Freiwillige sind in der Region gesucht
Zwischen Überbrückung und Orientierungshilfe

Jacqueline Langenbuch und Leon Angstmann nutzten ihr "Freiwilliges Soziales Jahr", um sich beruflich und ausbildungstechnisch neu zu orientieren. Sie waren im Kulturzentrum "fideljo" und bei der Stadt Mosbach aktiv und bereuen beide nicht ihre Entscheidung. Fotos: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. Ob es nun eher dem Wahlkampf oder dem Sommerloch geschuldet ist, sei offen gelassen. Seit kurzer Zeit ist die Idee einer Dienstpflicht für alle wieder in der Diskussion. Für die RNZ Grund genug, sich einmal umzuhören, wie es aktuell in der Region aussieht in puncto "freiwillige Dienste".
"Wir haben zweierlei. Sie können bei uns beides machen: ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder den Bundesfreiwilligendienst (Bufdi)", erklärt Meinrad Edinger, Geschäftsführer der Caritas in Mosbach. Das FSJ entspreche am ehesten dem einstigen Zivildienst und wende sich an jüngere Leute. Wobei man heute zwischen sechs, zwölf oder 18 Monaten variieren könne. Vom Alter her weiter geöffnet - auch jenseits der 27 Jahre machbar - sei der "Bufdi". Insgesamt biete die Caritas zehn Stellen für Freiwillige an, etwa im Tafelladen, im Sozialkaufhaus oder bei der Tagespflege in Billigheim.
Das Geschlechterverhältnis bei den FSJlern sei durchaus ausgeglichen. Dagegen seien bei den Bufdis überwiegend Männer im Einsatz. Die unterschiedliche "Klientel" erkläre sich mit dem Alter: Während die FSJler häufig von der Schule kämen und die Zeit bis zum Studium oder der Lehre sinnvoll verbringen wollten, seien bei den Bufdis auch Frührentner und Langzeitarbeitslose zu finden. "Es hilft lebenspraktisch", bekennt sich Edinger zur Idee des FSJ und findet auch politisch klare Worte: "Wir würden es sehr begrüßen, so etwas einzuführen."
Denn viele Schulabgänger seien ohne berufliche Orientierung. Da könne ein entsprechendes Praktikum soziale Kompetenz vermitteln und eine Entscheidungshilfe geben. Momentan habe die Caritas "eklatante Schwierigkeiten", ihre Stellen zu besetzen. Denn man benötige Menschen mit Führerschein, die auch "zupacken", sprich Möbel oder Lebensmittelkisten ein- und ausladen können.
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Ähnliche Probleme hat dieses Jahr auch erstmals die Johannes-Diakonie. "Wir bieten an unseren verschiedenen Standorten 70 Stellen für Freiwilligendienste an, die wir bis vor wenigen Jahren auch fast alle besetzt hatten", berichtet Thekla Mattheis. Derzeit sei erstmals nur etwa die Hälfte der Stellen besetzt. "Bislang mussten wir gar nicht aktiv suchen", ergänzt Michael Walter, bei der Johannes-Diakonie zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Es sei viel "von Mund zu Mund" gegangen.
Erstaunlich, dass sogar Stellen an den Schulen in Mosbach und Schwarzach, die bisher immer zu den Favoriten zählten, vakant blieben. Darüber hinaus biete die Johannes-Diakonie den Freiwilligen eine Mitarbeit in den Wohnbereichen oder den Werkstätten an, im Berufsbildungswerk oder im "fideljo".
"Eine Erklärung für den Rückgang haben wir nicht", erläutert Walter. Immerhin habe die seitdem praktizierte Öffentlichkeitsarbeit auch zu mehr Bewerbern geführt. "Aber es gibt immer noch offene Stellen." Michael Walter, der einst selbst als Zivildienstleistender hier wirkte, sieht im FSJ die Möglichkeit, junge Leute an soziale Berufe heranzuführen: "Es ist auch Nachwuchsgenerierung."
Über - mittlerweile - wieder ansteigende Anfragen freut sich auch das Deutsche Rote Kreuz. Man habe derzeit etwa 25 offene Stellen. Die meisten Freiwilligen arbeiteten beim Rettungsdienst, aber auch beim Menüservice und bei den sozialen Diensten gebe es einige Stellen. "Wir sind gut bestückt - und halten nichts davon, dass jeder Schulabgänger ein Pflichtjahr absolvieren soll", betont DRK-Kreisgeschäftsführer Steffen Blaschek. Wie bei den anderen Anbietern auch, kämen die meisten FSJler aus der Region.
Eine aktuelle Zahl zu den Bufdis im Neckar-Odenwald-Kreis kennt Ulrich Streicher, Pressesprecher des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben: "Im August sind 46 Bundesfreiwillige im Dienst." Die Zahlen steigerten sich in den letzten Jahren, 2011 etwa habe man erst 24 gezählt. Allerdings könne man keine "belastbaren Angaben zu den Einsatzbereichen" machen. Und auch auf den Altkreis Mosbach ließen sich die Zahlen nicht herunterbrechen.