Bürgermeisterwahl Wilhelmsfeld

Kandidaten erlaubten sich keine Patzer

Die drei Bewerber stellten sich in der Odenwaldhalle vor. Die Wahl verspricht spannend zu werden.

15.04.2022 UPDATE: 16.04.2022 06:00 Uhr 5 Minuten, 33 Sekunden
Rund 300 Wilhelmsfelder waren in die Odenwaldhalle geströmt, um die drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu erleben. Foto: Alex

Von Nicolas Lewe

Wilhelmsfeld. Der Wahlkampf im Luftkurort geht in die heiße Phase. Am Sonntag, 24. April, wählen die Wilhelmsfelder ihren neuen Bürgermeister – und damit den Nachfolger des nach Schriesheim abgewanderten Christoph Oeldorf (Freie Wähler). Am Mittwochabend hatten alle Interessierten die Möglichkeit, die drei Bewerber Tobias Dangel, Alexander Kohl und Florian Streib bei einer von der Gemeinde organisierten Kandidatenvorstellung kennenzulernen.

Flankiert von zwei Damen, der Zweiten stellvertretenden Bürgermeisterin Melanie Oberhofer sowie Hauptamtsleiterin Annegret Fiedler, übernahm Stefan Lenz als Erster stellvertretender Bürgermeister die Begrüßung der rund 300 Besucher in der Odenwaldhalle. Corona-bedingt hatte die Gemeinde um eine vorherige Anmeldung gebeten. Man habe, so Lenz, aber bewusst darauf geachtet, wenige Auswärtige zuzulassen. Ausnahmen wurden gemacht für Sieglinde Pfahl aus Heiligkreuzsteinach und Matthias Frick aus Schönau, die Lenz launig als "Bürgermeister aus den Nachbarkommunen, also sozusagen unseren Vororten" begrüßte.

Tobias Dangel. Foto: Alex

Dangel machte den Anfang bei den Reden der Kandidaten. Die beiden nachfolgenden Redner mussten währenddessen, obgleich sie bereits ihre beste Garderobe trugen, den Weg in die Umkleidekabine antreten. Aus Fairnessgründen war es – wie bei solchen Veranstaltungen üblich – nicht gestattet, die Präsentationen der Vorredner im Saal zu verfolgen. Der 42-jährige wissenschaftliche Angestellte Dangel ist bekanntlich der einzige Bewerber mit Wohnsitz in Wilhelmsfeld.

Alexander Kohl. Foto: Alex

Während der nach ihm sprechende Kohl, 55 Jahre alt und als Versicherungsmakler arbeitend, aus Heiligkreuzsteinach stammt, hatte der 36-jährige DFB-Teammanager Streib aus Oberursel bei Frankfurt die weiteste Anfahrt. Alle drei hatten für ihre Reden jeweils 15 Minuten Zeit – doch ausgeschöpft wurden diese von keinem: Dangel sprach 13:20 Minuten und erhielt 15 Sekunden Applaus, Kohl kam fast zeitgleich nach 13:18 Minuten zum Ende und wurde mit zwölf Sekunden Beifall belohnt, Streib stand mit 14:02 Minuten am längsten am Rednerpult und durfte sich gleichfalls über einen 15 Sekunden anhaltenden Applaus freuen.

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Florian Streib. Foto: Alex

Melanie Oberhofer, die Herrin über die Stoppuhr, musste erst bei der folgenden Fragerunde der Bürger zu den vorbereiteten Zeitkarten greifen. Zwei Minuten hatte jeder Kandidat pro Frage Zeit, diese zu beantworten, bei 30 Sekunden Rest gab es eine Warnung, nach zwei Minuten folgte quasi die rote Karte. Die meisten Zeitermahnungen erhielt Kohl. Durch besonders eifriges Notizenschreiben fiel Streib auf. Derweil hatte Dangel unverschuldet mit technischen Problemen zu kämpfen: Sein Headset fiel während der Antworten immer wieder aus. Mit der Frage "Liegt es an mir?" hatte er aber die Lacher auf seiner Seite. Genau 20 Fragen stellten die Besucher an die Kandidaten.

Grobe Patzer erlaubte sich kein Kandidat. Dangel punktete als Lokalmatador, Kohl als erfahrener Kommunalpolitiker und Streib als von außen Kommender, der die Dinge unvoreingenommen anpacken will. Nun liegt es in der Hand der Wilhelmsfelder, wem der sich auf diese Weise unterscheidenden Bewerber sie das größte Vertrauen entgegenbringen. "Gehen Sie schön wählen", hatte Lenz das vorerst letzte Wort.


