Das fremde Herz schlägt schon 18 Jahre
Klaus Müller: "Ich habe immer gute Schutzengel gehabt". Er wünscht sich noch ein paar Jahre Leben.

Von Birgit Sommer
Heidelberg. Der weltweit erste Patient, der 1967 von Christiaan Barnard in Kapstadt ein Herz transplantiert bekam, überlebte drei Wochen. Der Heidelberger Klaus "Nicolas" Müller lebt mit seinem neuen Herzen schon mehr als 18 Jahre. Im Juli 2004 war es ihm in der Heidelberger Herzchirurgie bei Prof. Siegfried Hagl eingesetzt worden – als einem von etwa 300 Herzkranken seit 1988 in Heidelberg, denen nur noch eine Transplantation helfen konnte. Eine krankhafte Erweiterung des Herzmuskels hätte sonst zum Tod geführt.
Doch heute ist der 73-Jährige noch äußerst lebendig. Er wohnt zwar im Seniorenheim Maria-von-Graimberg-Haus in Rohrbach, doch ein richtiger Pflegefall ist er nicht. Seine 18 verschiedenen Medikamente täglich verabreicht er sich selbst – schließlich kommt er aus einem Pflegeberuf. Und er genießt das Leben, gerne auch auf Ausflügen und Spaziergängen mit einer Kameradin.
"Zwei Jahre nach der Operation war ich sehr erfreut, dass mein neues Herz noch geschlagen hat", erklärt Müller. Jetzt hofft er auf jeden Fall auf zwei weitere – oder noch mehr – Lebensjahre: "Es gibt Menschen, die seit 24 Jahren ein neues Herz haben." Seine Medikamente nimmt er jedenfalls konsequent, die alljährlichen Untersuchungen in der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums zeigten: "Das Herz lässt nicht nach." Und das Medikament, das Hautkrebs verursachen kann, hat ihm auch noch nicht geschadet.
Morgens marschiert er mit seinem neongrünen Rollator mindestens bis zum Discounter, auch wenn er gerade gar nichts einkaufen will. Bewegung muss schließlich sein. Die Corona-Pandemie hatte ihm da zugesetzt: Weil die Bewohner in dieser Zeit das Haus nicht verlassen durften, war sein Unterschenkelmuskel anschließend so geschwächt, dass er Krankengymnastik brauchte. Auch das Virus selbst hat ihn nicht verschont, aber bei der Infektion im Januar 2021 habe er kaum Symptome gezeigt, erzählt Klaus Müller. Viermal geimpft ist der 73-Jährige natürlich auch schon.
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"Ich habe immer gute Schutzengel gehabt", begründet er sein Glück. Denn selbstverständlich muss er Medikamente nehmen, die sein Immunsystem schwächen, damit der Körper das fremde Organ nicht abstößt. Doch gesundheitlich geht es ihm ganz gut. Seine beiden leichten Schlaganfälle in den Jahren 2011 und 2014 gingen fast spurlos an ihm vorüber. Eine Gangunsicherheit ist ihm geblieben, weshalb er den Rollator benutzt, und eine leichte Schwächung der Gesichtsmuskulatur, die man aber kaum bemerke. "Fazialisparese-Symptomatik", sagt Müller natürlich medizinisch ganz korrekt. Da kommt sein Beruf wieder durch. Schließlich wollte er nach dem Abitur in Bensheim ja auch Medizin studieren, doch die Noten waren damals für das strenge Auswahlverfahren nicht gut genug. Stattdessen ging er zur Bundeswehr und verlegte sich auf das Sanitätswesen.
Klaus Müller nennt nur einen "kapitalen Fehler" im Leben: 25 Jahre lang rauchte er mindestens ein Päckchen Zigaretten pro Tag. Das letzte habe er einem Raucher in die Hand gedrückt, der vor dem Eingang zur Heidelberger Kopfklinik gesessen habe. Müller selbst musste wegen eines Abszesses im Unterkiefer dorthin. Und dann kam er als Nichtraucher zurück.