"Ich war vorher noch nie in diesen Restaurants" in der Altstadt
Auf einer kulinarischen Stadtführung stoßen die Teilnehmer mit einem eigens kreierten Drink an.

Von Julia Blank
Heidelberg. "Ich habe jetzt schon Druck, auch wirklich lustig zu sein", lacht Gästeführerin Susanne Kahlig von "Heidelberg Travel" zu Beginn der letzten Sommertour des Jahres: der "humorvollen Stadtführung mit Einkehr".
Sorgen musste sie sich jedoch nicht, denn die 20 Teilnehmer der Führung hatten sichtlich eine gute Zeit, während sie von Kahlig durch die engen Gassen der Altstadt geführt wurden.

Kahlig hielt sich dabei fern von abgegriffenen Floskeln und historischem Trivialwissen, das die meisten Heidelberger "wohl eh schon kennen", sondern setzte auf kleine Skurrilitäten, die in der Stadt zu finden sind: "Ich werde oft gefragt, warum der Sandstein vom Schloss so rot ist", begann sie, als die Gruppe am Karlsplatz in strahlendem Sonnenschein stand und auf das Heidelberger Schloss hinaufblickte.
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Kahlig erklärte, dass die rote Farbe von einem hohen Anteil an Eisenoxid im Gestein stamme. Die Familie, die den Sandstein abbaute, trug deshalb ab dem 17. Jahrhundert sogar den Nachnamen "Eisenhauer".
"Und stellen sie sich vor: Diese Eisenhauers wanderten eine Generation später, 1741, in die USA aus", so Kahlig. Deren dritter Urenkel würde zwei Jahrhunderte später Präsident der Vereinigten Staaten werden: Dwight David Eisenhower.
Nach diesem geschichtlichen Exkurs hatte die Gruppe sich erst einmal eine kleine Erfrischung verdient. Zügig ging es weiter zur ersten kulinarischen Einkehr des Abends: den Hinterhof der "Sudpfanne" in der Leyergasse.
Hier stand Wirt Fabian Gieser schon mit einem Tablett voller Drinks bereit: "Ein eigens kreierter Jubiläumsaperitif zur Feier von 80 Jahren RNZ", erklärte er – dahinter steckte ein regionaler Brombeerlikör mit Sekt und frischen Beeren.
Während es sich die Sommertouristen schmecken ließen, kamen einige schon ins Plaudern. Oliver Steinbach aus Sandhausen erzählte von seiner Jugend in der Altstadt. Oft waren sie hier zum Feiern. Im Cave 54 hatte der Heidelberger einmal sogar den Musiker Frank Zappa getroffen, der "nach seinen Gigs in Heidelberg dort öfter einen Abstecher" machte, erzählte er.
Seit damals habe sich in der Altstadt einiges verändert: "Ich erinnere mich, dass es die ,Ratsschenke’ und das ,Fischer’ noch gab und das ,Eckstein’ noch ,Lupe’ hieß", lachte er. Halt machte die Gruppe auch bei einem ganz neuen Laden in der Altstadt: bei Inge Glas. Das Familienunternehmen in der vierten Generation spendierte allen Sommertour-Teilnehmern kleine Macaron-und Kaffeebohnenornamente aus Glas für den Weihnachtsbaum.
An Weihnachten war abseits der Figürchen jedoch lange nicht zu denken an diesem Mittwochabend. Bei blauem Himmel schlenderte die Gruppe zu ihrem ersten Abendessen-Gang. Im "Wirtshaus am Uniplatz" bekamen sie ein "Duett von Kurpfälzer Tapas" mit Aioli oder wahlweise "gebackene Wassermelone mit Honig und Schafskäse" serviert.
Susanne Kahlig hatte fast schon Mühe, die Gruppe nach der Vorspeise wieder aus dem Wirtshaus zu kriegen – "wenn man einmal so gemütlich sitzt...", lachte ein Sommertour-Teilnehmer.
Draußen angekommen wurden die 20 jedoch noch mit einigen lustigen Anekdoten belohnt. Vor der Jesuitenkirche blieb die Stadtführerin stehen. "Wusstet ihr, dass im ,Mahmouds’ früher mal ein Sexshop war?", fragte sie. Die Menge schüttelte ungläubig die Köpfe.
Wegen der Lage des Erotikshops direkt gegenüber der Kirche hatte man sich damals darauf geeinigt, nur die kirchenabgewandte Seite des Werbeschildes zu bedrucken und die andere weiß zu lassen. "Einer Kollegin von mir ist mal eine ganze Gruppe asiatischer Touristen auf ihrer Tour abhandengekommen. Als sie den Shop gesehen haben, wollten sie dort bleiben", erinnerte sich Kahlig.
Vor der Neuen Universität fiel ihr direkt noch eine weitere "Männergeschichte" ein. Nach einem kleinen Schnäpschen, den ihr Sohn und Geschäftspartner Oliver servierte, blieb die Gruppe vor der "Martin Luther"- Plakette stehen. Martin Luther war nämlich, so erzählte Kahlig, nicht nur Reformator, sondern auch ein erfolgreicher Kuppler.
So überredete er den Theologen Melanchthon zur Ehe: "Luther meinte, es würde Melanchthons Gesundheit gut tun, eine Frau zu haben." Dieser sei anfangs nicht begeistert gewesen, später habe er Luther aber in einem Brief berichtet seine Frau Katharina "störe kaum noch". Lachend machte sich die Gruppe auf zum Hauptgang und Dessert in die "Sudpfanne". Dort gab es Saumagen, Käsespätzle und Schnitzel zur Auswahl.

Die Sommertourteilnehmer machten große Augen bei den riesigen Portionen, die das Team servierte. Das Dessert ließen die meisten aber trotzdem nicht aus: "Für Kaiserschmarrn ist immer Platz im Bauch", meinte eine Teilnehmerin. Es wurde getrunken, gelacht, sich ausgetauscht, und gegen 21.30 Uhr machten sich die meisten dann auf den Nachhauseweg. "Erfrischend" fand Heide Häuser aus Leimen diese ungewöhnliche, kulinarische Stadtführung.
"Ich war vorher noch nie in diesen Restaurants und bin super froh, sie durch die Tour entdeckt zu haben", erzählte sie. "Einmalig", sagten Claudia und Wolfgang Zimmermann. Die Stadtführung bietet Susanne Kahlig auch in Zukunft an über "Heidelberg Travel" an.




