Warum Flusskreuzfahrer hier unerwünscht sind
Ein Schild vor einem Altstadtlokal polarisiert - Wirt reagiert damit auf Gäste, die keine Zeit mehr haben

"No Rivercruise Tourists", keine Flusstouristen, will das Burgerlokal "Joe Molese" an der Alten Brücke bedienen. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Anfang letzter Woche riss Marco Panzini der Geduldsfaden: Der Wirt des Burgerlokals "Joe Molese" in der Steingasse an der Alten Brücke, hatte sich mal wieder über Touristen geärgert, die keine Zeit hatten: Die Gruppe hatte bestellt, war dann wieder aufgestanden und gegangen. Erst unlängst herrschte ihn mal wieder jemand an: "Hurry, hurry!" (Beeilung, Beeilung!), und Panzini gab, auch auf Englisch, zurück: "Wir sind ein Restaurant. Ohne ein bisschen Zeit sind sie hier fehl am Platz. Gehen Sie doch zu McDonald’s am Bismarckplatz!" Oder: Ständig würden die Toiletten des Restaurants benutzt, man käme sich vor "wie der letzte Dreck".
Und so entschloss sich Panzini zu einem ungewöhnlichen Schritt: Er stellte ein Schild vor sein Lokal, auf dem auf Englisch steht: "Keine Flusskreuzfahrer! Nehmen Sie es nicht persönlich, aber wir arbeiten hier das ganze Jahr über und wollen die Liebe zum Beruf nicht wegen ihres hektischen Zeitplans verlieren." Auf Englisch deswegen, weil er noch nie von den "Kreuzfahrern" auf Deutsch angesprochen wurde.
Im Internet und im realen Leben erntete Panzini unterschiedliche Reaktionen: Gerade seine Wirtskollegen, die alle ähnliche Probleme haben, lobten ihn: "Endlich sagt mal jemand was!" Gästeführer hingegen sehen durch solche Schilder den Ruf Heidelbergs beschädigt. Auf der "Joe Molese"-Facebookseite schreibt jemand auf Englisch, dass solche Leute wie Panzini die Touristen, die ja genug Geld in der Stadt lassen würden, gar nicht verdient hätten. Wenn das so weitergehe, könne man gleich ganz Deutschland zumachen. Andere wiederum verteidigen Panzini.
Aber wieso denn gerade die Flusstouristen? "Das hat in den letzten vier, fünf Jahren massiv zugenommen", sagt Panzini, "vorher gab es das ja kaum." Und von diesen Massen "haben wir in Heidelberg doch nichts". Er sieht die Altstadt, in der er selbst groß geworden ist, gefährdet: "Wir haben mittlerweile Millionen von Touristen - aber als kleine Stadt fehlt uns dafür die Infrastruktur, von den Toiletten angefangen." Aber im Grunde geht es Panzini nicht um Flusstouristen, sondern generell um Gruppenreisende, "die nur zwei Stunden in Heidelberg sind" und dann Hektik verbreiten. Wer aber Zeit mitbringe, der sei auch als Flusskreuzfahrer gern willkommen.
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Panzinis Vorgehen ist rechtlich in Ordnung, wie Melanie von Görtz vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) bestätigt: "Es gilt das Hausrecht, jeder Unternehmer darf die Gäste aufnehmen, die er will." Von Seiten des Dehoga gebe es keine Leitlinien dafür, wie Wirte mit ihren Gästen umzugehen und wen sie alles aufzunehmen hätten.
Allerdings bleibt die Frage: Was wollen die Flusstouristen in Panzinis Lokal, denn normalerweise werden sie auf ihren Schiffen verköstigt? Der Wirt weiß es auch nicht: "Vielleicht schmeckt es ihnen dort nicht."