Beim Finkenbach Festival wurde bis tief in die Nacht hinein gerockt
Hier müssen die Fans nicht um 23 Uhr nach Hause gehen - Zahlreiche Bands, darunter Mani Neumeier und Guru Guru, begeisterten die Besucher

Mani Neumeier - Mitinitiator des legendären Finkenbach Festivals - und seine Band Guru Guru wurden begeistert gefeiert. Auch die weiteren Bands wussten zu überzeugen. Fotos: Weindl
Von Harald Berlinghof
Finkenbach. So lange war die Auto-Parkschlange entlang der Landesstraße schon lange nicht mehr. Weit vor dem Ortsschild von Finkenbach reiht sich geparktes Auto an Auto - die Rockmusikfans sind zu Fuß unterwegs Richtung Sportplatz, wo auf einer Wiese am Finkenbach ein improvisierter Campingplatz eingerichtet wurde. Einmal im Jahr wird der kleine Ort Finkenbach zum Mekka für Leute, die einfach nicht alt werden wollen.
Obwohl sich darunter bereits viele "graue Wölfe" tummeln, die vom Alter her schon mit Mani mithalten können. Mani Neumeier: Leitwolf der Kultrockband Guru Guru bringt 70 Lenze auf die Alterswaage, und schon 1968 konnten die "grauen Wölfe" die Band im Heidelberger Cave und der Thingstätte auf dem Heiligenberg erleben.
Geradeaus geht es weiter Richtung Oberschönmattenwag, links nach Falkengesäß und rechts über dem Berg liegt Gammelsbach. Hier mitten in der vermeintlichen "Odenwaldhölle" wurde 1976 mit dem Finkenbach-Open-Air-Festival ein Hippie-Paradies erfunden. Bis heute sind die Initiatoren von damals mit an Bord: Die Band Guru Guru mit Mani Neumeier, die Freiwillige Feuerwehr und der FC Finkenbachtal 1946. Vor 40 Jahren ins Leben gerufen, ging das Finkenbach-Festival am vergangenen Wochenende zum 34. mal "superfriedlich" über die Bühne, so Armin Löffler vom Finkenbacher Fußballclub. Am Eingang werden die Taschen und Rucksäcke von einer Security gefilzt. Das gehört zum neuen Sicherheitskonzept nach den Anschlägen in jüngerer Zeit.
"Wir sind ausverkauft heute", sagt Karl-Heinz-Osche, Mitorganisator des Musikevents. Und ausverkauft heißt 2000 Besucher vor der Bühne. Darunter sind mehrere Hundert Finkenbacher, die zu dem Festival freien Eintritt haben. Schließlich müssen die Einwohner die Blechlawine über sich ergehen lassen und den zweitägigen Sound bis tief in die Nacht ertragen. Was man weitgehend klaglos tut. Das Festival ist im Ort und bei den Bewohnern längst angekommen. Die Fußballer und die Feuerwehr sind beim Aufbau und der Organisation dabei, die Frauen backen Kuchen und verkaufen ihre "Handwerkskunst" an einem Stand günstig an die Musikfans.
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Hier gibt es keinen Spielschluss um 23 Uhr wie in vielen anderen Festspielstätten. Hier wird gespielt bis tief in die Nacht hinein. In diesem Jahr bis um 3 Uhr.
In diesem Jahr leistete am Freitag vor allem die Krautrockband Amon Düül II Außerordentliches. Die Band, die in den 1960er Jahren aus der Studentenbewegung heraus entstanden war, spielte überraschend eingängig und wurde freundlich begrüßt. Zufrieden waren die Fans auch mit dem Auftritt von Epitaph. My Sleeping Karma erlebten die meisten dann bereits nicht mehr in wachem Zustand und vor der Bühne. Langsam verlagerte sich die Party in Richtung Campingplatz und Lagerfeuer. "Living in the past" von Jethro Tull ging da über die Boxen. Wird da die gute alte Zeit gefeiert? Oder eine gute neue, die gerade anbricht? Am kleinen Kapellenturm über dem Ort ist die Turmuhr jedenfalls stehen geblieben. Am Samstag geht es bereits am Nachmittag los mit den Auftritten. Aber erst bei den Altrockern von Kraan springt die Stimmung über. Vorher ist ein reges Kommen und Gehen vor der Bühne angesagt. Man platziert sich für die Auftritte am Abend. Kraan mit Urgestein Helmut Hattler legen los wie die Finkenbacher Feuerwehr. Gitarren-/ Bass-Duelle haben sie immer noch drauf. Mit "Let it out" gibt es eine Hommage an Hendrix. Ohne Zugabe kommen sie nach nur einer Stunde nicht von der Bühne.
Und die Gurus müssen erstmals nach dem Tod von Hans Reffert ohne ihren Gitarrero auf die Finkenbach-Bühne. Noch dazu eine halbe Stunde früher als geplant. Die Dämmerung ist noch nicht hereingebrochen, und sie beginnen mit "Dark Blue Star", einem der stärksten Stücke aus neuerer Zeit. Treibender, eingängiger Rock. Im Publikum sind auch viele ganz junge Leute zu finden, die noch gar nicht geboren waren, als das alte Stück "Rolling thru the city" aus dem Jahr 1987 geschrieben wurde. Für Neumeier sowie Roland Schaffer und Peter Kühmstedt dagegen liegt das in der Mitte ihrer Schaffensperiode. Der "Neue", Jan Lindqvist, wird als guter Freund begrüßt, seine Bewährungsprobe besteht er, als er "Pow-Wow" an der Lapsteel-Gitarre abliefert - ein Stück, das wie kein anderer Guru-Song an Hans Reffert erinnert.
Der unvermeidliche und geniale Elektrolurch kommt dann schon zur Mitte des Auftritts in einer verfremdeten, improvisierten Version. Ein neues Intro. Es quietscht, grunzt und piept. Die Elektrolurch-Maske blinkt. Dann sind sie da. Die unverkennbaren Basslinien, auf deren Grundlage sich der Elektrolurch austoben darf.