Am Dienstag wissen wir, wann in Heidelberg Zapfenstreich ist
Gemeinderat muss sich zwischen den Partygängern und dem Ruhebedürfnis der Anwohner entscheiden

Heidelberg. (dpa-lsw) Der jahrelange Streit über die Sperrzeiten in der lärmgeplagten Heidelberger Altstadt könnte an diesem Dienstag beigelegt werden: Der Gemeinderat will nach einer Vertagung des Themas endgültig entscheiden, wie lange Bars und Clubs Partygänger bewirten dürfen.
Die Verwaltung unter Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) plädiert für eine Verschärfung der bisherigen Regelung zum Schutz ruhebedürftiger Anwohner. Nach Angaben der Stadt sind rund 1100 Menschen im Brennpunktgebiet von unzumutbarem Lärm der Gäste betroffen.
Der Oberbürgermeister erhält auch Rückenwind durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom März dieses Jahres, der die bis dahin geltende Regelung für unwirksam erklärt hat. Sie berücksichtige die schützenswerten Interessen der Anwohner nicht hinreichend.
Und so sah die bisherige Verordnung des Gemeinderates von Ende 2016 aus: Bars und Clubs mussten um 2.00 Uhr in den Nächten zum Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sowie um 4.00 Uhr in den Nächten zum Freitag, Samstag und Sonntag schließen.
Die Stadt will nun weit strengere Vorgaben. Unter der Woche sollen die Kneipen nur bis 1.00 Uhr öffnen dürfen, auch in der Nacht zum Freitag. Das wäre ein Bruch mit dem sogenannten "studentischen Donnerstag", an dem die jungen Leute gerne lange ausgehen. Am Wochenende sollen die Betriebe dann um 3.00 Uhr dicht machen. Mit demselben Vorschlag war die Verwaltung bereits 2016 gescheitert.
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Wegen des Urteils der Mannheimer Richter entsprachen die Sperrzeiten in den vergangenen Monaten der Landesregelung: unter der Woche ab 3.00 Uhr und am Wochenende ab 5.00 Uhr. Sie gilt solange die Kommune nichts anderes erlässt.
Die Gemengelage im Gemeinderat mit 13 Parteien und Einzelkämpfern ist unübersichtlich. Die CDU hat einen Vorschlag gemacht, dem sich laut Fraktionschef Jan Gradel auch FDP und Linke/Piraten angeschlossen haben: Schließzeiten Montag, Dienstag und Mittwoch 1.00 Uhr, Donnerstag 3.00 Uhr und Freitag und Samstag 4.00 Uhr. Wesentlich sind für Gradel nicht Uhrzeiten, sondern Lärm und asoziales Verhalten vor den Betrieben, denen Einhalt geboten werden müsse. Seine Fraktion fordert einen Nachtbürgermeister, wie ihn Mannheim gerade eingesetzt hat.
Die mit gleicher Stärke wie die CDU vertretenen Grünen sind gespalten. Ein Teil wolle die Landesregelung behalten, sagte Fraktionschefin Beate Deckwart-Boller. Damit werde aber eine erneute Klage von Anwohnern riskiert, die schon auf den Weg gebracht ist. Ein anderer Teil unterstütze den Vorschlag der Verwaltung - "in der Hoffnung, dass wir Frieden reinkriegen".