Tobias Dangel

Der Wahlvorstand mit Melanie Oberhofer (von links), Stefan Lenz und Annegret Fiedler wachte über die Einhaltung der Regeln. Foto: Alex

Der 42-jährige zweifache Familienvater baute als parteiloser Bürgermeisteraspirant auf seinen Heimvorteil. Er sah den Luftkurort nicht als Durchgangsstation, sondern als Möglichkeit, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Der Ehemann der ebenfalls promovierten evangelischen Wilhelmsfelder Pfarrerin Silke Dangel warb als wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Philosophie der Universität Heidelberg mit seinen Fähigkeiten im öffentlichen Dienst und der Verwaltung. Das bedeute für ihn, die Gemeinschaft fest in seinen Sichtwinkel zu rücken, Führung mit Umsicht und Bürgernähe zu verbinden und sich offen und mutig den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Dazu sprach Dangel drei Bereiche an: nämlich Wilhelmsfeld als "Lebensort", die Familien- und Generationenfreundlichkeit sowie Wirtschaft und Finanzen. Er erkannte hierbei ein herausragendes Engagement unter den Bürgern, das es zu festigen und weiterzuentwickeln gelte. Dangel nannte außerdem die Sicherung der Zukunftsfähigkeit, die Kontaktpflege mit Jugend und Senioren sowie den berühmten Blick über den Tellerrand. Dazu hielt er Begegnungsorte für mehr als nur Gebäude und sah sich als "ein Bürgermeister zum Anfassen", der "Politik für alle Einwohner" bevorzuge. (ths)


Alexander Kohl

Rund 20 Fragen stellten die Besucher an das Kandidaten-Trio auf der Bühne. Foto: Alex

Der 55-jährige Versicherungsmakler hat bis vor dem Abschlussexamen Jura studiert. Er warb mit seiner großen Erfahrung im Verwaltungs-, Kommunal-, Bau- und Zivilrecht sowie in der Gemeindeordnung. Kohl setzte auf seinen Auswärtsbonus, der ihn von Heiligkreuzsteinach in eine Kommune führe, in der er seine Eigenschaften als Selbstständiger und unabhängiger Kandidat umsetzen könne. Dazu zählte er neben den ehrenamtlichen Tätigkeiten in vielen Vereinen ebenso die Tätigkeit als Kreisvorsitzender der FDP im Rhein-Neckar-Kreis. "Natürlich bleibt Parteipolitik in der Gemeinde außen vor, weil es der Straße oder dem Kanal egal ist, ob die Sanierung rot, grün, schwarz oder kariert durchgeführt wird", meinte er zu seiner Überparteilichkeit. Kohl vermisste beim Betrachten der zukünftigen Aufgabenfelder bisher eine "klare Kommunikation" und setzte auf notwendige Impulse. Ihm ging es um die Sicherung der Zukunftsfähigkeit und Familienfreundlichkeit von Wilhelmsfeld als ausgewiesener Lebensmittelpunkt. In der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2025 erkannte er ein Zurückgreifen auf die Substanz. "Wer ernten will, muss säen, da wir derzeit nur vom Saatgut leben", lautete daher seine Einsicht, dies zu ändern. (ths)


Florian Streib

Der 36-Jährige ist Mitglied bei den Grünen und wird von der Grünen Initiative Wilhelmsfeld (GIW) unterstützt. Er sieht sich jedoch als unabhängiger Kandidat und erläuterte als Auswärtiger erst einmal seinen "bewussten Schritt" zu dieser Bewerbung weg von der organisatorischen Verantwortung in einem facettenreichen Umfeld beim Deutschen Fußballbund (DFB). Durch seinen betriebswirtschaftlichen Studienschwerpunkt und das Tourismusmanagement mit Master-Abschluss hielt er sich dazu fest "gesattelt", um mit Tatkraft und Offenheit in die Zukunft zu schauen und Impulse geben zu können.

