Heidelberger Altstadt

Öffnungszeiten zu liberal - Kneipen müssen früher schließen (Update)

Nun muss der Gemeinderat eine neue Regelung beschließen - Laut Stadtverwaltung gelten die abgelehnten Sperrzeiten bis das Urteil rechtskräftig ist

28.03.2018 UPDATE: 29.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

Müssen die Kneipen in der Unteren Straße - im Bild die "Destille" - bald früher schließen? Bis zu einer Entscheidung des Gemeinderats können sie jetzt sogar länger öffnen. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Heidelberg. Jetzt hat es die Stadt schwarz auf weiß: Die aktuellen Sperrzeiten in der Altstadt, die der Gemeinderat am 20. Dezember 2016 beschlossen hatte, sind zu liberal. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim erklärte die Heidelberger Sperrzeitverordnung am Mittwoch für rechtswidrig. Damit sind sie mit sofortiger Wirkung unwirksam. Und so müssten schon seit Mittwochabend nicht mehr die Regelung gelten, dass Altstadt-Kneipen in den Nächten auf Freitag, Samstag und Sonntag bis 4 Uhr, in den anderen Nächten bis 2 Uhr geöffnet sein dürfen.

Dabei wird der sechste Senat des VGH in seinem Urteil ganz deutlich: Die Sperrzeitregelung sei rechtswidrig, da die "schützenswerten Interessen der Anwohner nicht hinreichend berücksichtigt und abgewogen worden" seien. Besonders wird die Regelung für den "sogenannten studentischen Donnerstag" kritisiert: "Die Nachtruhe in der Nacht zum Freitag - einem normalen Werktag - ist gegenüber den Anwohnern nicht weniger schutzwürdig als an den anderen Tagen unter der Woche." Doch selbst die 2-Uhr-Sperrzeit an den restlichen Wochentagen sei aus Lärmschutzgründen nicht zu rechtfertigen. Die Richter nehmen kein Blatt vor den Mund und stellen fest, dass "die Belange der Touristen und der Gastronomen zu große Berücksichtigung" gefunden hätten. Die Festlegung neuer Sperrzeiten sei nun Sache des Gemeinderats.

Geklagt hatten die Altstadtbewohner Adelheid und Nikolai Wessendorf sowie Wolfgang Ditscheid. Die Entscheidung aus Mannheim ist für sie ein Erfolg auf ganzer Linie. "Meine Mandanten sind sehr erleichtert und erfreut", erklärte gestern Rechtsanwalt Werner Finger, der die Altstädter vertritt. Im VGH-Urteil werde mehr als deutlich, dass der Gemeinderat mit seiner Entscheidung vom Dezember 2016 die Anliegen der Anwohner missachtet habe.

Finger macht klar: "Es war verantwortungslos vom Gemeinderat, einer Regelung zuzustimmen, die gegen den Vorschlag der Verwaltung war." Die Stadträte hätten damals "nur nach Wählern geschielt", anstatt sich um einen Interessensausgleich mit den Altstädtern zu bemühen. Jetzt sei es in der Hand des Gemeinderats, "sich wieder seiner Verantwortung bewusst zu werden".

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Die Verwaltung muss nun mit Hochdruck an einer Gemeinderatsvorlage mit Vorschlägen für eine neue Sperrzeitregelung arbeiten. Denn eigentlich müsste die Entscheidung des VGH bedeuten: Ab sofort gilt in der Altstadt wieder die Landesregelung. Seit Mittwoch könnte also werktags bis 3 und am Wochenende bis 5 Uhr gefeiert werden - und das solange, bis der Gemeinderat eine neue Verordnung beschließt.

Doch am Donnerstag meldete sich das Heidelberger Rathaus mit seiner Rechtsauffassung zu Wort. Demnach würden die vom VGH abgelehnten Kneipenöffnungszeiten gelten, bis das Urteil rechtskräftig ist. Man habe die rechtliche Lage am Mittwoch falsch eingeschätzt, heißt es in der Mitteilung der Stadtverwaltung. Es bliebe demnach alles beim Alten - die Kneipen schließen Montags bis Donnerstags um 2 Uhr und Freitags bis Sonntag um 4 Uhr. Und dann muss vom Gemeinderat eine neue Sperrzeitenregelung für die Heidelberger Altstadt beschlossen werden.

Das soll nach dem Zeitplan der Verwaltung am 17. Mai geschehen. Und geht es nach Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson, wird die neue Regelung deutlich restriktiver: "Die Stadtverwaltung wird - wie schon im Dezember 2016 - dem Gemeinderat vorschlagen, dass Gaststätten wochentags bis 1 und in den Nächten auf Samstag und Sonntag bis 3 Uhr öffnen dürfen." Erichson begrüßt die Entscheidung des VGH. "Das Gericht bestätigt die Auffassung der Verwaltung, dass es notwendig ist, eine Sperrzeitverordnung zu erlassen, die einen Ausgleich schafft zwischen den Interessen der Anwohnerschaft und denen der Gastronomie und der Altstadt-Gäste." Der "Runde Tisch Altstadt" müsse vor der Sitzung des Gemeinderats aber nicht mehr einberufen werden. Das hatte Erichson noch vor drei Tagen in der RNZ angekündigt. Da das Urteil des VGH nun aber so deutlich ausgefallen sei, sehe man davon ab.

Update: 29. März 2018, 16.10 Uhr

Hinweis: Wir haben die Stellungnahme der Stadt Heidelberg, dass die Landesregelung nicht in Kraft tritt, bis das VGH-Urteil rechtskräftig ist, in den Artikel eingearbeitet.

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