Jugendliche Straftäter in Mannheim

Fast alle Nordafrikaner logen bei ihrem Alter

Überprüfungen per Fingerabdruck bewiesen falsche Angaben - Neue Erkenntnisse fließen in laufende Ermittlungen ein

13.04.2018 UPDATE: 14.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Vor allem Diebstähle auf offener Straße gingen auf das Konto der vermeintlich minderjährigen Nordafrikaner. Symbolfoto: Burgi

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Eine echte Überraschung ist es nicht, zumindest nicht für die Mannheimer Polizei: Viele der vermeintlich Jugendlichen aus Nordafrika, die in Mannheim zahlreiche Straftaten begangen haben sollen, sind gar nicht so jugendlich. Diesen Verdacht habe man schon gehegt, erklärte David Faulhaber, Pressesprecher des Mannheimer Polizeipräsidiums. Deshalb habe man von 53 Migranten die Personalien überprüfen lassen. Von 18 Personen gab es jetzt ein Ergebnis. Die Bilanz ist verheerend: Nur bei einem der jungen Männer waren Alters- und Namensangaben korrekt, informierte Faulhaber. Alle anderen hatten entweder einen falschen Namen oder ein falsches Alter angegeben, oder bei beidem gelogen.

"Die 17 Personenfeststellungsverfahren haben ergeben, dass sich diese Personen gezielt jünger gemacht haben", sagte der Vizepräsident des Landeskriminalamts (LKA), Andreas Stenger. Die Betroffenen seien zwischen 18 und 28 Jahre alt. Zwei etwa hätten jedoch behauptet, sie seien elf und 13 Jahre alt - in Wirklichkeit seien sie aber bereits 18 und 20. "In einem Fall hat sich ein Betroffener um nahezu zwölf Jahre jünger gemacht", erklärte Faulhaber. Bei dem Verfahren werden Fingerabdrücke an die Heimatländer übermittelt und dort abgeglichen. "Ein hocheffizientes Mittel", so LKA-Vize Stenger. Bis Rückmeldungen kommen, dauert es allerdings mehrere Wochen oder gar Monate. Bei 36 Individuen laufen die sogenannten Personenfeststellungsverfahren noch.

"Wir freuen uns, dass die Personenfeststellungsverfahren nun durchgeführt werden konnten und die Ergebnisse vorliegen. Dies bringt uns auch Klarheit in Hinblick auf die Strafmündigkeit", erläuterte Ulrike Freundlieb (SPD), Bürgermeisterin für Bildung, Kinder, Jugend und Gesundheit. "Denn wenn die Jugendlichen volljährig sind, können sie nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden. Zudem fallen sie dann nicht mehr in die Zuständigkeit des Jugendamts." Insgesamt leben derzeit etwa 200 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Mannheim.

Eine Diskussion um die Altersüberprüfung von Flüchtlingen war in Mannheim entbrannt, weil eine harter Kern von zehn bis 15 Nordafrikanern Stadtverwaltung und Justiz schwer zu schaffen machte. Sie sollen für zahlreiche Eigentumsdelikte verantwortlich gewesen sein - vor allem für die so genannten Fahrradkorbdiebstähle. Zudem verhielten sie sich ihren Betreuern gegenüber aggressiv, randalierten in ihrer Unterkunft und liefen oft davon. Sie agierten in wechselnder Besetzung, weil immer wieder Mitglieder der Gruppe anderen Kommunen zugeteilt wurden und neue hinzukamen. Manche kehrten aber auch unerlaubt wieder nach Mannheim zurück.

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Deshalb hatte Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) im vergangenen Oktober in einem Brandbrief an Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Unterstützung des Landes gefordert. Es wurde eine "vorläufige Inobhutnahmestelle" auf dem Gelände der ehemaligen Benjamin-Franklin-Kaserne im Stadtteil Käfertal eingerichtet. "Momentan befinden sich dort noch sechs Jugendliche", erklärte eine Stadtsprecherin. Ob sie zu der Personengruppe gehören, deren Personalien überprüft werden, sei der Stadt nicht bekannt. Von diesen sechs werden drei bald auf andere Kommunen verteilt.

Die renitente Gruppe existiert also nicht mehr. Die Fahrradkorbdiebstähle sind rückläufig - der Letzte wurde am 24. März zur Anzeige gebracht. Seit einiger Zeit werden auch keine unerlaubten Rückkehrer mehr aufgegriffen. Das "konsequente und restriktive Handeln" gegenüber der Gruppe, auf das sich bei einem gemeinsamen Treffen Ende Januar die Stadt, die Polizei, Staatsanwaltschaft Mannheim sowie das Sozial-, Justiz- und Innenministerium und der Kommunalverband für Jugend und Soziales geeinigt hatten, habe Wirkung gezeigt, betonte die Stadtsprecherin.

Was ist aber nun mit den 17 Intensivtätern, die nachweislich falsche Angaben gemacht haben? "Wir werden unterschiedliche Maßnahmen ergreifen", sagte Faulhaber. Die neuen Erkenntnisse flössen in die laufenden Ermittlungsverfahren ein. Falls einer der Männer die nachweislich volljährig sind, erneut wegen einer Straftat verhaftet werde, gelte das Erwachsenenstrafrecht. "Wir werden unsere Arbeit konsequent fortführen", versicherte er.

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