Im Sudhaus wird es auch mal 50 Grad heiß
In der "Heidelberger"-Brauerei bekamen 30 Leserinnen und Leser einen exklusiven Einblick in die Bierproduktion.

Von Steffen Blatt
Heidelberg. 10.000 Liter – diese Zahl beeindruckte die meisten der 30 RNZ-Abonnenten, die bei der Sommertour in der Heidelberger Brauerei eine exklusive Führung durch die Produktion im Kurpfalzring bekamen. Denn so viel Bier pro Tag produziert das traditionsreiche Unternehmen, das bereits 1753 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Aber auch darüber hinaus bekamen die RNZ-Sommertouristen einen einmaligen Einblick in den Prozess des Brauens.
Nach ein paar einleitenden Worten von "Heidelberger"-Geschäftsführer Michael Mack in der "Darre", der gemütlichen Brauhauswirtschaft, geht es um kurz nach 18 Uhr los. Der 1. Braumeister Sebastian Kleint erklärt zunächst im Hof die Funktion der fünf Malzsilos (Fassungsvermögen: insgesamt 120.000 Kilogramm) und der drei Kaltwassertanks.

Im Sudhaus mit seinen großen Edelstahltanks ist es warm, 30 bis 35 Grad Celsius. Hier läuft gerade die Produktion, und einmal muss der Braumeister das Wort kurz an Mack übergeben. Er wird in der Steuerzentrale gebraucht, um etwas am Produktionsprozess zu regeln. Wieder zurück, erklärt er den Sommertouristen, wie die "Würze" im Maischebottich, im Läuterbottich, in der Würzepfanne und im Abkühler hergestellt wird, welche Prozesse durch Kochen und Abkühlen vor sich gehen, wie lösliche von unlöslichen Bestandteilen getrennt werden. "Wenn es draußen heiß ist, haben wir hier auch schon mal 40 bis 50 Grad", berichtet Kleint. "An heißen Tagen ab 30 Grad Außentemperatur bekommen wir Probleme mit der Kälteanlage. Und diese Tage werden immer mehr." Darauf ist die Technik in der 1999 komplett neu gebauten Produktionsanlage nicht ausgerichtet. So macht der Klimawandel auch einer Brauerei zu schaffen.
Im Gärkeller wird der Würze die Hefe zugesetzt, ihre Enzyme bauen den im Sudhaus aus dem Malz gewonnenen Zucker zu Alkohol und Kohlendioxid ab. Je nach Biersorte dauert die Gärung in den großen Tanks – jeder fasst 50.000 Liter – fünf bis sieben Tage, dann lagert das Bier weitere vier bis sechs Wochen. Die Fässer, die an die Restaurants und Kneipen gehen, werden in Heidelberg abgefüllt, die Flaschen bei einem Partnerunternehmen in Darmstadt.
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Mitten in einem Gewirr von Rohren und Ventilen befindet sich ein Steuerungspaneel. Hier stellt der Braumeister ein, welche Sorte Bier gebraut werden soll, ob abgepumpt wird oder ob ein Reinigungsdurchgang ansteht. "Alles aus rostfreiem Stahl, das ist schwer zu verarbeiten", weiß RNZ-Leser Ulrich Rupp aus Leimen. Der Gärkeller fasziniert ihn am meisten, er ist Ingenieur und hat im Anlagenbau gearbeitet.
Für Bernd Pfeffer aus Sandhausen ist es nicht die erste Brauereibesichtigung. "Aber man erfährt immer wieder etwas Neues." Auch die Menge des "Haustrunks" von acht Kästen Bier, der den Mitarbeitern monatlich zusteht, überrascht Pfeffer. Allerdings werde dieses Kontingent nicht immer ausgeschöpft, erklärt Braumeister Kleint später – oder in Form von Mineralwasser und Limonade eingelöst. Irmgard Schmitt-Langenstein aus Heidelberg ist beeindruckt von der Technik im Allgemeinen. "Und Herr Mack bringt die Informationen sehr gut rüber."
Da hat der Geschäftsführer gerade einen kurzen Abriss der Unternehmensgeschichte gegeben (siehe "Hintergrund"), nachdem die Tour-Teilnehmer zum Abschluss wieder in die Darre gekommen sind. Der Name weist auf das "Darren" hin, das schonende Trocknen oder Rösten der gekeimten Gerste. Mack spricht auch über die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen seines Unternehmens.
Vor allem Kostensteigerungen sind es, die ihm zu schaffen machen. Flaschen zu bekommen etwa, sei ein "Glücksspiel". Vor Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine kostete eine Flasche rund elf Cent, nun sind es bis zu 25 Cent. "Und Kohlendioxid hat vor zweieinhalb Jahren noch 128 Euro pro Tonne gekostet, heute sind es bis zu 650 Euro", berichtet Mack. Natürlich ist auch die Energie ein Thema. "Ohne Gas geht es nicht bei uns", sagt er und wünscht sich mehr Planungssicherheit bei den Energiepreisen. Und wenn es ein Dreivierteljahr dauere, bis die fertig installierte Fotovoltaikanlage auf dem Dach endlich ans Netz angeschlossen werde und Strom produzieren könne, dann laufe etwas falsch.
Am 10. September ist Mack seit 50 Jahren im Unternehmen, und in dieser Zeit hat er einiges erlebt. Darum blickt er trotz allem optimistisch in die Zukunft. Die "Heidelberger"-Brauerei sei gut aufgestellt, sagt der 68-Jährige. Beide Kinder sind im Geschäft tätig, sein Sohn Christian soll bald die Leitung übernehmen – damit auch in Zukunft Bier in Heidelberg gebraut wird.
> Die Heidelberger Brauerei gilt als das älteste produzierende Gewerbe der Stadt. 1753 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt – und zwar im Zusammenhang mit dem "Stammhaus" der Brauerei, dem Restaurant "Güldenes Schaf" in der Altstadt. Bis 1999 war die Brauerei – damals noch unter dem Namen "Schlossquell" – in Bergheim angesiedelt, dann kam der Umzug an den Kurpfalzring im Pfaffengrund.
Im Jahr 2005 übernahm Michael Mack, geboren in Sinsheim-Dühren und ausgebildet in der Schlossquell-Brauerei, die Geschäfte. Am neuen Standort zählt die Brauerei zu den modernsten Anlagen in Europa. 50.000 Hektoliter Bier werden hier pro Jahr produziert. 75 Prozent des heute hergestellten Bieres wird in Fässer abgefüllt – hauptsächlich für die Gastronomie –, der Rest in Flaschen.