Windkraft in der Region: "700 Meter Abstand zur Wohnbebauung sind nicht mehr zeitgemäß"

Landwirtschaftsminister Peter Hauk über Windkraft und den Mindestabstand zwischen Windkraftanlage und Wohnbebauung

01.09.2016 UPDATE: 02.09.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden

Wie nah an Wohnhäusern dürfen Windräder errichtet werden? Diese Frage sorgt vielerorts für Zündstoff. Der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum, Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Peter Hauk, empfiehlt den Kommunen, statt der gesetzlich vorgeschriebenen 700 Meter einen Mindestabstand von 1000 Metern einzuhalten. Foto: Rüdiger Busch

Von Rüdiger Busch

Neckar-Odenwald-Kreis. 700 Meter Abstand zur Wohnbebauung oder doch 1000? An dieser Frage scheiden sich bei der aktuellen Diskussion um den Bau von Windkraftanlagen die Geister. Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) positioniert sich im Interview mit der RNZ klar: Im Staatswald gelten künftig 1000 Meter Abstand, und den Kommunen empfiehlt er, es dem Land gleichzutun.

Was empfindet der für den ländlichen Raum zuständige Minister beim Anblick der rund 200 Meter hohen Windräder, die mehr und mehr das Landschaftsbild seiner Heimatregion prägen?

Das ist natürlich zunächst eine ästhetische Frage, über die sich streiten lässt. An markanten Stellen, etwa am Katzenbuckel, sind Windräder aus meiner Sicht unmöglich. Und wenn ich mir Gemeinden wie etwa Hardheim anschaue, die ringsum von Windrädern umstellt sind, dann ist das nicht schön.

Was halten Sie generell von der Windkraft?

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CDU-Politiker Peter Hauk. Archivfoto: Friederike Hentschel

Angesichts ihrer geringen Effizienz bin ich nicht der größte Befürworter der Windkraft. Außerdem ist sie nicht grundlastfähig, nicht speicherbar und nicht steuerbar. Aber: Die Energiewende ist nötig, und innerhalb Baden-Württembergs bietet unsere Region mit die windreichsten Standorte. Bundesweit sieht die Situation aber anders aus: Mit dem Ausschreibungsverfahren, das zum 1. Januar in Kraft treten wird, treten die Windparks im Land in Konkurrenz zu den windreichen Standorten an der Küste.

Und was denkt der Förster und Naturfreund Peter Hauk darüber, dass die neuen Windparks immer häufiger im Wald entstehen?

Das sehe ich mit Befremden. Mehr als drei Viertel der im vergangenen Jahr neu entstandenen Anlagen stehen im Wald, der überwiegende Teil davon im Staatswald. Wälder in erheblichem Umfang für die Nutzung erneuerbarer Energien zu roden, sehe ich zwiespältig. Wir haben mit der Biomasse eine Alternative, die steuerbar und grundlastfähig ist.

Ein Knackpunkt ist der Mindestabstand der Windräder zur Wohnbebauung. Reichen die gesetzlich vorgeschriebenen 700 Meter aus, oder strebt die Landesregierung einen größeren Abstand an?

Die 700 Meter stammen aus einer Zeit, in der die Windräder 50 Meter hoch waren - heute sind es 200. Deshalb ist dieser Abstand nicht mehr zeitgemäß. Die CDU hat im Koalitionsvertrag versucht, 1000 Meter als Mindestabstand festzuschreiben, was uns jedoch nicht vollumfänglich gelungen ist. Aber wir haben erreicht, dass der Umweltminister die Kommunen darauf hinweisen wird, dass sie in ihrer Flächennutzungsplanung statt 700 auch 1000 Meter festschreiben dürfen. Außerdem habe ich für den Staatswald entschieden, dass Windkraft-Standorte in Zukunft nur noch mit einem Mindestabstand von 1000 m vermarktet werden.

Und wenn die Standorte in Gemeindebesitz sind?

Den kommunalen Waldbesitzern werde ich - in ihrem eigenen Interesse - das Gleiche empfehlen. Ein Mindestabstand von 1000 Metern ist sinnvoll, er dient der Befriedung der Bevölkerung. Schließlich müssen die Bürger damit leben.

Ein konkretes Beispiel: Die Diskussion um den interkommunalen Windpark "Kornberg" der Gemeinden Hardheim und Höpfingen. Hier haben die Pläne tiefe Gräben gerissen. Wie sehen Sie die Sachlage, und wie könnte wieder Frieden einkehren?

Ich habe den beiden Gemeinden nichts vorzuschreiben. Ich kann nur allen Kommunen empfehlen, es dem Land gleich zu tun und einen Mindestabstand von 1000 Metern einzuhalten, um die betroffenen Menschen nicht zu piesacken. Als Eigentümer der Grundstücke können die Kommunen selbst entscheiden, wie groß der Abstand sein soll. Und im Planungsrecht können sie sich an die Empfehlung des Landes halten. Bei einem geringen Abstand droht den Bürgern eine Entwertung ihrer Grundstücke. Außerdem kennen wir die Auswirkungen der Windkraftanlagen wie Schattenwurf oder Infraschall noch nicht in vollem Umfang. Im konkreten Fall könnte ein Bürgerentscheid in Hardheim und Höpfingen zur Befriedung beitragen.

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