anfangs wies er die Fahrzeuge auf der Vorgängerfähre ein. Sie war mit einer Fahrspur deutlich schmaler als das Nachfolgemodell, und die Fahrzeuge mussten seinerzeit noch versetzt auffahren. 1999 fuhr Pfeiffer mit einer Gruppe von Fährleuten nach Ostdeutschland, um sich die Nachfolgefähre im Besitz der Treuhandanstalt anzuschauen. Ein Brückenbau machte sie dort überflüssig, und sie kam nach Neckarhausen.

Pfeiffer arbeitete sich zum Kassierer hoch und machte 2004 mit Ehefrau Christa und Schwägerin Annegret Zieher das Fährpatent. "Ich kann 40 Stunden in der Woche bei meinem normalen Arbeitgeber in Brühl arbeiten und trotzdem noch auf die Fähre gehen", sagt er. Das sei wie Urlaub. "Man ist an der frischen Luft und in Kontakt mit den Kunden."

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In seltenen Fällen konnte dieser Kontakt leicht schräg verlaufen, erinnert sich Pfeiffer: "Da war mal ein älterer Radfahrer, der mich fragte, wann ich losfahren würde – nach meiner Aussage, dass ich erst das Binnenschiff vorbeilassen müsse, hat er sich den Fahrpreis zurückgeben lassen, weil er meinte, das dauere ihm zu lange, über die Brücke ginge es schneller." Weil die Fähre voll besetzt gewesen sei, habe es ein ziemliches Chaos gegeben, bis der Herr mit seinem Fahrrad wieder die Fähre verlassen habe. "Die anderen Fährkunden haben nur mit dem Kopf geschüttelt." Doch die meisten Erinnerungen an die vergangenen Jahre seien schön. "Ich habe mich immer auch als Dienstleister gesehen", meint Pfeiffer. "Ich habe immer gerne Bilder gemacht und das auch angeboten", erzählt er. Zum Beispiel, wenn der historische Bus mit Fahrer Leo auf die Fähre kam und es ein Gruppenfoto brauchte.

Pfeiffer hat die Natur im Wandel erlebt. "2007 gab es zum ersten Mal nach langer Zeit wieder Eis auf dem Neckar. Das war hochinteressant", sagt er. Oder die Fahrt zur Werft sei toll gewesen, weil die Fähre von ihren Ketten befreit und vom Arbeitsschiff "Ritter Johann" nach Neckarsteinach geschoben wurde.

Jetzt ist Schluss – mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Die Fähre hat unser Leben bestimmt, unsere Wochenend- und Urlaubsplanung. Das können wir jetzt freier gestalten", sagt er. "Dank an alle Kunden, die die Überfahrt als kleine Kreuzfahrt gesehen haben und die Zeit auf der Fähre zum Abschalten nutzten. Danke auch an unsere Helfer, die uns besonders beim Lebendigen Neckar immer tatkräftig unterstützten", betont Pfeiffer. Und noch ein weiteres Dankeschön gelte der Gemeinde, weil sie die Fähre weiter betreibe und somit erhalte. Und ein wenig Fährfamilie bleibt ja auch: Fährfrau Martina Kreuzer wird als Angestellte der Gemeinde weitermachen, unterstützt von Mann und beiden Töchtern.

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