Subkultur der Poser "in Schach halten"
Erste Bilanz der Ermittlungsgruppe "Poser" - Ergebnisse der letzten Monate zeigen anhaltende Probleme mit Posern

Symbolfoto: dpa
Mannheim. (pol/sbl) Was wurde eigentlich aus der Mannheimer Poser-Szene? Nach der ersten Schönwetterperiode veröffentlichte die Verkehrpolizei am heutigen Montag die Bilanz ihrer Ermittlungsgruppe "Poser", die Anwohnerbeschwerden über zu laute oder auffällige Fahrzeuge bearbeitet.
Bis Ende Juni gingen unter der E-Mail-Adresse mannheim.vd@polizei.bwl.de insgesamt 342 Poser-Beschwerden ein. 297 Mitteilungen kamen aus dem Bereich Innenstadt und Oststadt, der Rest überwiegend aus den Stadtteilen Neckarstadt und Neckarau.
Das Procedere ist recht einfach. Kann der Halter eines auffälligen Fahrzeugs ausfindig gemacht werden, versendet die Polizei sogenannte "Gelbe Karten" an die Fahrzeughalter. Das sind Verwarnungen mit der Aufschrift "STOP Posing", und sie bringen dem Autofahrer die bittere, doch eindeutige Nachricht, dass sie nun im Fokus der Verkehrspolizei stehen.
Aufgrund von Beschwerdehäufungen in den letzten Monaten wurden 14 Briefe mit den Gelben Karten an die jeweiligen Fahrzeughalter versandt. Elf dieser Fahrzeuge fielen später bei Verkehrskontrollen auf und wurden teilweise aus dem Verkehr gezogen.
Die Redewendung "aus dem Verkehr ziehen", die im Alltag mehr oder weniger salopp verwendet wird, hat als polizeiliche Maßnahme unangenehme Konsequenzen. Wird ein Fahrzeug "aus dem Verkehr gezogen", verliert es nämlich seine Zulassung. Die erneute Fahrerlaubnis kann erst wieder erteilt werden, wenn die Mängel am Auto behoben und das Fahrzeug neu angemeldet wurde.
Im Unterschied dazu kann, in milderen Fällen, auch die Betriebserlaubnis erlöschen. In diesem Fall wird das Fahrzeug solange stillgelegt, bis die Mängel behoben sind und ein Gutachten darüber erstellt wurden. Ein Beispiel aus der aktuellen Bilanz soll das verdeutlichen.
Seit Ende April erhielt die Ermittlungsgruppe "Poser" regelmäßig Mitteilungen über einen viel zu lauten 500er Mercedes CL. Der Halter erhielt zunächst die "Gelbe Karte" und die Warnung, dass ihn die Verkehrspolizei im Auge hat.
Dann, in der vorletzten Juniwoche, häuften sich die Beschwerden über das Fahrzeug im Stadtteil Lindenhof akut. Die Polizei brauchte nicht einmal "Big Data", um den Fahrzeughalter ausfindig zu machen. Sein Auspuff verriet, dass er abends oft eine Strandbar am Rheinufer im Lindenhof aufsuchte. Er war wohl so penetrant laut, dass sich eine Anwohnerinitiative formiert hatte.
Kurz bevor das fällige Beschwerdeschreiben beim Polizeipräsidium eintraf, geriet der überlaute Mercedes eines samstags in der Kunststraße in eine Poserkontrolle - und wurde von den Beamten wegen Manipulationen am Auspuff sichergestellt. Neben der Anzeige wegen Erlöschens der Betriebserlaubnis kommen auf den Halter nun die Gutachterkosten sowie die Wiederherstellungskosten für die Auspuffanlage zu. Im vorliegenden Fall betreibt der Halter sogar ein zweites Poser-Fahrzeug, für das bereits eine Warnung ausgesprochen ist.
Die sechs Beamten der Ermittlungsgruppe "Poser" kontrollierten seither an 43 Einsatztagen, insbesondere an den Wochenenden, 521 Fahrzeuge und 721 Personen. Dabei wurden bei 146 Fahrzeugen erhebliche Mängel festgestellt, die zu einem Erlöschen der Betriebserlaubnis führten und zur Anzeige gebracht wurden. In 102 dieser Fälle waren die Fahrzeuge zu laut. 53 davon wurden aus dem Verkehr gezogen. 44 Fahrzeugführer wurden wegen Erzeugen unnötigen Lärms verwarnt und erhielten temporäre Platzverweise. Bei fünf Fahrzeuginsassen fanden die Beamten Rauschgift und leiteten Ermittlungen gegen die jeweilige Person ein.
"Wir wollen noch enger mit den Bürgervertretern zusammenarbeiten und das Poser-Problem möglichst auf Dauer beseitigen", kündigte Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer zu Beginn der Kontrollperiode durch die Ermittlungsgruppe an.
Das Beschwerdeaufkommen sei geringer als letztes Jahr, resümiert Polizeidirektor Schäfer. Er sei sich aber auch bewusst, dass seine Beamten diese Subkultur lediglich in Schach hielten. "Wir sind noch weit davon entfernt, das Poser-Problem auf Dauer zu lösen", gibt er selbstkritisch zu. Einen anderen als den eingeschlagenen Weg - nämlich Verwaltung, Polizei und Bürgerschaft zu konzentrieren - hält er allerdings nicht für zielführend.