"Mit Demut und Respekt" gelte es jetzt auf zu weckende Potenziale zu bauen und das "gegenseitige Vertrauen" als wichtigsten Faktor zu betrachten. "Perfekt wird es nicht immer gehen, das Optimale ist aber stets möglich", lautete hierbei seine Devise. Dies hielt er im Umsetzen der Lebensqualität im Ort für genauso wichtig wie beim Umgang mit schwierigen Themen. Das bedeutete für Streib aber auch, eine ganze Amtsperiode anzugehen, um überhaupt erfahren zu können, was viele Menschen bewegt. Denn viele Aspekte ließen sich nicht in Kürze lösen, meinte er. Dies geht für ihn jedoch nur gemeinsam mit den Bürgern, dem Gemeinderat und den Ehrenamtlichen. (ths)


Das waren die Fragen der Wilhelmsfelder

Die Vorstellung der drei Kandidaten in der gut besuchten Odenwaldhalle  zeigte vor allem eines: Das Rennen um den verwaisten Bürgermeistersessel des Luftkurortes ist offen und keiner der sich vorstellenden Aspiranten – der wissenschaftliche Angestellte Tobias Dangel aus dem Ort, der Heiligkreuzsteinacher Versicherungsmakler Alexander Kohl sowie der DFB-Teammanager Florian Streib aus Oberursel – kristallisierte sich hierbei als klarer Favorit heraus. Bekanntlich bewerben sie sich um die Nachfolge von Bürgermeister Christoph Oeldorf, der bekanntermaßen nach vier Jahren schon sein Amt nach seinem fulminanten Wahlsieg in Schriesheim aufgab und nun seit Anfang Februar als Amtsverweser der dortigen Bürgermeisterstelle wirkt.

Das offene Rennen erkannte jeder bereits nach dem jeweiligen Beifall infolge der je 15-minütigen Vorstellungsreden des Trios. Und auch die rund 20 Fragen danach richteten sich überwiegend an sämtliche drei Kandidaten, weil die Fragenden einfach wissen wollten, wie die Anwärter auf die Rathausspitze so "ticken". Einzelantwort-Wünsche richteten sich ausschließlich an Dangel.

Alle drei Kandidaten hoben dabei – zur Freude der anwesenden Bürgermeisterkollegen Matthias Frick aus Schönau und Sieglinde Pfahl aus Heiligkreuzsteinach – die Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen hervor. Beide lauschten ebenso wie der Geschäftsführer des Gemeindeverwaltungsverbands Schönau, Werner Fischer, den Vorstellungen zu der angespannten Finanzlage, dem Verkehr, der Standortsicherung, dem Ausbau der Infrastruktur sowie zum Ehrenamt.

Einigen Fragestellern ging es vor allen Dingen um die Nahversorgung und den damit verbundenen erfolgreichen Bürgerentscheid beim "Schriesheimer Hof", der dort die Schaffung eines neuen Supermarktes und den Ausbau der ärztlichen Versorgung verhinderte. Dangel präferierte den vorhandenen Supermarkt, Kohl wollte dagegen die vorhandenen Strukturen verändern, wohingegen Streib "auf das blicken will, was wir haben", und dann für notwendige Veränderungen eintrat. Alle drei lehnten allerdings ein Wiederauffrischen der Planungen am "Schriesheimer Hof" ab.

Sehr differenziert äußerten sich die Bürgermeisteranwärter zu dem, was ihnen im Luftkurort erhaltenswert erscheint. Kohl sprach hierbei von der "Pflege des Tafelsilbers einer Gemeinde", Streib hob Idylle und Wohlfühlcharakter hervor und Dangel erkannte insbesondere den "ideellen Reichtum bei uns".

Logischerweise rankten sich Fragen auch um die noch nicht gelöste Verkehrssituation in der Johann-Wilhelm-Straße. Die drei Kandidaten forderten hierzu eine schnellstmögliche Veränderung "in Richtung Tempo 30". Viele Fragen betrafen ferner die Bürgerbeteiligung, den bezahlbaren Wohnraum, die doch gestiegenen familiären Ausgaben für die Kinderbetreuung, die naturnahe Freizeitgestaltung, das Ehrenamt in den Vereinen oder den Verbleib des Gemeindehauses. Dies alles beantworteten die einzelnen Kandidaten geduldig und verbuchten dabei je nach pfiffigen Äußerungen entsprechenden Beifall.

Souverän leitete der Gemeindewahlausschussvorsitzende Stefan Lenz, ebenfalls Sprecher der Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler und Erster Bürgermeisterstellvertreter, zusammen mit der Zweiten Bürgermeister-Stellvertreterin, der christdemokratischen Fraktionsspitze Melanie Oberhofer, und mit Annegret Fiedler, die auch für Wahlen zuständige Leiterin des Haupt- und Personalamts, auch die Fragerunde. Oberhofer war immer dann gefragt, wenn die zweiminütige Redezeit bei dem Fragekarussell immer knapper wurde. (ths)

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