Sperrzeiten in Heidelberg

Anwohner sind entsetzt über Entscheidung

30 Altstädter reichen nun definitiv Klage zum Verwaltungsgericht ein - Viel Kritik

25.07.2018 UPDATE: 26.07.2018 14:52 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Heidelberger Partymeile "Untere Straße" bei Nacht. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Mehr als 30 Anwohner machen ernst und werden in Kürze zum Verwaltungsgericht Klage einreichen, um deutlich restriktivere Sperrzeiten für die östliche Altstadt zu erzwingen.

Das teilte Rechtsanwalt Werner Finger am Mittwoch mit: "Aus Sicht der Anwohner hat die Stadtpolitik letztmalig die Chance vertan, selbst eine für alle akzeptable Lösung zu finden."

Auf die Frage, welche Kneipenöffnungszeiten die Anwohner erstreiten wollen, antwortete Finger ausweichend. Die vom Gemeinderat am Dienstag beschlossene Satzung hält er aber für völlig unzureichend. Am Donnerstag sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofes, dass er den Heidelberger Sperrzeiten-Beschluss kritisch sehe.

Mit knapper Mehrheit hatten die Stadträte dafür votiert, die Sperrzeiten in den Nächten auf Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag auf 1 Uhr, in den Nächten auf Freitag um 3 Uhr und am Wochenende auf 4 Uhr festzusetzen. Zugleich sollte mit Maßnahmen wie der Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes und der Einstellung eines Lärmbeauftragten für mehr Ruhe gesorgt werden.

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Dies reicht aus Sicht des Rechtsanwalts nicht aus. "Der Gemeinderat hat für das Wochenende dieselben Sperrzeiten beschlossen, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 28. März als in gesundheitsgefährdender Weise unzumutbar für die Anwohner und damit als rechtswidrig aufgehoben hat", betont Finger. Die "Missachtung der rechtlichen Vorgaben sowie die damit zum Ausdruck gebrachte Gleichgültigkeit gegenüber ihren Anliegen" mache die Kläger fassungslos.

Die Nacht zum Freitag müsse bei den Sperrzeiten genauso behandelt werden wie alle anderen Werktage auch, erteilte Finger der Idee eines "studentischen Donnerstags" eine klare Absage: "Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Lärmüberschreitungen ab 1 Uhr für die Anwohner gesundheitsgefährdend sind."

"Der Gemeinderat hat die Belange der geplagten Anwohner missachtet", erklärten am Mittwoch Doris Hemler und Christoph Egerding-Krüger, Sprecher der Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" (Linda). Linda unterstützt die Anwohnerklagen auch finanziell.

Umso entsetzter sind die Sprecher über die Entscheidung der Stadträte. "Ziel der Mehrheit ist es offensichtlich, zum Vorteil der Feiernden und der Wirte, die Altstadt als nächtliches Vergnügungsviertel zu stärken und dafür gesundheitliche Schäden der Anwohner und die nächtliche Verwahrlosung an den Hotspots in der Altstadt in Kauf zu nehmen."

Ähnlich äußerte sich Karin Werner-Jensen, Vorsitzende des Vereins Alt-Heidelberg: "Keine fünf Prozent der Kneipen machen seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten den Altstädtern das Leben schwer." Die Entscheidung des Gemeinderates sei "unfassbar". "Jetzt wird das Gericht die Zeiten festlegen."

Zugleich warnt Werner-Jensen die Stadträte: Nächstes Jahr sei Kommunalwahl. Die Anwohner würden sich auch dann noch an die Namen derer erinnern, die für längere Kneipenöffnungszeiten gestimmt haben.

Oberbürgermeister Eckart Würzner sieht die neuen Sperrzeiten ebenfalls skeptisch: "Ich halte sie nicht für ausreichend, um den Interessen der Bewohner gerecht zu werden. Aber das ist meine persönliche Einschätzung." Trotzdem wird Würzner das Regierungspräsidium nicht anrufen, um die Satzung überprüfen zu lassen. Sie tritt am 2. August in Kraft.

Bürgermeister Wolfgang Erichson kündigte an, dass er noch am Donnerstag die Vorbereitungen für das beschlossene, lärmreduzierende Maßnahmenpaket treffen werde. Da die Aufstockung des Ordnungsdienstes und die Änderungen der Nachtbusse auch Geld kosten, werde eine Beschlussvorlage für den Gemeinderat vorbereitet.

Während Melanie von Görtz vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband hofft, dass die flankierenden Lärmschutzmaßnahmen helfen, meldete sich gestern auch ein Altstadt-Wirt zu Wort. Er wäre auch zufrieden gewesen, wenn er in den Nächten auf Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag um 1 Uhr, auf Freitag um 3 Uhr und am Wochenende ebenfalls um 3 Uhr schließen müsste: "Der Vorschlag der CDU war mit uns nicht abgesprochen."

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