Lennart Schilgen kommt am Freitag nach Mosbach
Warum der Prix-Pantheon-Preisträger derzeit "Verklärungsbedarf" sieht und welche Rolle Reinhard Mey bei seiner Liebe zum Wortspiel spielt, verrät er im RNZ-Interview.



Liedermacher und Kabarettist
Von Peter Lahr
Mosbach. "Ich bin nett zu allen Leuten, ich lass es nur geschehen", singt der Berliner Lennart Schilgen in einem seiner Songs. Der Preisträger des Prix Pantheon 2019, der am Freitag im Mosbacher Kultur- und Begegnungszentrum "Fideljo" auftritt, erzählt im RNZ-Interview, wie er vom klassischen Klavierunterricht seiner Kindheitstage über die Zwischenstation Rockband auf den Kleinkunstbühnen landete.
Sein Humor zeigt sich gerne an leichtfüßigen Wortverdrehern, mit denen er seine Songs nicht nur würzt, sondern auch zu überraschenden Wendungen führt. Dass sich ausgerechnet der von ihm seit früher Zeit verehrte Reinhard Mey gegen eine Neuinterpretation seines Liedes "Ich wollte wie Orpheus singen" juristisch wehrte, überraschte den jungen Singer-Songwriter dann aber schon. Doch in bester Beckett’scher Manier ließ sich Schilgen davon nicht beirren, sondern dichtete einfach weiter.
Beginnen wir mit einem optischen Einstieg. Beim Blick auf Ihr Plakat kamen bei mir Erinnerungen an den jungen Jean-Paul Belmondo. Ein bewusster Rückgriff oder eher ein Zufall?
Den kenne ich leider nicht, das muss wohl Zufall sein. Aber ich nehme es einfach mal als Kompliment.
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Auf Ihrem Plakat sehen Sie derzeit "Verklärungsbedarf". Finden Sie, dass die aktuelle Lage von großer Transparenz geprägt ist?
Ich fand, der Titel beschreibt ganz gut die Überforderung, die das Leben in der heutigen Gesellschaft oft mit sich bringt: Es steht immer mehr Wissen zur Verfügung, es werden immer mehr unangenehme Wahrheiten sichtbar. Das auszuhalten, ist schwer, also wächst auch das Bedürfnis nach Verklärung. Das sehe ich auch bei mir selber. Und das gibt’s natürlich auch im Privaten – gerade in der Liebe wird ja viel verklärt. Oje, aber jetzt bin ich direkt mit dem philosophischen Überbau eingestiegen. Keine Angst: Es wird kein theoretischer Vortrag.
Ihr Motto lautet stattdessen "Lieder und Schabernack". Was war denn zuerst da, die Musik oder die Texte?
Die Musik. Ich hab ja angefangen, in einer Rockband. Da ging’s für mich los mit Liederschreiben. Aber auch da hatten meine Texte gerne schon ein paar Umdrehungen mehr, als in dem Genre üblich. Es hat eine Weile gedauert, bis ich zu den Kleinkunstbühnen kam. Irgendwann haben wir halt gemerkt, dass es meinen Songs guttut, wenn die Leute richtig zuhören. Bei einem Rockkonzert wird nebenher ja oft getrunken und geredet. In der Kleinkunst ist das Publikum aufmerksamer. Dadurch wird den Feinheiten und dem Witz mehr Raum gegeben.
Sie haben ja auch schon einen Lyrikband publiziert. Wie entscheiden Sie, ob aus einem Gedicht ein Lied wird?
Die Lyrik ist fast ein Nebenprodukt. Da geht’s weniger um Inhalt – ich habe einfach Spaß daran, mit Sprache zu arbeiten. Das ist so eine Art Spielwiese für mich. Die Lieder sind auch spielerisch, aber da gibt’s eigentlich immer ein echtes Gefühl, was drunterliegt, oder ein Gedanke, der mich beschäftigt.
Wie hat sich denn eigentliche Ihre Liebe zum Wortspiel entwickelt?
Ich habe schon früh Reinhard Mey und Ulrich Roski gehört. Mein Vater ist auch ein großer Fan von Robert Gernhardt – davon ist offensichtlich was bei mir hängen geblieben.
Apropos Reinhard Mey. Da gibt es ja die Geschichte, dass Sie ein Lied wieder zurückziehen mussten. Was war geschehen?
Ich hatte ein Lied von Reinhard Mey umgetextet. Ich wollte, bevor ich das auf CD presse, auch von ihm grünes Licht dafür bekommen und hab versucht, ihn über seine Bookerin zu erreichen. Nachdem ich angefragt hatte, ob ich das Lied veröffentlichen könne, kam weder von ihr noch von ihm selbst eine Antwort. Stattdessen kam gleich ein Brief von seinem Anwalt, der mir das untersagt hat. Genau darüber habe ich dann eine neue Nummer geschrieben. Aber mehr dazu am Freitag.
Sie singen und spielen dazu Klavier oder Gitarre. Zu welchem Lied wählen Sie welches Instrument? Das Klavier eher für die Balladen?
Die Gitarre ist schon mein Hauptinstrument. Aber Klavier muss auch nicht immer Ballade heißen. Mir hat es schon immer am meisten Spaß gemacht, wenn da auch mal Rock ’n’ Roll oder Boogie-Woogie mit drin ist.
Sie wollen hintersinnig und leichtfüßig sein. Ist das nicht ein großer Balanceakt?
Na ja, das sind halt Worte, mit denen ich nachträglich versuche, zu beschreiben, was ich mache. Ich mag es einfach, wenn Sachen nicht zu plakativ sind und nicht zu schwer daherkommen. Mir hilft es, an eine schwierige Situation mit Humor ranzugehen. Wenn man die Perspektive wechselt, merkt man, dass fast jedes Problem auch seine lustigen Seiten haben kann.
Was erwartet die Gäste denn bei ihrem Auftritt am Freitagabend im Mosbacher fideljo?
Ich spiele vor allem Lieder. Dazwischen ein paar Gedichte. Mal lustig, mal philosophisch. Es ist übrigens nicht schlimm, wenn man noch gar nichts von mir kennt. Man geht hin und hat im besten Fall einen guten Abend.
Gibt es Ihre alte Band noch?
Die Band gab es noch eine ganze Weile, aber wir haben uns vor einigen Jahren aufgelöst. Inzwischen spiele ich fast nur noch solo – das ist für meine Geschichten und meinen Humor glaube ich auch das Beste.
Info: Karten für den Auftritt von Lennart Schilgen gibt es im Vorverkauf in der Tourist Info und im "Fideljo", Neckarburkener Straße 18.