Kriminelle Flüchtlinge in Mannheim

In Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis läuft es besser

Dort gibt es keine Probleme mit straffälligen minderjährigen Flüchtlingen, wie sie Mannheim hat - Erfahrungen sind überwiegend positiv - Ausbildungsmaßnahmen greifen

27.12.2017 UPDATE: 28.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden

Die in Heidelberg lebenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge besuchen zum größten Teil ein berufsvorbereitendes Bildungsangebot an einer beruflichen Schule. Symbolfoto: dpa

Von Alexander Albrecht und Denis Schnur

Mannheim/Heidelberg. Großer Streit um eine kleine Gruppe: Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hatte in einem Brandbrief wegen 15 straffälliger minderjähriger Flüchtlinge aus Nordafrika Hilfe vom Land verlangt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) schoss scharf zurück und steht nun selbst in der Kritik. Doch wer sind eigentlich diese UMA und wie sieht die Situation in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis aus? Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

> Was sind UMA?

Die Abkürzung steht für unbegleitete minderjährige Ausländer. Gemeint sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen in die Europäische Union einreisen.

> Wie viele dieser unbegleiteten Flüchtlinge leben in der Region?

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In Mannheim sind es derzeit 222, Heidelberg hat aktuell 113 UMA aufgenommen, 361 sind es im Rhein-Neckar-Kreis.

> Woher stammen die UMA?

In Heidelberg kommt mehr als die Hälfte aus Afghanistan, der Rest vor allem aus Syrien und afrikanischen Ländern wie Äthiopien, Eritrea, Gambia und Somalia. Unter den jungen Flüchtlingen sind lediglich vier Mädchen. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Rhein-Neckar-Kreis und das Land Baden-Württemberg.

> Was passiert mit jungen Flüchtlingen nach ihrer Ankunft?

Ein Jugendamt übernimmt die vorläufige Inobhutnahme. Im Zuge dessen soll auch das genaue Alter des Geflüchteten festgestellt werden. Wenn die jungen Flüchtlinge keine Ausweispapiere haben, sollen zunächst Gespräche mit Dolmetschern weiterhelfen. Letztlich sind körperliche oder auch radiologische Untersuchungen der Hand, des Gebisses und des Schlüsselbeins denkbar. Das Alter ist deswegen so wichtig, weil sich danach die Strafmündigkeit richtet. Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren sind nach deutschem Recht nur bedingt strafmündig, Kinder unter 14 Jahren gar nicht, müssen sich also nicht vor einem Gericht verantworten. Innenminister Thomas Strobl hatte dem Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz im Zusammenhang mit straffälligen Minderjährigen vorgeworfen, die Quadratestadt würde nicht alle Möglichkeiten zur Altersfeststellung ausschöpfen.

> Wie geht es nach der Erstaufnahme weiter?

Grundsätzlich sollen die jungen Flüchtlinge nach einem Quotenschlüssel bundesweit verteilt und in Einrichtungen, Wohngruppen oder Pflegefamilien untergebracht werden. Es folgen weitere medizinische Untersuchungen und die Bestellung eines Vormunds.

> Dürfen die unbegleiteten Minderjährigen einen Asylantrag stellen?

Nein, das muss das Jugendamt oder der Vormund für sie übernehmen. Nach Angaben des Bundesverbandes Unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge leben viele mit einer Duldung in Deutschland. Abgeschoben werden sie aber eher selten.

> Wie sind die jungen Leute in der Region untergebracht und welche Bildungsangebote gibt es?

In Heidelberg lebt die überwiegende Zahl in Heimen oder betreuten Wohnformen, nur wenige in Pflegefamilien. Da die Einwanderungszahlen allgemein zurückgehen, werden im Aufnahmezentrum Patrick-Henry-Village (PHV) momentan nur drei bis fünf Jugendliche im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme betreut. Heidelberg erfüllt die Aufnahmequote des Landes über, deshalb werden fast alle Jugendlichen aus PHV im Rahmen der bundesweiten Verteilung weitergeleitet. Im Rhein-Neckar-Kreis konnten deutlich mehr UMA in Pflegefamilien vermittelt werden. Insbesondere diese Flüchtlinge machten große Fortschritte beim Spracherwerb, was sich wiederum positiv auf Schule und Ausbildung auswirke, sagte Kreissprecherin Silke Hartmann der RNZ. Einige bereits volljährige, ehemalige UMA würden weiterhin vom Jugendamt begleitet. Sie sollen lernen, ihr Leben selbstständig zu führen. Die in Heidelberg lebenden UMA besuchen zum größten Teil ein berufsvorbereitendes Bildungsangebot an einer beruflichen Schule. Mehr als die Hälfte hat nach Angaben der Stadtverwaltung bereits ein Praktikum absolviert, und sechs junge Leute haben schon eine Ausbildung begonnen. Darüber hinaus unterstützt die Stadt die Jugendlichen mit Sprachförderangeboten.

> In Mannheim gibt es Stress mit einer kleinen Clique unbegleiteter Flüchtlinge. Wie sieht es in Heidelberg aus?

"In Heidelberg haben wir bislang überwiegend positive Erfahrungen mit den jungen Flüchtlingen gemacht", sagte eine Stadtsprecherin auf RNZ-Anfrage. Sie zeigten sich dankbar für die Unterstützung, fügten sich gut ein und seien sehr motiviert, wenn es darum gehe, die Sprache zu lernen und die Schule zu besuchen. "Die in anderen Städten wie Mannheim oder Frankfurt feststellbaren Entwicklungen, nach denen Gruppen von UMA - vor allem aus den afrikanischen Maghreb-Staaten - pädagogisch nicht erreichbar sind, sich nicht an Regeln halten und durch Straftaten auffallen, sind in Heidelberg nicht gegeben", betonte die Sprecherin. Solche Fälle würden hier die Ausnahme bilden. Das könnte auch daran liegen, dass in Heidelberg keine Jugendlichen aus diesen Ländern leben und dass die Unterbringung überwiegend in kleineren und dezentralen Wohnformen stattfinde. So komme es nicht zu einer "Bandenbildung".

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